Vor zwei Wochen, als der Verwaltungsrat des Luxemburger Wort den Chefredakteur Jean-Lou Siweck entließ, war die Bestürzung in der Branche so groß, dass Journalisten sich gegenseitig fragten, was denn ihre erste Reaktion war. In etwa so, wie man sich nach dem 11. September fragte, wo man war, als die Flugzeuge ins World Trade Center einschlugen. Schnell war auch wegen seines wenig feinfühligen Auftritts in der Redaktion, ein Schuldiger für diese Katastrophe ausgemacht: Luc Frieden, der ehemalige CSV-Finanzminister und ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Bank, Geschäftsanwalt und Partner der Kanzlei Elvinger, Hoss, Prussen, der nun die Verwaltungsräte von Saint Paul und der Banque Internationale à Luxembourg (Bil) präsidiert.
Dabei ist Frieden nur ein Mitglied einer Gruppe, der er infolge des Regierungsverlustes der CSV 2013 sozusagen als letzter beigetreten ist, und die sich in verschiedenen Konstellationen in mehreren Verwaltungsgremien wiederfindet, in denen sie die Geschäftsinteressen der katholische Kirche in Luxemburg vertritt. Denn Luc Friedens Vorgesetzter beim Luxemburger Wort ist der Verwaltungsratspräsident der Beteiligungsgesellschaft des Bistums Lafayette S.A., Pit Hentgen, ehemaliger Direktor von Lalux Assurances und Schwager von Wort-Direktor Paul Peckels. Peckels wechselte von der Post zum Wort, nachdem sein Umbau der Postzustellungssparte zu viel Streit mit den Gewerkschaften, nicht aber zu den gewünschten Ergebnissen geführt hatte. Pit Hentgen ist nicht nur Verwaltungsratspräsident von Lafayette, sondern außerdem Präsident der anderen Bistumsgesellschaft Maria Rheinsheim und verwaltet damit einen beträchtlichen Teil des erzbistümlichen Immobilienparks.
Dem Wort-Verwaltungsrat gehören – neben dem ehemaligen Post-Generaldirektor Marcel Gross – auch Frank Wagener und, seit vergangenem April, François Pauly an, beide ehemalige Generaldirektoren, beziehungsweise ehemalige CEOs, beziehungsweise ehemalige Verwaltungsratspräsidenten der Bil. Pauly galt vor der Finanzkrise als Goldjunge unter den Luxemburger Finanziers. Er hatte Karriere bei der ehrwürdigen Privatbank Sal Oppenheim gemacht, leitete die Luxemburger Filiale. Als die Bank ihren Sitz nach Luxemburg verlegte, wurde das in der Branche als großer Erfolg gefeiert. Doch als wenig später die Deutsche Bank Sal Oppenheim durch Übernahme rettete, trübten sich die Karriereaussichten für Pauly. Er sammelte Verwaltungsratsposten, bei der BIP, bei Cargolux, ..., bis er Im Juli 2011 wieder Bankdirektor wurde, bei der Bil. Dort hatte inzwischen die katarische Herrscherfamilie die Mehrheit übernommen, dabei soll Pauly keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Minderheitsaktionär war der Luxemburger Staat mit seinem Finanzminister Luc Frieden. Pauly löste auf dem Posten des Bil-CEOs Frank Wagener ab, der Vorsitzender des Verwaltungsrats wurde. Bis Pauly als CEO ausgewechselt wurde und Wagener auch dort ablöste. Als sich abzeichnete, dass Luc Friedens Fantasie-Posten des Chairmain of the Supervisory Board bei der Deutschen Bank nicht erneuert würde, machte Pauly bei der Bil Platz für Frieden.
Vor François Pauly und Frank Wagener war ein gewisser Marc Hoffmann Generaldirektor der Bil. Auch er ein Goldjunge der Luxemburger Finanzwelt und so mutig und unabhängig, dass er aus Mangel an Entscheidungsfreiheit im Dexia-Konzern 2006 seine eigene Bank, die Compagnie de Banque Privée gründete, um sich aufs Wealth Management unter Einsatz von Derivaten zu spezialisieren. Dann machte die Finanzkrise einen Strich durch die Derivate-Rechnung und die Compagnie de Banque Privée fusionierte mit der Quilvest-Gruppe unter dem Namen Quilvest Wealth Management. François Pauly ist nicht nur dort Verwaltungsratmitglied, sondern auch bei der Bank Edmond de Rothschild, die sich ebenfalls auf sehr wohlhabende Kunden spezialisiert und kürzlich von der CSSF wegen Verstößen gegen die Geldwäsche-Bestimmungen zu einer Millionenstrafe verdonnert wurde. So dass Luc Frieden nicht das einzige Saint-Paul-Verwaltungsratsmitglied sein dürfte, das eventuell bedauert, dass die Berichterstattung im Wort, wenn es ums Bankgeheimnis, Luxleaks, Panama Papiere oder andere Finanzskandale geht, nicht mehr mehr ganz so deckungsgleich mit der offiziellen Staatslinie ist wie früher vielleicht.
François Pauly und Pit Hentgen sind Cousins und Erben der Versicherungsgruppe La Luxembourgeoise. Pit Hentgen dirigierte die Versicherungsgruppe, bis er die Geschäftsleitung dem ehemaligen Bil-Vorstandsmitglied Christian Strasser übergab, um sich selbst auf die Leitung der Dachgesellschaft Compagnie Financière La Luxembourgoise zu konzentrieren. Die Compagnie Financière La Luxembourgeoise ist ein gefülltes Sparschwein, denn unter ihrem Präsidenten François Pauly hat sie in den vergangenen Monaten ihre Firmenkapital von 150 Millionen Euro auf 408 Millionen Euro erhöht, wobei 247,5 Millionen Euro dieser Kapitalerhöhung ohne Ausgabe neuer Aktien durch die Absorbierung der eigenen Reserven realisiert wurde.
François Pauly, Marc Hoffmann und Pit Hentgen sind Mitglieder des Conseil pour les affaires économiques des Erzbistums Luxemburg. Zu den weiteren Mitgliedern gehören Albert Hansen, Generalsekretär des Regierungsrats von CSV-Premier Jean-Claude Juncker, Jean-Louis Schiltz, ehemaliger CSV-Minister und Anwalt, und Luc Henzig, Rockhal-Präsident und Direktionsmitglied der Handelskammer. Henzig ist von Beruf Buchprüfer und ehemaliger Partner bei PWC, jener Firma, die die Konten von Wort, Lafayette, Maria Rheinsheim und der Compagnie Financière La Luxembourgeoise kontrolliert.
2015 wurde François Pauly als Mitglied im Verwaltungsrat der Fondation des Hôpitaux Robert Schuman aka Giganonnespidol, kooptiert und gleichzeitig anstelle von Dr. Phillippe Turk zu deren Direktor genannt. Jean-Louis Schiltz ersetzte dort wenig später Frank Wagener als Verwaltungsratsvorsitzender und Michel Wurth, Vorsitzender der UEL, der Handelskammer und ehemaliges Vorstandsmitglied von Arcelor-Mittal, rückte zum Vizepräsidenten anstelle von Jean-Louis Schiltz auf. François Pauly und Jean-Louis Schiltz sind außerdem Präsident und Vizepräsident von Hôpitaux Robert Schuman SA.
Jean-Louis Schiltz macht als Anwalt viel von sich Reden, weil er nach seinem Rückzug aus der Politik früh auf die digitale Karte gesetzt hat, Firmen aus dem Bereich Fintech oder Bitcoin bei Behördengängen berät und juristisch begleitet. Aber auch, weil er kürzlich zusammen mit Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) das Rahmengesetz vorstellte, das Privatgesellschaften den Abbau von Rohstoffen im Weltall ermöglichen soll. Die Kanzlei Schiltz & Schiltz der neben Jean-Louis und Franz Schiltz zwei weitere Partner angehören, vertritt aber auch die irdischen Interessen der katholischen Kirche. Beispielsweise wenn es um ihren Immobilienpark geht. Im Rahmen der Reform des Generalbebauungsplans (PAG) der Stadt Luxemburg erhoben Schiltz & Schiltz Einspruch für Maria Rheinsheim, dabei ging es unter anterem um die Reklassierung des Parks um den Bischofspalast. Für das Grand Séminaire verlangten sie ebenfalls eine Reklassierung einer Liegenschaft, um den Bau eines Studentenwohnheims zu erlauben. Oder für das Bistum direkt, im Zusammenhang mit dem Individualbebauungsplan Wunnen am Klouschtergaart. Für Lafayette verlangten sie eine Umänderung der Klassierung ihrer Liegenschaften im Bahnhofsviertel. Beim Wort selbst gibt es ebenfalls Pläne für eine neue Immobilie. Bis 2021 soll der Verlag in ein neues Bürogebäude in der Rue des Bruyères in Howald umziehen, das von Lafayette gemietet wird.