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Leitartikel

„Continu et stable“

Luc Laboulle

Der 31-jährige freiberufliche Rechtsanwalt Max Leners ist ein engagierter und ehrgeiziger Nachwuchspolitiker. Als Generalsekretär der Fondation Robert Krieps ist er in der LSAP-Parteileitung der verlängerte Arm von Intellektuellen wie Denis Scuto und Marc Limpach. Er schrieb Leserbriefe zur Wohnungsbaupolitik, im Wahlkampf veröffentlichte er unter eigenem Namen ein Büchlein mit Luc Friedens politischen Verfehlungen. Im Hintergrund nimmt er Einfluss auf die Entscheidungen des Nationalkongresses. Nur ein politisches Mandat hatte Max Leners noch nie, die Gemeindewahlen hat er übersprungen, bei den Kammerwahlen wurde er im Südbezirk Siebzehnter. Um ihm politische Legitimität und vielleicht auch mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, wollte die Parteileitung ihn im Staatsrat platzieren. Doch der hat diesen Plan nun vermasselt, weil dessen Mitglieder im zweiten (geheimen) Wahlgang Konkurrent Georges Kohn (64), Vizepräsident des Conseil arbitral de la Sécurité sociale, fast doppelt so viele Stimmen gaben wie Max Leners.

Die LSAP zeigt sich entrüstet, weil sie der Überzeugung ist, das Mandat habe den Sozialisten rechtmäßig zugestanden. Nicht nur, weil Leners den LSAP-Politiker Christophe Schiltz im Staatsrat ersetzen sollte, sondern vor allem, weil sie der Meinung ist, sie sei nun im Staatsrat unterrepräsentiert. Im 2017 reformierten Gesetz über den Staatsrat heißt es, Regierung, Parlament und Staatsrat selbst sollten bei dessen Zusammensetzung der Gewichtung der Parteien mit mehr als drei Sitzen im Parlament Rechnung tragen und auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen achten. Gemäß dem im commentaire des articles festgelegten Hare-Verfahrens stünden der CSV derzeit acht, der DP fünf, der LSAP vier, Grünen und ADR jeweils zwei Sitze zu. Gemessen an der aktuellen Zusammensetzung der Kammer haben die drei großen Parteien ein Mandat zu wenig, während déi Gréng eines zuviel haben. Das Ungleichgewicht ist einerseits auf die hohen Sitzverluste der Grünen bei den letzten Wahlen zurückzuführe. Andererseits sind mit der Adem-Direktorin Isabelle Schlesser und dem Neuen Georges Kohn zwei Personen im Staatsrat, die keiner Partei eindeutig zuzuordnen sind. Die LSAP behauptete zwar am Mittwoch im Parlament, dass Kohn der CSV nahe stehe, doch beweisen kann sie das nicht. Isabelle Schlesser wurde 2016 vom damaligen DP-Premier vorgeschlagen, doch Xavier Bettel stellte diese Entscheidung als eine der gesamten blau-rot-grünen Regierung dar.

Die Angelegenheit um Max Leners spiegelt das widersprüchliche Wesen dieser Institution wider, die sich zwar als überparteiliches „élément continu et stable en face du pouvoir politique combien mouvant“ versteht, doch gleichzeitig den politischen Mehrheitsverhältnissen im Parlament unterliegt. Seine „Kontinuität und Stabilität“ macht der zum allergrößten Teil aus Notabeln zusammengesetzte Staatsrat auch an der 2017 von 15 auf zwölf Jahre gesenkten Mandatsdauer fest, er hat sich bislang stets gegen eine substanzielle Verkürzung gewehrt. Die lange Mandatsdauer hat jedoch zur Folge, dass die Grünen noch bis 2031 drei Vertreter/innen im Staatsrat haben werden (falls sie nicht freiwillig oder aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten), selbst wenn sie bei den nächsten Kammerwahlen weitere Sitze verlieren würden.

Tiefgreifenden Reformen hinsichtlich seiner Rolle und Organisation hat der Staatsrat sich in den vergangenen Jahren stets verschlossen. Genau wie die vorige sieht auch die aktuelle Regierung dafür keine Notwendigkeit. Selbst öffentlich gewordene Interessenkonflikte mancher seiner Mitglieder konnten der sogenannten Hohen Körperschaft nichts anhaben. Nachdem DP-Mitglied und Managing Partner von EY Luxemburg, Alain Kinsch, 2016 als Staatsrat ein Gutachten über Pierre Gramegnas Steuerreform verfasste, das sich wie ein Forderungskatalog der Big 4 las, nahm die damalige Regierung lediglich kosmetische Gesetzesänderungen vor. Als bekannt wurde, dass der einst vom Eisenbahner zum LSAP-Minister aufgestiegene Lucien Lux ein Zusatzgutachten zur Reform der Krankenhausplanung vor der offiziellen Veröffentlichung an seinen Freund und Kunden, den Baumagnaten Flavio Becca, weitergeleitet hatte, sprach der Staatsrat eine Zurechtweisung aus.

Weil die Staatsanwaltschaft Anfang Oktober mitteilte, gegen Lux werde strafrechtlich ermittelt, denkt man in der LSAP inzwischen laut über ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn nach. Allerdings hätten die Sozialisten im Falle seines Parteiausschlusses nur noch zwei Vertreter im Staatsrat. Da Lucien Lux vor der Gesetzesreform von 2017 in den Staatsrat berufen wurde, hat sein Mandat noch eine Laufzeit von 15 Jahren statt von zwölf. Demnach geht es erst im Januar 2029 zu Ende. Aus dem Staatsrat ausscheiden wird Lux aber schon am 13. September 2028, da er zu dem Zeitpunkt das Höchstalter von 72 Jahren erreicht. Gut möglich, dass Max Leners dann eine zweite Chance auf einen Sitz im Staatsrat erhält. Elektorales Kapital wird er aus dem Mandat jedoch nicht schlagen können, denn die nächsten Kammerwahlen würden nur wenige Wochen nach seiner Ernennung stattfinden. 

Der Artikel wurde gegenüber der in der Zeitung erschienenen Fassung berichtigt. Dort wurde davon ausgegangen, dass Lucien Lux' Staatsratsmandat im Januar 2026 ende und Max Leners womöglich zwei Jahre vor den nächsten Kammerwahlen eine zweite Chance auf einen Sitz im Staatsrat erhalten könnte. 

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