Sie sind mittlerweile überall: meditierende Buddhas. Als Abbildungen in Magazinen oder Broschüren, als Statuen in Dekoläden oder Hotellogen. Sie sind aus Plastik, Holz, Bronze, sie sind klein, groß, bunt oder einfarbig.
Dabei sah es zunächst so aus, als würde der Buddhismus den gleichen Weg wie der Islam einschlagen und auf ikonographische Darstellungen seines Religionsbegründers verzichten. Jedenfalls wurden die ersten drei Jahrhunderte nach Siddhartha Gautamas Tod keine Bilder von ihm angefertigt. Und die ersten Repräsentationen verwiesen noch keineswegs auf eine menschliche Gestalt; es waren Symbole, die auf bedeutende Lebensstationen des Buddhas hinwiesen, der Buddha jedoch fehlte auf den Reliefs – seine Anwesenheit wurde durch seine Abwesenheit markiert. Vielleicht wussten die Künstler nicht, wie sie einen erleuchteten Menschen darstellen sollten, doch merkwürdigerweise waren sie nicht gehemmt, das abwesende Buddha-Antlitz mit anderen Göttern und anthropomorphen Wesen zu umgeben.
Im ersten Jahrhundert dann tauchen die ersten Buddha-Ikonen auf, allerdings in zwei Regionen gleichzeitig, in Mathura und Gandhara, und wie der wissenschaftliche Konsens derzeit annimmt, unabhängig voneinander. Die Gandhara-Schule steht dabei für einen Synkretismus graeco-indischer Traditionen, bei denen Apollos Gesichtszüge in Buddha-Statuen durchschimmern und Buddha in hellenischen Togen rumsteht. Das Siedlungsgebiet Gandhara liegt im heutigen Norden Pakistans und war vor unserer Zeitrechnung ein von Alexander dem Großen besetztes Gebiet. Und weil die entangled history immer wieder neue Hybride hervorbringt, waren die ersten personifizierten Buddha-Darstellungen eine Mischung aus grieschicher und indischer Gottheit. Gandhara war zwischen dem ersten und dem fünften Jahrhundert eine Art kultureller Hub, wie ein Berlin seiner Zeit, und über die Seidenstraße breitete sich der Buddhismus von dort nach Ostasien aus.
In Ostasien wiederrum vermischten sich die Buddha-Repräsentationen mit neuen lokalen Akzenten. Ab dem vierten Jahrhundert ist der Theravada-Buddhismus in Kambodscha präsent, wo Apollo aus den Buddha-Repräsentationen hinter fülligeren Lippen und einem runderen Gesicht verschwindet. Seinen Kopf beginnen robuste Locken zu bedecken, die in der Mitte zu einer Ausstülpung führen. Dass der Buddha mit Haaren gezeigt wird, ist bemerkenswert, da er der Mythologie zufolge seine Haare nach der Flucht aus dem Palast eigentlich abrasiert hatte.
Der historische Wandel und die Verbreitung des Buddhismus in neue geographische Gebiete bringen weitere Repräsentationsveränderungen, Synkretismen und Anpassungen mit sich. Verschnörkeltere Darstellungen kristallisierten sich ab dem 12. Jahrhundert in den Himalaya-Gebieten heraus. In Nepal wurden Buddhastatuen vor allem von Newaris hergestellt, die den Buddhas Kronen aufsetzten und sie mit Juwelen verzierten. Weil der Stil der Newaris zum Maßstab der Buddhismus-Kunst avancierte, war ihr Einfluss im Gebiet des Mahayana-Buddhismus und insbesondere in Tibet groß.
Obwohl die Buddha-Abbildungen historisch einem Wandel unterliegen und sie sich in lokalen Kontexten stets neu hybridisieren, versucht das Europa des 21. Jahrhunderts lokale Färbungen in Buddha-Darstellungen zu vermeiden – er soll möglichst asiatisch aussehen. Dabei prägt Europa die buddhistische Moderne maßgeblich. Denn während derzeit die Meditation als zentraler Aspekt des Buddhismus betrachtet wird, waren historisch gesehen in asiatischen Gesellschaften Rituale und das Rezitieren von Koans oder Mantras die Regel. Die kollektiv ausgeübte religiöse Pflicht war die Norm und nicht die meditative Selbsterfahrung.
Warum wird heute die Meditation als Kernelement des Buddhismus betrachtet? Die Religionswissenschaftlerin Inken Prohl verortet sie im 19. Jahrhundert; mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Kulturwissenschaft und den Naturwissenschaften entdeckten Intellektuelle die spirituelle Erfahrung als Bastion gegen den Materialismus. Der emotionale Nachvollzug steht plötzlich im Vordergrund und nicht mehr monastische Abläufe und Regeln. Verstärkt wurde diese Tendenz durch Beatles & Co., die ab den 1960-er Jahren spirituelle Selbsterfahrungstrips unternahmen. Und somit hielt der meditierende Buddha Einzug in unsere Popkultur.