Was bisher geschah

d'Lëtzebuerger Land vom 02.08.2024

In Esch/Alzette mühte sich die Opposition diese Woche weiter ab, Klarheit im Dossier Fresch zu bekommen. DP-Kulturschöffe Pim Knaff, der wegen schwerer Steuerhinterziehung verklagt wurde und dennoch weiter seine Ämter innehat, da es sich dabei „um reine Privatsache“ gehandelt habe, ist Präsident der Fresch Asbl. Der Verein finanziert das Bâtiment 4, das Mega-Event Francofolies, die Nuit de la Culture und die neu gegründete Plattform Elektron. Derzeit gibt es noch zwei weitere eigenständigeAsbl, die Nuit de la Culture und die Francofolies – allerdings seien die im Prozess einer Fusion, heißt es von Fresch. Die Asbl verfügt über mehrere Millionen Euro, um ihre Kulturprojekte zu finanzieren; Geld, das sich aus Gemeindefinanzierung, Sponsoring und Ticketeinnahmen zusammensetzt. 4,5 Millionen Euro gab es für dieses Jahr von der Gemeinde.

Seit Monaten fordern die LSAP und Déi Lénk Einsicht in die Konten von Fresch. Die Schulferien haben mittlerweile begonnen, Politiker ziehen sich an die Côte d’Azur zurück und schalten ab. Oder versuchen es. Reporter publizierte diese Woche Informationen zur Finanzierung von Fresch, die Pim Knaff der Opposition bisher vorenthalten hatte. Die Rede geht von abenteuerlicher und intransparenter Finanzführung. Mehr als drei Millionen Euro sollen 2023 allein für Gehälter, Prämien und Sonntagsarbeit ausgezahlt worden sein; 30 000 Euro für eine Webseite; 1 500 Euro für eine Pizza-Rechnung. 8,2 Millionen Euro sind als Budget für 2024 geplant. Dieses Jahr soll mit diesem Haufen Geld auch die Architekturbiennale finanziert werden; vor allem soll Profit aus den Francofolies hineingepumpt werden, denen für 2024 ein Gewinn von 2,4 Millionen Euro in Aussicht gestellt wird (im Vergleich zu 99 000 Euro Nettogewinn in 2022).

Die Escher LSAP-Sektion reagiert am darauffolgenden Tag mit einer Mischung aus Dankbarkeit für Pressefreiheit und Missmut, dass Informationen über Freschs Konten an die Medien kommen, bevor sie den Gemeinderäten offiziell präsentiert werden. Ebenfalls am Dienstagmorgen definiert CSV-Bürgermeister Christian Weis seine Rolle bei RTL als „Vermittler“. Er sei weder Mitglied der Asbl noch Kulturschöffe, noch sei er im Verwaltungsrat von Fresch. Der „Informationsfluss“ sei nach den Gemeindewahlen verloren gegangen. Seitdem sind nämlich nicht mehr alle Mitglieder des Verwaltungsrats von Fresch auch im Gemeinderat vertreten. Weiter erklärte er, die Gemeinderäte hätten Zugriff auf Freschs komplette Finanzführung aus den Jahren 2021 und 2022 – eine Aussage, die LSAP-Gemeinderat Steve Faltz am nachfolgenden Morgen förmlich dementierte. Es sei ein „Missverständnis“ gewesen, erklärte Weis im Nachhinein. Mittlerweile liegen den Gemeinderäten hunderte Seiten Finanzführung der drei Vereine aus den Jahren 2021-2023 vor. „Wir werden sehr genau hinschauen, wofür das Geld ausgegeben wurde, und Rechnungen beantragen, wenn Dinge unlauter erscheinen“, sagt Steve Faltz im Gespräch mit dem Land. Man wolle sichergehen, dass die 4,5 Millionen Euro für die Escher Bürger ausgegeben worden sind.

Am Mittwoch schaltete sich Fresch hinzu und erklärte, diverse Informationen aus dem Artikel von Reporter seien bewusst irreführend. Die Pizzarechnung etwa wird in der Mitteilung von Fresch aufgeschlüsselt und relativiert: Für 310 Gäste habe es bei einer Vernissage in der Konschthal Pizza gegeben. Das Budget über 8,2 Millionen Euro hänge damit zusammen, dass die Budgets von der Nuit de la Culture Asbl und dem Francofolies-Verein zusammengelegt würden. Außerdem sei das geplante Budget für die Francofolies angesichts des Erfolgs des Festivals und der Ticketverkäufe realistisch. Die Frage, weshalb diese Informationen nicht an den Journalisten weitergeleitet wurden, obwohl dieser einen Fragenkatalog an Pim Knaff verschickt hatte, wurde nicht beantwortet.

Zur Rentrée werden die Daten aus der Finanzführung ausgewertet sein und weitere aufklärende Sitzungen stattfinden können. Im Verwaltungsrat von Fresch ist man sich einig, dass sich an der – Achtung, zeitgenössisches Lieblingswort ­– Governance der Asbl etwas ändern muss. Der Druck ist ja auch zu groß geworden, dass man zu einer anderen Schlussfolgerung kommen könnte. Dass er nicht so ganz genau hinschaut, diesen Vorwurf muss sich der Verwaltungsrat gefallen lassen. Nicht wenige Mitglieder des CA sind von der Escher Gemeindefinanzierung abhängig, etwa Verantwortliche der Kulturfabrik, des Escher Theaters und des Ferroforums. Gemeinderat Marc Baum (Déi Lénk), der bei Independent Little Lies aktiv ist, hat sich vergangenen Monat aus dem Verwaltungsrat zurückgezogen. Sandra Laborier, Managerin des Rainbow Center und ebenfalls bei déi Lénk aktiv, hat seinen Platz übernommen.

Sarah Pepin
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