Paul Galles (CSV) und Jessie Thill (Déi Gréng) reisten im Auftrag der Chamber nach Sharm-el-Sheikh zur COP27. Paul Galles verband seine Anreise mit einer Promo-Tour, besuchte unterschiedliche ökologische Projekte in Luxemburg, im Elsass und in der Schweiz, von wo aus er schließlich das Flugzeug nach Ägypten nahm. Zunächst radelte er nach Redingen zum Äerdschëff, einem nachhaltigen und energieautonomen Haus. In den sozialen Netzwerken postete Galles ein Foto von sich und den Projektleiter/innen und zeigte sich erstaunt, dass im Äerdschëff „Bananen, Kaffi a Fiige kënne wuessen“. In Zürich befasste er sich mit einem verkehrsberuhigten Platz und damit wie „Fußgänger, Fahrräder und Autos gut zusammenleben“ könnten.
Ein Twitter-User meinte, es sei löblich, dass Paul Galles darüber nachdenke, wie die Mobilität von morgen aussehen könnte, aber warum mache er darauf nicht im Gemeinderat der Stadt-Luxemburg aufmerksam? Ob es überhaupt einen Unterschied mache, dass Thill und Galles zur COP fliegen, könnten sie die Sitzungen nicht im Stream verfolgen?, fragten sich andere. Die grüne Ko-Parteivorsitzende Djuna Bernard verteidigte die beiden; dieses Jahr seien viele Lobby-Verbände der Öl-Industrie angereist, da brauche es eine starke zivilgesellschaftliche Präsenz.
Tatsächlich ist die COP27 der erste UN-Klimagipfel, der Öl- und Gasunternehmen zur Teilnahme an offiziellen Veranstaltungen einlud. Wie die Financial Times am Montag schrieb, haben sich mehr als 600 Lobbyisten für fossile Brennstoffe registriert, allein 70 Delegierte reisten aus Saudi-Arabien ein, dem Erdölstaat, der die COP28 ausrichten wird. Das hinterlässt den Eindruck, die Weltklimakonferenz habe sich in einen Energiegipfel verwandelt.
Welchen Impact die Anwesenheit von Paul Galles auf der COP hat, wollte Radio 100,7-Journalist Rick Mertens schließlich von dem Politiker am Donnerstag selbst erfahren; immerhin ist Fliegen die emissionsintensivste Fortbewegungsform. Ob sich die Reise gelohnt habe, sei „eng ganz gutt Fro“, antwortete der promovierte Theologe Galles. Er sehe seine Rolle darin, die Regierung bei den Verhandlungen zu begleiten und zu kontrollieren sowie sich mit Aktivist/innen und gleichgesinnten Politikern zu vernetzen.
Bleibt zu hoffen, dass der CSV-Politiker sich mit Gleichgesinnten nicht auf das Beklagen einer imaginierten Verbotspolitik beschränkt. Zumindest am Donnerstag war es ihm wichtig vor dieser in Bezug auf die aktuelle Regierung zu warnen, wenn auch recht diffus: „Et gouf Elementer vu Verbuetspolitik, wou gesot ginn ass: Et dierf een elo kee Fleesch méi iessen, et dierf een hei net méi et dierf een do net méi.“ Vielleicht ließ sich Galles gar neue Versprechen der Ölindustrie aufschwatzen, denn er behauptete zudem, er habe „immens vill Input iwwer nei technologesch Entwécklungen“ erhalten, ohne präziser zu werden. Jessie Thill war demgegenüber, so scheint es, offensiver unterwegs: Während eines Panels fragte sie den niederländischen Energieminister, weshalb er nicht mehr Geld in erneuerbare Technologien statt in Atomkraftwerke investiere.
Mit seinem Besuch beim Äerdschëff und gleichzeitigem populistisch-vagem Mahnen vor Verbotspolitik bestätigte Paul Galles seine Mentalität als eine Mischung aus „altem Millennial“ und „jungem Boomer“, wie sie ihm der Woxx-Journalist Joël Adami zuschrieb. Adami meint, ein taktischer Fehler der CSV könnte werden, dieses Potenzial nicht auszuschöpfen. Sofern in der Galles Mentalitäten-Kombi tatsächlich eine CSV-Ressource steckt, fällt der größte politische Impact seiner Reise auf seine Wahlkampagne zurück.