Die Schweiz, in mancher Hinsicht ein Vorzeigestaat, ist in vielen Bereichen vergleichbar mit Luxemburg. 8,1 Millionen Einwohner, 1,9 Million Ausländer (23,4 Prozent) und, laut amtlicher Statistik, gut 40 000 Personen „im Asylprozess“. Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Asylanträge in den letzten Jahren stark gestiegen beziehungsweise sehr hoch gewesen ist (28 640 im vergangenen Jahr), gibt es immer wieder heiße Debatten zu diesem Thema.
Wie anderswo auch, scheint die zuständige Schweizer Zentralbehörde, das Bundesamt für Migration (BFM), manchmal überfordert zu sein, insbesondere wenn es um die Frage der Unterbringung geht. Dann sind die Kantone, Städte und Kommunen gefragt. Von oben wird Druck ausgeübt und es geht die Rede von Quoten, Kompensationen und Entschädigungen.
Am 9. Juni 2013 haben die Schweizer mit fast 80 Prozent Zustimmung eine Änderung ihres Asylgesetzes beschlossen. Während die Abstimmungsgegner eine Verschärfung anprangern, verteidigen die Befürworter die Reform mit Argumenten wie: Das Asylwesen funktioniere schlecht, die Prozeduren würden beschleunigt, die Suche nach Unterkünften werde vereinfacht, die Sicherheit erhöht und die Attraktivität der Asyldestination Schweiz gesenkt. Eine Neuerung besteht darin, dass spe-zielle Zentren für „schwierige“ Asylbewerber eingerichtet werden können.
Ein konkreter Fall erregt jetzt die Gemüter: Es geht um die Anfang August erfolgte Eröffnung einer Unterkunft für maximal 150 Personen in der Armeekaserne von Bremgarten. Bis dato war die Kleinstadt aus dem Kanton Aargau unauffällig: 6 500 Einwohner, knapp 22 Prozent Ausländer (weniger als der Schweizer Durchschnitt), ein Ort mit einer „ausgezeichneten Infrastruktur“, einem „breiten Sport- und Freizeitangebot“, „vielen Einkaufsmöglichkeiten“, einer „regen Vereinstätigkeit“. Kurz gesagt, ein „attraktiver Wohnort“, in dem es sich gut leben lässt (www.bremgarten.ch/de/portrait).
Was genau ist passiert? Aus einer Vereinbarung mit dem BFM geht hervor, dass die Stadt eine ganze Reihe so genannter „sensibler Zonen“ definieren darf, zu denen Asylbewerber entweder keinen oder aber einen im Vorfeld und mit Auflagen genehmigungspflichtigen Zutritt haben. Was unter einer solchen Zone zu verstehen ist, liegt im Auge der Verwaltung: Das Freibad gehört jedenfalls dazu, auch Schulgebäude, Sportanlagen, ja sogar die Vorplätze von Kirchen(!). Kritik wird abgewiesen mit dem Hinweis, dass es sich ja gar nicht um richtige Sperrzonen handele, man möchte einfach nur Rudelbildungen (von Asylanten) verhindern und, als Gemeindeverantwortliche, gewissen Bedenken der Bevölkerung Rechnung tragen (sic!).
Hier ein Blick auf die amtliche Stadtmitteilung vom 31. Juli mit dem Titel „Informationen zur Eröffnung des Asylzentrums in der Truppenunterkunft Bremgarten“: „Vom 5. August 2013 bis maximal am 5. August 2016 wird das BFM in der Truppenunterkunft Bremgarten ein Asylzentrum führen. (...) Die Bewohner werden gestaffelt einziehen. (...) Verantwortung und Zuständigkeit liegen beim BFM. (...) Die Bewohner des Asylzentrums müssen sich an klare Regeln und an eine Hausordnung halten. (...) Die Bewohner haben Ausgangszeiten von täglich 9.00-17.00 Uhr. (...) Es werden keine kriminellen Asylbewerber untergebracht. (...) Trotz der guten Vorbereitungsarbeiten kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich durch die Asylunterkunft Bremgarten Probleme ergeben können.“
Auch ein tolles Land wie die Schweiz scheint nicht nur Schokoladenseiten zu besitzen.