vergangene Woche legte die Regierung den Haushaltsentwurf für das laufende Jahr vor. Der Ausgabenposten mit der höchsten Steigerung ist der staatliche Zuschuss an die Mutualité des employeurs. Sie erhält eine drittel Milliarde Euro mehr.
2006 manipulierte die Tripartite den Index. Als Gegenleistung erhielten die Lohnabhängigen der Privatwirtschaft ein Einheitsstatut. Kranke Arbeiter bekamen Anrecht auf direkte Lohnfortzahlung. Dazu wurde eine Unternehmerversicherung auf Gegenseitigkeit gegründet.
Keine richtige Versicherung auf Gegenseitigkeit. Denn nicht Arcelor-Mittal, Goodyear, Amazon, Cactus und Banque Générale stellten das Startkapital. Der Staat musste die 27 Millionen Euro einbringen. Daneben sollte er den Gegenwert von 0,3 Prozent der jährlichen Lohnmasse zuschießen. „Deen also fir 2009 op 25 bis 30 Milliounen Euro geschat gouf.“ So LSAP-Berichterstatter Romain Schneider am 29. April 2008 vor dem Parlament.
Acht Unternehmerfunktionäre und zwei Beamte leiten die Unternehmerversicherung. Mit dem Segen der Regierung wurde sie eine Schattenbank. Als Hawala begann sie, Staatsgelder einzusammeln und durch Kompensierung mit den geschuldeten Versicherungsbeiträgen an die Firmen weiterzuleiten.
2011 wurde eine Mindestlohnerhöhung fällig. Die CSV/LSAP-Regierung zahlte den Unternehmen die anfallenden Lohnkosten aus der Staatskasse. Sie überwies das Geld an die Mutualität. Das hatte nichts mit deren Auftrag zu tun, „d’assurer les employeurs contre les charges salariales“, damit die Arbeiterin oder der Arbeiter „droit au maintien intégral de son salaire“ bekommt (Code du travail, Art. 52 u. 121-6). Die staatlichen Zuschüsse stiegen auf 42,1 Millionen Euro.
Durch die Übernahme einer Risikoprämie erhöhte die Regierung den Zuschuss 2013 auf 104,4 Millionen. 2015 verringerte sie die Pflichtreserve, vergrößerte die staatliche Beteiligung und gewährte „une participation unique et exceptionnelle“ (Projet de Budget 2015, S. 58*): 88,5 Millionen. Dann fror sie die Beiträge ein und „prend en charge, en procédant par avances, l’excédent des dépenses“ (Projet de Budget 2016, S. 55*): 31,7 Millionen. 2017 senkte sie die Beitragsgrenze. Zum Preis einer „[a]ugmentation sensible de la contribution à la Mutuelle“ (Projet de Budget 2017, S. 32*): 69,9 Millionen. In der Covid-Seuche verdoppelte sie die Zuschüsse 2021 auf 150,3 Millionen und 2022 noch einmal auf 316,5 Millionen Euro.
Vergangenes Jahr verabschiedete das Parlament einen „Solidaritéitspak“. Der Staat erstattete den Unternehmen fünf Monate lang die Lohnkosten einer dritten Indextranche. Wiederum über die Unternehmerversicherung. Das hat nichts mit ihrem gesetzlichen Auftrag zu tun. Die Abgeordneten räumten ein, die Berechnungen der Hawala nicht zu verstehen. Dann stimmten 57 von 60 dafür.
Die Unternehmer machten einen Extraprofit. Aus der Differenz zwischen erhöhten Verkaufspreisen und unveränderten Lohnkosten. Viele machten einen durchschnittlichen Inflationsgewinn. Andere konnten die Preise nicht voll anpassen. Ganz Schlaue konnten sie um mehr als die Inflationsrate erhöhen.
Der Extraprofit wurde unterschätzt. „L’impact financier […] sera de 310,5 millions d’euros en 2024“, hieß es im Gesetzentwurf 8260 (S. 7). Nun sind es 362,5 Millionen. Insgesamt zahlt der Staat der Mutualität dieses Jahr 467,5 Millionen Euro (Projet de Budget 2024, Bd. 1, S. 314). Für die nächsten Jahre sind zwischen 180 und 190 Millionen geplant. Weit entfernt von den „25 bis 30 Milliounen Euro“.
Dieses Jahr übersteigt der Staatszuschuss erstmals die Einnahmen aus Versicherungsbeiträgen. Zwischen 2009 und 2024 überwies der Staat der Mutualité des employeurs 1 784 607 113,96 Euro. In zwei Jahren sind es zwei Milliarden.
Zwei Milliarden sind nicht genug. Die Präsidentin des Industriellenverbands Fedil, Michèle Detaille, forderte: „Je pense que l’on pourrait introduire un jour de carance“ (L’Essentiel, 4.3.24). Während dem die Unternehmen sich die Lohnfortzahlung an Kranke ersparen wollen.