Bob Steichen sitzt an einem großen runden Holztisch in dem renovierten ehemaligen Pfarrhaus, das nun als Ettelbrücker Rathaus dient. Das genaue Alter des Tisches ist unbekannt – seit mindestens 100 Jahren tagen an ihm Gemeinderäte. Bis zu Steichens Wahl saß noch nie ein LSAP-Bürgermeister an ihm. „Et ass méi Aarbecht, wéi ech geduecht hat“, blickt Steichen auf seine ersten acht Monate zurück. Obwohl die Gemeinde nahezu 10 000 Einwohner zählt, werden ihm nur 28 Stunden politischen Urlaub gewährt. An einem Tag in der Woche arbeitet der studierte Geograf im Landwirtschaftsministerium an einem Programm zur ländlichen Entwicklung. Spezialisiert hat er sich während des Studiums auf die Umgestaltung von Industriebrachen. Auf einem großen Bildschirm zoomt er aus der Vogelperspektive auf ein Gelände an den Deichwiesen: „Da ein mehrstöckiges Parkhaus hier gebaut wurde, können die Parkplätze links nebenan begrünt werden.“ Er scrollt zur Bahnhofs-Baustelle. Seit 2019 finden Umbauarbeiten statt, eine Bürgerinitiative wollte den Abriss des Bahnhofsgebäudes verhindern, nun entsteht an seiner Stelle eine Unterführung – der motorisierte Verkehr soll künftig unter den Bahngleisen durchfahren. 2027 soll auf dem Gelände zudem eine Jugendherberge mit rund 100 Betten stehen. „Wie in vielen Bahnhofsvierteln haben wir ein Problem mit Drogendealern.“ Die Jugendherberge soll das Viertel durchmischen und seine kriminelle Energie dämpfen. Zum gleichen Zeitpunkt, als das Treffen mit Steichen stattfindet, berichtet RTL über eine größere Polizeikontrolle in Ettelbrück. Recht unspezifisch heißt es darin, „Drogen“ seien beschlagnahmt worden. Während sich Diekirch als Stadt der Richter, Militärs, von Forstverwaltern, Gymnasiasten und Sekundarschullehrer etablierte, wird Ettelbrück medial mit Kleinunternehmern, Bauern, Kranken und Kriminellen assoziiert. Vielleicht auch mit Armen. Laut dem 2017 vom Statec publiziertem sozioökonomischen Index fällt die Alleinerziehenden- und Sozialempfänger-Rate in Ettelbrück mit am höchsten aus. Auch die Arbeitslosenzahl ist vergleichsweise hoch sowie die Zahl an Geringqualifizierten (zwischen 25 und 30 Prozent). Wie Esch/Alzette und Wiltz weist Ettelbrück einen schwachen sozio-ökonomischen Index auf.
Zu Beginn dieser Woche ist es ruhig in der Fußgängerzone. Nur ein paar Rentner schlendern durch die Innenstadt, zwei Mittfünfziger rauchen unter dem Vordach des Café Grimmel, ein paar Meter entfernt von ihnen versuchen die Zeugen Jehovas ihre frohe Botschaft zu verteilen. In der Bäckerei Fischer sitzt eine ältere Frau am Fenster. „Ich komme öfter von Diekirch runter, um hier Kaffee zu trinken.“ Sie trägt eine schwarze Baumwollmütze – als wollte sie nur kurz bleiben. Dann gesellt sich eine Freundin zu ihr und sie tauschen sich über ihre Arzttermine aus. Am Nebentisch unterhalten sich zwei Frauen auf Portugiesisch, schräg gegenüber ein Paar auf Niederländisch. Sie tragen Wanderschuhe, an denen Matsch hängt. „Wir verbringen gerne unsere verlängerten Wochenenden hier, zu Silvester waren wir hier, Ende März kommen wir wieder“, sagt die Holländerin. Sie übernachten in Oberfeulen in der Casa Oa6, einem stylischen Bed and Breakfast aus Holz. Zum Hafermilch-Cappuccino kommen sie nach ihren Wanderungen nach Ettelbrück. Sie erleben Ettelbrück nicht als abgehängt – die Stadt sei klein, überschaubar, gemächlich. Und von Eindhoven einen Katzensprung entfernt. „O mei, do kommen si!“, ruft plötzlich die Baumwollmützen-Trägerin und bückt sich. Draußen laufen zwei Frauen an der Bäckerei vorbei, die sie nicht sehen sollen. Aus dem Tourist-Office heißt es später am Vormittag, diesen Winter sei es „sehr ruhig“. Ein junger Mitarbeiter kramt Zahlen aus seinem Computer: Die Besucher stammen aus den Niederlanden, Luxemburg, Belgien und Deutschland. In der Regel kommen sie nicht im Winter. Und Übernachtungsmöglichkeiten bietet Ettelbrück zur Zeit nur wenige. Nur noch ein Hotel hat in der Stadt geöffnet.
Nördlich vom Bahnhof taucht Warken auf der Karte im Büro von Bob Steichen auf. Dort wuchs der 1983 Geborene auf. Er erinnert sich an eine unbeschwerte Kindheit in einem 300-Seelen-Dorf. Seine Mutter war nicht berufstätig, sein Vater bei einem Privatunternehmen angestellt. Er ging in Diekirch aufs Lyzeum, seine Freizeit verbrachte er draußen mit seiner 15-köpfigen Clique. Mit Personen dieses Freundeskreises leitet er heute die Warker Jeekelen, einen Verein, den sein Vater 1981 mitgegründet hatte. Das Kirmesfest, die Après-Ski-Party und die Naturbotz, die sie organisieren, sollen das Dorfleben vitalisieren. Mittlerweile zählt Warken fast 1 000 Einwohner; in den neunziger Jahren wurden Wohnsiedlungen gebaut, in die vor allem Goodyear-Mitarbeiter einzogen. In Nancy studierte Steichen Geografie. Zu jener Zeit beginnt er sich für Politik zu interessieren, insbesondere die soziale Ausrichtung der LSAP spricht ihn an. Und Jean Asselborns Art stößt bei ihm auf Sympathie: „Er ist spontan und nicht überheblich.“ Dass er sich der LSAP anschloss, überraschte nicht wenige. Denn eigentlich stammt er aus einer CSV-Familie. Sein Großvater, der Landwirt Joseph Steichen, nahm ab 1957 für die CSV an den Wahlen teil, konnte aber erst 1963 in den Gemeinderat einziehen. Überhaupt ist Ettelbrück eine durch und durch CSV-geprägte Gemeinde. Das Bürgermeisteramt war fest in der Hand der CSV. Insbesondere Edouard Juncker, der zwischen 1976 und 1998 Bürgermeister war, wird nachgesagt, ein Polit-Stratege gewesen zu sein, der konsequent für seine Stadt lobbyierte. Der ehemalige Psychiatrieangestellte, der Enzephalogramme erstellte, war der Onkel von Jean-Claude Juncker. 2003 überließ Pierre Kraus Jean-Claude Schaaf das Bürgermeisteramt, das dieser bis 2023 verteidigte.
Jean-Paul Schaaf ist kein Macher, eher eine Person der großen Worte. Er will es allen Recht machen, – „schwätze, kucken, nach eemol nolauschteren“ – wer so vorgeht, kommt nicht voran. Seit nahezu 20 Jahren wurde unter ihm als Bürgermeister an dem alten Grundschulgebäude rumgedoktert. Vergeblich. Demgegenüber sei Bob Steichen pragmatischer, „mat zwee Féiss um Buedem“, unverbraucht, sagt ein Beobachter der Ettelbrücker Gemeindepolitik. Steichen hofft, dass der neue Grundschulkomplex 2030 steht. Auch habe Schaaf das Lycée Technique Agricole (LTA) an die Gemeinde Diekirch verloren (der Vater von Jean-Paul Schaaf war einst Direktor der Molkerei Laduno). Mit dem LTA aber sei ein bestimmtes Identitätsverständnis als „Bauerenstad“ verbunden gewesen. Als es 1883 seine Türen eröffnete, fand nebenan eine Agrarausstellung statt, die von König Wilhelm III. und Königin Emma eröffnet wurde. Im vergangenen Jahr zählte sie einen neuen Rekord an Besuchern, fast 46 000 Personen wollten Landwirtschaft als Wochenend-Bespaßung erleben. Heute befinden sich in Ettelbrück noch Labore der Asta sowie die Convis-Züchtergenossenschaft.
Dass Steichen nicht mit in die Nationalwahlen ging, sorgte wohl für Zähneknirschen bei der LSAP-Führung. Unter Bob Steichen ging die LSAP bei den Gemeindewahlen mit fast 36 Prozent der Stimmen als klarer Wahlgewinner hervor. Steichen fuhr 2 238 Stimmen ein, 326 mehr als Jean-Paul Schaaf. Gegenüber dem Land meint Bob Steichen, ein Doppelmandat sei schwer sauber auszuführen. „Man lernt nie aus. Neulich war ich mit der Polizei und dem CGDIS bei einer Kontrolle von Café-Unterkünften unterwegs. Wenn man in so einem Zimmer steht, ist das nochmals anders, als wenn man Berichte darüber liest. Ich möchte mich auf die Region konzentrieren.“ Hätte er ein nationales Mandat in Erwägung gezogen, hätte dies auch die Aufgabe seiner Hobbys und seines Familienlebens bedeutet. Seine Kinder seien erst vier und sieben Jahre alt. Wer sich mit Steichen unterhält, merkt, dass er kein Mann der großen Utopien und Ideologien ist. Ihn beschäftigt das Konkrete, das Unmittelbare. Er zoomt in seine Karte, damit sein Gegenüber „direkt versteet, em wat et geet“. Als der alte Holztisch im Rathaus die ersten Gemeinderatssitzungen empfing, lautete die Anrede „Här Buergermeeschter“. Die Gemeindemitarbeiter nennen ihn „Bob“. Er nimmt sich Zeit, um mit dem Gemeindepersonal Kaffee zu trinken, er ist präsent, ist erreichbar.
Neben dem Selbstverständnis, eine Bauernstadt zu sein, präsentiert sich Ettelbrück auch als Händlerstadt. So informiert die Homepage der Gemeinde, die Stadt habe sich bereits 1609 als Handelszentrum etabliert, als der Erzherzog Albert und die Herzogin Isabella das Recht zugestanden, jährlich einen Markt in der Stadt abzuhalten. Heute sei Ettelbrück eine Stadt, die „nicht weniger als 269 Geschäfte zählt“ – somit sei sie „la première ville commerciale au nord du pays“. Mehr noch: Die Stadt sei wegen „ihrer ikonischen Fußgängerzone, die mit kleinen Geschäften übersät ist“, einen Besuch wert. Die Geschäftsstraße strauchelt jedoch. Die Gemeinde kauft Lokale auf, um sie als Pop-Up-Stores unter dem Marktpreis weiterzuvermieten. In einem Spielzeugladen in der Fußgängerzone steht neben Regalen mit Puzzles, Playmobil-Figuren und Dinosauriern aus Kunststoff der Geschäftsführer Manuel Leonie. An beiden Ohren trägt er goldene Ringe, sein Haar ist dicht und schwarz – schwarz ist auch sein Kapuzenpulli. Wie läuft das Geschäft? Er zieht mit seiner rechten Hand das Kinn lang. „Nach dem Finanzcrash 2008 halbierte sich der Umsatz. Seitdem hat sich der Umsatz nochmals halbiert. Früher kamen die Leute aus Mertzig, Bastendorf und Moesdorf, um hier einzukaufen, heute bestellen sie im Internet. Und Amazon erhält zusätzlich Steuergeschenke, wir Kleinunternehmer nicht.“ Das Spielwarengeschäft existiert seit 50 Jahren. „Weil mir der Laden gehört, mache ich weiter. Mein Sohn meint, ich soll aufhören.“ Dann schiebt er hinterher, indem er sich umschaut: „Aber das ist nicht so einfach. Wohin mit all den Sachen?“
Manche Läden sind in die Industriezone umgezogen, wie der Bäckerladen Jos und Jean-Marie. Sie hat sich in das Frëschzenter integriert, ein Lebensmittelgeschäft des Ettelbrücker Schlachthauses. An einer Theke kann man hier Rinderfilets, Kalbfleisch und Schweineschnitzel kaufen. Durch eine Glaswand sieht man aufgehängte Hinterkeulen vom Rind. Von den Blutspuren, die die Schlachtung verursachte, keine Spur mehr. Das Fleisch ist kühl und sauber gelagert. 1956 wurde das Schlachthaus als Genossenschaft der Patrons-Bouchers du Nord gegründet. 2009 wandelte es sich in eine Gesellschaft um, die rund 210 Arbeitnehmer zählt und somit das größte Privatunternehmen von Ettelbrück ist. Mittlerweile ist es das letzte Schlachthaus in Luxemburg, denn letztes Jahr wurden in Wecker die Schlachtungen eingestellt. Das Nordspital, das circa 350 Betten zählt, beschäftigt 1 122 Angestellte (davon 838 Frauen und 284 Männer), zusätzlich 157 freischaffende Ärzte. In der neuropsychiatrischen Klinik arbeiten – inklusive der Ärzte – 829 Personen. Sie alle nehmen am Verkehr der Stadt teil sowie auch die Angestellten der beiden Sekundarschulen. Hinzu kommt der dichte Durchgangsverkehr, der Ettelbrück besonders belastet. Laut dem Nationalen Mobilitätsplan werden in dem Ballungsgebiet der Nordstad die Verkehrsbewegungen bis 2035 voraussichtlich um ein Drittel wachsen. Deshalb soll eine Umgehungsstraße entstehen, die das Stadtzentrum entlastet und Warken, Schieren, Feulen und Bürden miteinander verbindet. Außerdem sieht der Mobilitätsplan vor, die Umgehungsstraße zwischen Ettelbrück und Diekirch auf vier Spuren zu erweitern. Zwei neue Bahnstationen könnten in Erpeldingen und Ingeldorf gebaut werden, und künftig sollen alle zehn Minuten Züge von Ettelbrück in die Hauptstadt abfahren.
Als die Beamten ihre Prognosen und Szenarien für den Mobilitätsplan erarbeiteten, malten sie sich aus, dass 2035 die Nordstad Realität sein werde. „Ich bin klar für eine Fusion“, sagt Steichen. „Und ich bin auch zuversichtlich, dass das Projekt in die Wege geleitet wird.“ Die Zusammenarbeit zwischen den fünf Gemeinden verlaufe kooperativ. „Es herrscht eine Pro-Fusion-Stimmung“. Konkret sollen Bettendorf, Diekirch, Erpeldingen, Schieren und Ettelbrück verschmelzen. Steichen hofft, dass vor oder während der nächsten Gemeindewahlen in einem Referendum darüber abgestimmt wird. Vor der Sommerpause teile man der Presse einen Zeitplan mit. „Mee et gëtt sécher net einfach.“ In der Vergangenheit fiel der damalige Diekircher LSAP-Bürgermeister Claude Haagen durch eine Mal-Sehen-Attitüde auf. Im Radio 100,7 sagte der jetzige Diekricher DP-Schöffe José Lopes Gonçalves im Wahlkampf: „Für uns ist eine Nordstad-Fusion zu fünft keine Priorität mehr.“ Sie brächte den Bürgern keinen wirklichen Mehrwert. „Der administrative Apparat riskiert unübersichtlich zu werden.“ Er stimmt einer Frau zu, die während einer Umfrage sagte, sie sei nicht für die Fusion. Sie behalte lieber „mäi klengt Dikrech. Dat ass méi heemlech.“ Der jetzige Bürgermeister Charles Weiler (CSV) zeigt sich nun aber gegenüber der Fusion offen.
Heimelig ist es derzeit am Marktplatz (dem ehemaligen Monopol-Parking) nicht. Bagger reißen den Parkplatz auf, hier soll im Sommer ein Spielplatz und begrünte Plätze für Lebensqualität sorgen. Hinter der Baustelle lugt das Centre des Arts Pluriels (Cape) hervor. Sein Programm ist breit aufgestellt – Konzerte, Theateraufführungen und Vorträge sorgen für Unterhaltung. Wie wird man Teil des Ettelbrücker Lebens und seiner ländlichen Umgebung? Ines Neff sitzt mit ihren blond-gewellten Haaren an ihrem L-förmigen Bürotisch. „Wir arbeiten mit den Schulen zusammen und bieten hier in Kooperation mit dem Script Theater und Hip-Hop-Ateliers an. Damit Bewohner des Diekircher Altersheims an unseren Porgramm teilnehmen können, planen wir ihre Besuche für Nachmittagsveranstaltungen ein. Außerdem nutzen die lokalen Vereine die Räumlichkeiten.“ Man habe festgestellt, dass sich Tickets für deutschsprachige Aufführungen schneller verkaufen. „Wir versuchen jedoch auch portugiesischsprachige Kulturschaffende einzubinden“, so Ines Neff. Zudem wolle man vermehrt Raum bieten für politische Debatten. Vor einem Jahr habe das Cape mit der Zeitschrift forum einen Diskussionsabend zu den Herausforderungen des luxemburgischen Gesundheitssystems veranstaltet. Im Nebenzimmer werden der Schreibtisch und die Regale gerade leer geräumt. Von hier aus organisierte der Cape-Direktor Carl Adalsteinsson das Aufführungsprogramm, im April nun wird er Erster Regierungsrat an der Seite des Kulturministers Eric Thill (DP). Dieser hat einen Teil seiner Kindheit im Zeitungsladen seiner Eltern in der Ettelbrücker Fußgängerzone. Bunter als im Cape geht es im Hariko zu. Ein Kreativatelier des Roten Kreuzes für Jugendliche direkt neben der Fußgängerzone. Vor dem Atelier springt Super Mario an einer Wand entlang. Ein Geist mit spitzen Zähnen bedroht ihn. Bürgermeister Steichen will solche Graffiti-Projekte in den kommenden Jahren unterstützen.
Schräg gegenüber dem Cape hat LëtzeBurger im November 2023 eine Verkaufsstelle eröffnet. Brummt das Geschäft? „Gemeindepersonal, Schüler, Angestellte bestellen Burger bei uns. Weil wir Bifanas braten, kommen auch die Arbeiter von der Baustelle.“ Der durchtrainierte Geschäftsführer Félix Clement trägt ein weißes T-Shirt und eine Goldkette. Manche Patienten aus der Psychiatrie kämen öfters – einer sogar zweimal am Tag. „Si sinn amfong léif“, wenn auch gelegentlich etwas durcheinander. In Ettelbrück habe man bereits erlebt, dass Kunden sich über den Preis wundern, das sei an ihren Food-Truck-Ständen rund um Luxemburg-Stadt noch nie vorgekommen. Das junge Team freut sich auf den Sommer und das Ende der Baustelle: „Wir eröffnen dann eine große Terrasse.“ Bald wird auch die Bibliothek in die Fußgängerzone umziehen; ein Ort, der vor allem unter Jugendlichen an Beliebtheit gewinnt. Mit deren Umzug, der Eröffnung der Jugendherberge und dem umgebauten Markplatz könnte in die Nord-Süd-Achse der Stadt eine neue Dynamik einfließen.
Neben dem LëtzeBurger-Lokal fließt die Alzette an den Deichwiesen entlang. Nur einen halben Meter noch und sie würde ihr Flussbett verlassen. Die überschwemmten Deichwiesen sind ein landesweites Symbol für Unwetter. Über die Godchaux-Brücke gelangt man über den wild gewordenen Fluß; unter ihr bilden sich durch eine druckabfedernde Nebeneinbuchtung Kreisströmungen. Die Familie Godchaux, jüdischer Konfession, betrieb in Ettelbrück ab 1864 eine Gasfabrik und stellte Textilien her. Nahe der Godchaux-Brücke stapelte Bob Steichen im Juli 2021 Sandsäcke. „Das war eigentlich Zufall. Abends um 11 Uhr wollte ich in meiner Funktion als Schöffe nachsehen, ob die Feuerwehr und der technische Dienst der Gemeinde nicht überfordert sind. Schließlich blieb ich fast die ganze Nacht an der Alzette.“ Er arbeitet auch gerne im Wald, dabei wird er von seinem Labrador begleitet. „Mir macht es nichts aus, in Arbeitskleidung unterwegs zu sein“, sagt Steichen, der in einem blauen Hemd mit weißen Pünktchen im Rathaus sitzt. Er wolle mit den Kommunalprojekten schnell vorankommen. „Mee Politik geet net séier“, schiebt er hinterher. Es stellt sich zudem die Frage, ob er seine Ideen durchsetzen kann. Jean-Paul Schaaf und er haben lediglich die Plätze gewechselt – nun ist Schaaf erster Schöffe. Und an seiner Seite sitzt für die ersten vier Jahre der Amtsperiode Pascal Nicolay – ein zweiter CSV-Schöffe.