Ein holpriger Anfang für die schwarz-blaue Regierung. Seit Wochen wird über nichts anderes als das Bettelverbot gesprochen. Die Steuererleichterungen, mit denen Luc Frieden Wahlkampf gemacht hatte, interessieren die Gesellschaft offenbar weniger als gedacht. Die Grünen und die Piraten baten Innen- und Polizeiminister Léon Gloden (CSV) vergangenen Dienstag zu einem gemeinsamen Gespräch der Innen- und Sicherheitskommissionen, einem von der CSV beantragten huis clos, von dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen war – ein Umstand, der die Opposition unglücklich stimmte. Darin ging es unter anderem darum, dass im Rahmen des Bettelverbots Polizisten aus anderen Regionen des Landes abgezogen werden müssen. Von wo genau, bleibt der Öffentlichkeit erst einmal vorenthalten. Léon Gloden teilte mit, er habe bisher keine schriftlichen Handlungsrichtlinien an die Polizei gegeben. Außerdem sei bisher kein Bettler von der Polizei aufgeschrieben worden. Im Vorfeld von Glodens Entscheidung Mitte Dezember habe er sich lediglich mit Premier Luc Frieden (CSV) und der hauptstädtischen Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) beraten. Am Dienstagmorgen hatte sich die LSAP-Abgeordnete Paulette Lenert im RTL um die „Beharrlichkeit“ gesorgt, mit der die Verantwortlichen ihre Position in der Diskussion vertreten und den Mangel an Respekt gegenüber dem Rechtsstaat und der Gewaltentrennung bemängelt. Die Opposition (bis auf die ADR) fordert eine Stellungnahme des Premierministers und das Eintreten von einem von zwei Szenarien: die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für das Bettelverbot oder das Zurückziehen des Artikels. Die Beweislage um die mendicité organisée existiert kaum. Verboten ist sie bereits. Immer wieder wird sie dennoch als Grund für die neue Polizeiregelung angeführt, die alle Formen des Bettelns verbietet, obwohl das „einfache Betteln“ seit 2008 nicht mehr strafbar ist, als es aus Versehen aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. Dabei stößt die Argumentation von Polfer und Gloden mittlerweile auf (an Luxemburg gemessen) stärkeren Gegenwind, auch aus der Justiz. Nachdem der Staatsanwalt Georges Oswald sich vergangene Woche geäußert hatte, kam die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff gestern morgen auf Radio 100,7 auf die Jurisprudenz zurück: „Mer si supposéiert d’Urteeler, déi eis Geriichter spriechen, och ze respektéieren, op dat eis elo passt oder net. (...) Fir mech ass dat relativ kloer.“
Eine Petition gegen das Verbot sammelte in Rekordzeit genug Unterschriften, um im Parlament debattiert zu werden und in den kommenden Tagen wird gleich zwei Mal gegen das Bettelverbot demonstriert. Am heutigen Freitag ruft das Kollektiv Actioun geint d’Heescheverbuet zur Demo auf; am Montag organisieren die linken, grünen und roten Jugendparteien eine Demo auf dem Knuedler, eine Stunde vor Beginn des städtischen Gemeinderats. Über die Motion der Stater Opposition aus Grünen, Linken, Piraten und LSAP für die Streichung von Artikel 42 aus der Polizeiverordnung wird dann abgestimmt.