In der Stater DP geht es neuerdings emotional zu. Schöffin Simone Beissel habe „manchmal ein hitziges Gemüt“, bescheinigte DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer am Montag im Gemeinderat. Sich wegen der Tirade gegen Bettler im Youtube-Kanal Apart TV mit Astrid Lulling zu entschuldigen, habe sie Beissel „encouragéiert“, wie es DP-Parteipräsident Lex Delles tat. Doch das betreffe die „Form“ der Äußerungen. Mit dem Inhalt dagegen hat die Bürgermeisterin offenbar kein Problem. DP-Rätin Sylvia Camarda brach deshalb im Ratssaal in Tränen aus. DP-Rätin Colette Mart erinnerte sich auf Facebook an ihren Onkel, den einstigen Wirtschaftsminister: „Viru 25 Joer hat hee mir mat op mäi politesche Wee ginn, dass wann eppes fir mech guer net vertrietbar ass, ech och ka mat der Oppositioun stëmmen.“ Sie wolle sich „net friem fillen am Gemengerot“, und dafür werde sie „kämpfen“.
Schneller, als Lydie Polfer mit ihrer Law-and-Order-Kampagne und unterstützt vom CSV-Innenminister für eine gesäuberte Oberstadt sorgen könnte, bringt sie damit die eigene Macht in Gefahr und lässt ein „Team Cahen“ erstarken. Neben der früheren Familienministerin und heutigen Sozialschöffin sind drei, wenn nicht vier DP-Ratsmitglieder dabei, einen gemeinsamen sozialliberalen Nenner zu entdecken. Geht das so weiter, könnte der Bürgermeisterin und ihren Gefolgsleuten die Kontrolle in dem blauen Laden entgleiten, den zusammenzuhalten Lydie Polfer ohnehin einige Mühe hat, so wenig organisiert wie die Stater DP ist. Als Polfer am Montag sagte, „ich kann nur hoffen, dass wir hier drin zusammen ein Verständnis über die aggressive und organisierte Bettelei bekommen“, war das vielleicht nicht nur an jene Räte der Opposition gerichtet, die wissen wollten, ob der DP-CSV-Schöffenrat Simone Beissels Ansichten in Apart TV teilt.
Dass DP-Räte die Partei verlassen, ist nicht wahrscheinlich. Zu dem epochalen Ereignis, dass jemand mit der Opposition stimmt, dürfte es so schnell auch nicht kommen. Eher zu Akten des Ungehorsams, wie von Sylvia Camarda, die Ende Januar vor der Abstimmung über die Motion der Grünen, das Heescheverbuet aus der kommunalen Polizeiverordnung zu streichen, den Saal verließ, ohne jemandem aus ihrer Fraktion eine Prokuration erteilt zu haben. Und zu internen Auseinandersetzungen: Corinne Cahen, die von Lydie Polfer selber als Nachfolgerin am Knuedler ins Spiel gebracht wurde, dann aber nicht mal auf der DP-Liste zu den Wahlen am 11. Juni wirklich willkommen war, hat Zeit, um die Reihen um sich zu schließen. Und ihre gewisse Vorliebe für Kontroversen gegen die Bürgermeisterin einzusetzen, die sowas gar nicht mag und mit viel Mikromanagement dafür zu sorgen versucht, dass keiner aus der Reihe tanzt. Das Heescheverbuet lässt in der Hauptstadt Blautöne erscheinen, statt einheitliches Blau. Je länger das Thema politisch aktuell bleibt, desto ausgeprägter wird in der Stater DP dieses Farbenspiel.