In Zeiten der Pressekrise fällt es DP, LSAP und Grünen leicht, Verlage und Zeitungen entsprechend ihrem politischen Nutzen zu stärken oder zu schwächen. Die Regierung kann den einen Geld nehmen und den anderen geben. Zu diesem Zweck hinterlegte der für Medien zuständige Premierminister Xavier Bettel (DP) vergangene Woche einen Gesetzentwurf zur Reform der staatlichen Pressehilfe.
Der seit Jahren angekündigte Gesetzentwurf verspricht eine „Investition in die Qualität des Journalismus“. Dazu soll der Umfang der Pressehilfe von der Zahl der Redakteure abhängig gemacht werden. Die Wirkung ist selbstverständlich entgegengesetzt: Eine Redaktion, die statt eines erfahrenen Journalisten zu 6 000 Euro zwei unerfahrene zu 3 000 Euro beschäftigt, erhält bei gleichen Kosten doppelt so viel Pressehilfe.
Die Regierung liebt es, über sich selbst zu twittern. Zeitungen missfallen ihr als Relikte einer bürgerlich-demokratischen Öffentlichkeit. Die Reform der Pressehilfe soll das Verschwinden der Zeitungen fördern. Es soll gewinnbringend erscheinen, ins Internet abzuwandern. Die derzeitige Grundpauschale wird dazu in „Innovationshilfe“ umgetauft. Laut Berechnungen der Regierung soll eine Internetseite wie Reporter so viel Pressehilfe wie eine Wochenzeitung oder kleine Tageszeitung erhalten. Obwohl deren Herstellungs- und Vertriebskosten ein Vielfaches ausmachen.
Mit Luxemburger Wort und Tageblatt sollen die umsatzstärksten Titel die meiste Pressehilfe erhalten, jeweils über anderthalb Millionen Euro jährlich. Das war schon immer so. Neu ist, dass die großen Gewinner der Reform zwei Gratiszeitungen sein sollen, L’Essentiel und Paperjam. Sie sollen künftig eine Million beziehungsweise 650 000 Euro aus der Staatskasse erhalten. Bisher verweigerte der Gesetzgeber Gratisblättern eine Pressehilfe. Denn die Steuerzahler sollen keine Zeitung finanzieren, die zu bezahlen die Leser nicht für wert befinden.
Die großen Verlierer der Reform, die Tageszeitungen Le Quotidien und Lëtzebuerger Journal, sollen jeweils eine halbe Million Euro verlieren. Das Lëtzebuerger Journal stellte diese Woche seine Montagsausgabe ein und macht Ende des Jahres dicht. Le Quotidien wird spätestens nach der gesetzlichen Übergangsfrist aufhören müssen. Mühsam um ihre Unabhängigkeit und Existenz ringenden Tageszeitungen Geld wegzunehmen und es Gratiszeitungen zu geben, die mit Gefälligkeitsbeiträgen ein „werbefreundliches Umfeld“ schaffen, ist eine sehr liberale Vorstellung von Qualitätsjournalismus.
Dass die Regierungspartei DP ihre eigene Tageszeitung in den Ruin treibt, überrascht nur auf den ersten Blick. Liberale Strategen bemühten sich schon in der Vergangenheit, Pate zu stehen bei der Geburt eines dritten, liberalen und unternehmerfreundlichen Verlags zwischen dem konservativen Saint-Paul und der sozialdemokratischen Editpress. Die Reform der Pressehilfe ist nun ein neuer Versuch. Schon im „Wechsel“-Wahlkampf 2013 hatte die DP den Verlag Maison moderne und dessen Paperjam als nützlicher ausgemacht als ihr Lëtzebuerger Journal.