Am 5. Juni hatten Aktivistinnen von Lëtz Rise Up über Internet aufgerufen, gegen die rassistische Polizeigewalt in den USA zu demonstrieren. Obwohl sich weder Parteien noch Gewerkschaften dem Aufruf angeschlossen hatten, trotz Dauerregen und Covid-Masken kamen fast 2 000 Leute. Im Anschluss an die Kundgebung wurde der Wunsch laut, wie in anderen Ländern Denkmäler von Sklavenhaltern und Kolonialherren zu stürzen. Das Kunstkollektiv Richtung 22 vergitterte daraufhin in Niederkerschen ein Medaillon des Eisenbahningenieurs Nicolas Cito.
Das Niederreißen von Denkmälern wirkt kathartisch. Weil die Suche nach Kolonialdenkmälern wenig ergiebig blieb, hier einige Vorschläge. Großherzogin Charlotte und Prinzgemahl Felix besaßen die Konzession der Société Coloniale Luso-Luxembourgeoise Granducol, einer für ihre Brutalität bekannte Baumwollplantage in der portugiesischen Kolonie Mozambique. In der Weltwirtschaftskrise warb die Exposition d’Art Colonial et Exotique organisée par le Cercle Colonial Luxembourgeois 1933 für die Auswanderung in die Kolonien, „sous le Très Haut Protectorat de LL. AA. RR. Madame la Grande-Duchesse Charlotte et Monseigneur le Prince Félix de Luxembourg“. Ehrenpräsident des Ehrenkomitees war Staatsminister Joseph Bech.
Im Zeitalter des Imperialismus lieferten die Bischöfe Johannes Joseph Koppes, Pierre Nommesch und Joseph Laurent Philippe mit dem katholischen Missionswesen die ideologische Rechtfertigung der Kolonialpolitik. Die angebliche moralische Unterlegenheit der Afrikaner gehörte zum Religionsunterricht der öffentlichen Schule.
Die 1931 in Paris gegründete Fédération internationale des coloniaux et anciens coloniaux nahm nur Kolonialvereine aus Ländern auf, die Kolonien besaßen. Der Cercle Colonial Luxembourgeois durfte Mitglied des internationalen Dachverbands werden. Als Trittbrettfahrer Belgiens sah das Großherzogtum den Kongo als seine heimliche Kolonie an. Seit der Gründung der Wirtschaftsunion mit Belgien setzten sich konservative, sozialdemokratische und liberale Minister stets dafür ein, dass Luxemburger Unternehmen den gleichen Zugang zu kongolesischen Rohstoff- und Absatzmärkten bekamen wie belgische und Luxemburger Kolonialbeamte den belgischen Beamten gleichgestellt waren.
Gemäß einem Abkommen zwischen Außenminister Joseph Bech und dem belgischen Kolonialminister Albert de Vleeschauwer lebten die Minister von CSV und LSAP während des Zweiten Weltkriegs im New Yorker, Londoner und Montrealer Exil von monatlichen Überweisungen der Kolonie Kongo. Am Ende belief sich die Rechnung auf 32 Millionen Franken.
Der Cercle Colonial stand jahrzehntelang unter dem „Très Haut Protectorat“ von Prinzgenmahl Felix. Als dieser starb, wurde der damalige Erbgroßherzog und heutige Großherzog Henri 1972 Schirmherr des Cercle Colonial und dann des Nachfolgevereins Alliance Luxembourg-Outremer Luxom. „Haut Patron du Cercle Colonial“ waren die CSV-Staatsminister Joseph Bech und Pierre Werner. Zu den Ehrenmitgliedern zählte der liberale Hauptstadt-Bürgermeister Gaston Diderich. Den wenigsten all dieser Leute wurde ein Denkmal errichtet.