Mzuzu ist eine Großstadt in Malawi, im südlichen Afrika. Im Ausbau des Öko-Tourismus spielt die Kommune eine große Rolle in der Entwicklungspolitik Malawis. Rund 130 000 Einwohner hat das Verwaltungszentrum im Norden des Landes. Etwa die gleiche Größe wie Luxemburg-Stadt. Ansonsten haben die beiden Städte kaum etwas gemein. Noch nicht. Wenn jedoch der Klimawandel ungebremst fortschreitet und die globale Erderwärmung im prognostizierten Umfang eintritt, dann wird Luxemburg-Stadt vor allem in einem Punkt zu Mzuzu aufschließen: Modellrechnungen zufolge könnte es in der Hauptstadt des Großherzogtums in gut 60 Jahren so warm werden wie derzeit in Mzuzu. Verlorenkost läge dann in Nordmalawi. Zumindest klimatisch.
Welche Auswirkungen der Klimawechsel schon heute auf die Großregion hat, zeigen die Daten für Rheinland-Pfalz. Die Jahresdurchschnittstemperatur ist seit 1881, dem Beginn der Wetteraufzeichnungen, um 1,5 Grad angestiegen – im übrigen Deutschland um 1,4 Grad. In konkreten Zahlen: 1881 lag die durchschnittliche Tagestemperatur bei 8,0 Grad Celsius. Mehr als ein Jahrhundert lang blieb der Wert im einstelligen Bereich. Zweistellig wurde er zum ersten Mal im Jahr 1994. Ab dem Jahr 2000 stieg sie dann auf 10,7 Grad. Sichtbar werden die Folgen des Klimawandels bei Waldschäden – die in diesem Jahr schlagartig schlimmer wurden – oder bei Starkregen-Ereignissen. Zudem treten Hitzewellen in Rheinland-Pfalz zunehmend häufiger auf und sind oftmals auch intensiver als in der Vergangenheit.
Gefordert ist – wieder einmal – die Politik, die in diesem Jahr zur Klimagipfel-Routine im polnischen Katowice zusammengekommen ist. Delegationen aus fast 200 Staaten versuchen bis zum Freitag nächster Woche sich darüber einig zu werden, durch welche Regeln das Pariser Klimaabkommen von 2015 in praktische Politik umgesetzt werden kann und soll. Dies sind vor allen Dingen technische Fragen: Wie werden Emissionen gemessen? Wie transparent muss die Buchführung der Staaten sein? Gelten dabei gleiche Maßstäbe für alle Staaten dieser Erde? Es sind knifflige Detailfragen, mit denen die juristischen und diplomatischen Gipfelteilnehmer sich auseinandersetzen werden. Sich über sie zu einigen, ist unerlässlich, um die internationale Klimapolitik messbar und vergleichbar zu machen. Aber große Fortschritte im konkreten Klimaschutz sind vom offiziellen Programm in Katowice nicht zu erwarten. Zumal bereits zu Beginn der polnische Gastgeber nationale Interessen über globales Gemeinwohl stellte.
In Wahrheit geht es gerade auf diesem Klimagipfel jedoch um das große Ganze. Denn die Warnungen der Wissenschaftler und Klimaforscher sind in den vergangenen Wochen immer drängender geworden. In Paris hatte man sich 2015 in einem historischen Abkommen darauf geeinigt, die Erwärmung der Erde möglichst bei einem Wert unter plus zwei Grad Celsius – auf Basis der vorindustriellen Zeit – zu begrenzen – und meinte damit plus 1,5 Grad. Doch ändert sich die Menschheit in ihrem Verhalten nicht, so erwärmt sich der Planet eher um drei bis vier Grad, wenn nicht sogar um 4,6 Grad – binnen zweier Generationen. Um überhaupt noch eine Chance auf das 1,5-Grad-Ziel zu haben, fordert etwa der Weltklimarat IPCC in diesem Herbst „schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen“. Konkret: Es geht um die Art und Weise, wie wir leben. Eine wirkungsvolle Änderung bedingt, dass das herrschende Wirtschaftssystem sich von Grund auf ändern müsste, um den Klimawandel zu begrenzen. Wir bräuchten nicht nur grünes Wachstum, sondern eine Wirtschaft, die gerade mit weniger Wachstum gut funktioniert – und vor allem Ideen, wie Produktion und Verteilung dann so organisiert werden können, dass möglichst alle gut vom erwirtschafteten Wohlstand leben können.
Der gesellschaftliche Diskurs darüber, wie dieses Ziel erreicht werden kann, hat längst begonnen und wird mehr oder weniger kontrovers geführt. Trotzdem kommen viele Regierungen, auch die europäischen, in der Klimapolitik nicht voran. Die Emissionen erreichen weltweit neue Rekordwerte. Die ökonomische Sphäre fordert mehr „Verschmutzung“, um Wachstum und damit Wohlstand zu versprechen. Der Widerstand gegen eine konsequente Klimapolitik wächst, weil wirtschaftliche Interessen dagegen stehen, und auch immer mehr Menschen begreifen, wie tief die Veränderungen gehen müssen, und dass das Ziel ohne Verzicht kaum erreichbar sein wird – und weil der Wandel hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft eben auch Existenzen bedroht, etwa die der Kohlearbeiter in den Revieren. Der Konferenzort Katowice als Symbol für die Herausforderungen einer zukunftsweisenden, gerechten und globalen Klimapolitik.
So gesehen geht es auf dem diesjährigen Gipfel um alles. Und das unter äußerst ungünstigen Vorzeichen. Der Multilateralismus wird in Frage gestellt. Die Vereinigten Staaten bestehen darauf, sich aus dem Pariser Klima-Abkommen zurückzuziehen. Jüngst hat auch Brasilien Widerstand signalisiert und möchte den Regenwald stärker zur Abholzung freigeben. Hinsichtlich der Gerechtigkeit der Klimapolitik gab die polnische Regierung Leitplanken vor: „Just transition“, lautet ihr Motto. Gerecht könne ein Übergang nur sein, wenn er die Interessen künftiger Generationen und jener Menschen, die heute schon vom Klimawandel betroffen sind, berücksichtigt.