Ob es bei den Unternehmerverbänden lange Gesichter gibt nach der Haushaltsvorlage am Mittwoch? Oder ob sich die ehemaligen Kollegen von Finanzminister Pierre Gramegna (DP) ohnehin nicht allzu viel erwartet hatten? Denn nach der Steuerreform hatte der Ex-Direktor der Handelskammer den Unternehmerverbänden, die vor allem eine Abschaffung der kommunalen Gewerbesteuer gefordert hatten, ein Trio an Maßnahmen versprochen: eine OECD-konforme Reform des Regimes für die steuerliche Behandlung von Einkommen aus dem Besitz geistigen Eigentums (die Anfang August vorgelegt wurde), eine Reform der Besteuerung der Stock-Options, der „Aktienpläne“, und etwas für die Start-ups (d’Land, 07.07.2017).
Am Mittwoch kündigte Gramegna die Reform der Aktienpläne an, die von immer mehr Unternehmen eingesetzt wurden, um ihre besserverdienenden Mitarbeiter zu entlohnen, und bei denen der Steuersatz mit um die 13 Prozent einem Bruchteil des Spitzensteuersatzes entspricht, wie er auf Spitzengehältern, die in Euro ausgezahlt werden, angewandt wird. Ziel sei, so der Finanzminister am Mittwochmorgen, den Steuersatz auf den „demi-taux global“ anzuheben, was bei einem Spitzensteuersatz von 42 Prozent demnach – immer noch günstigen – 21 Prozent entspricht. Doch im Gesetzentwurf über den Haushalt sucht man vergeblich nach den entsprechenden Gesetzesänderungen. Sie sind darin nicht enthalten.
Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher des Finanzministeriums dem Land, das habe zwei Ursachen. Erstens seien die dadurch entstehenden Einnahmen nicht zu beziffern. Ein wenig glaubwürdiges Argument, da es ohnehin jedes Jahr unvorhergesehene Einnahmen gibt und auch in den vergangenen Jahren die gesetzliche Regelung der Transferpreise oder der Rulings via Haushaltsentwurf bewerkstelligt wurde. Zweitens, so der Ministeriumssprecher, fehlten zu einer umfassenden Reform die notwendigen Untersuchungen, beispielsweise darüber, wie viele Steuerzahler derzeit überhaupt einen Aktienplan als Bezahlung bekommen. Weshalb man in zwei Schritten vorgehen werde: Bis Ende des Jahres soll die Steuerverwaltung ein Rundschreiben verschicken, um den Steuersatz auf den Dividenden aus den Aktienplänen ab 2018 mit 21 Prozent zu besteuern. Im Laufe des nächsten Jahres soll dann die Besteuerung der Aktienpläne per Gesetz geregelt werden, wenn alle Daten vorliegen und „eine größere Runde gedreht“ wurde, um sich zu konsultieren.
Das Finanzministerium nutzt den Haushaltsentwurf 2018 nicht nur, um ein gutes halbes Dutzend an Fehlern in früheren Gesetzestexten zu korrigieren – mal wurde etwas vergessen, mal gibt es Sprachfehler –, sondern auch, um größere Probleme auszubügeln. Im Mai hatte der Europäische Gerichtshof gemeint, Luxemburg verstoße gegen die Grundrechtecharta der EU, weil es die Richtlinien zum Austausch von Steuerdaten auf Anfrage zwischen Steuerverwaltungen von EU-Ländern so rigoros umgesetzt hat, dass erstens die Kontrolle nicht ausreiche, um Phishing-Expedition auszuschließen, und zweitens den betroffenen Steuerzahlen die Möglichkeit fehle, Einspruch gegen die Übermittlung von Daten einzulegen, wenn sie glauben, dass diese unberechtigt oder irrelevant sind. So muss die Steuerverwaltung in Zukunft „s’assure que les renseignements demandés ne sont pas dépourvus de toute pertinence vraisemblable eu égard à l’identité du contribuable concerné et à celle du déteneur des renseignements ainsi qu’aux besoins de l’enquête fiscale en cause.“ Außerdem wird die Möglichkeit eingeführt, gegen die Datenübermittlung Einspruch vor dem Verwaltungsgericht zu erheben, das dann die Anfrage der ausländischen Steuerbehörde prüft, „afin d’exclure l’absence manifeste de pertinence vraisemblable des renseignements demandés“. Die Finanzbranche wird es sicher freuen, dass diese Prüfungspflichten und Einspruchsmöglichkeiten eingeführt werden.
Mit dem neuen Haushaltsgesetz werden außerdem die Möglichkeiten der Steuergutschriften für Investitionen ausgeweitet. Einerseits können Unternehmen beim Kauf emissionsfreier Firmenwagen von solchen Gutschriften profitieren. Andererseits können sie auch beim Kauf von Software Gutschriften erhalten – wenn sie nicht von einer verwandten Firma gekauft oder ihre interne Entwicklung ohnehin schon durch das Regime zum geistiges Eigentum abgedeckt ist. Damit Firmen wie Amazon nicht auf die Idee kommen, die Entwicklung ihrer Software im Wert meherer Milliarden von den Steuern abzusetzen, gibt es laut Gesetzentwurf „certaines limites“, um „contrôler l’impact budgétaire de cette mesure“. So beschränkt sich die Steuergutschrift auf acht Prozent, wenn die Software nicht mehr als 150 000 Euro gekostet hat, beziehungsweise auf zwei Prozent, wenn sie teurer war. Insgesamt darf die Steuergutschrift nicht mehr als zehn Prozent im Verhältnis zur gesamten Steuerschuld betragen.
Im Wirtschaftsministerium hat man offensichtlich die Lehren aus dem Krimi um den Grundstückserwerb für das Google-Datenzentrum gezogen. Um Liegenschaften für die Schaffung neuer Industriezonen kaufen zu können, stehen dem Wirtschaftsministerium bis 2021 65 Millionen Euro zur Verfügung. Über den gleichen Zeitraum kann das Wirtschaftsministerium die private Forschung mit insgesamt 238,5 Millionen Euro bezuschussen, wovon allerdings 120 Millionen Euro für die Weltraumforschung im Rahmen des Projekts Spaceresources.lu vorgemerkt sind.