Als hätte jemand einen Stöpsel gezogen, gibt es seit einer Woche immer neue schlechte Nachrichten um die CMCM, die Caisse médico-complémentaire mutualiste. Handelten sie zunächst von den auf Intrigen hindeutetenden Umständen, unter denen CMCM-Verwaltungsratspräsident André Heinen abberufen wurde, nahmen anschließend Vorwürfe an Generaldirektor Fabio Secci zu: Dem früheren UBS-Manager, der 2015 den Chefposten bei der Mutualitätskasse übernommen hatte, waren schon vor zwei Jahren Direktorenkollegen in einem „Comité“ zur Seite gestellt worden. Das sollte Secci „encadréieren“, meint ein anonymer Informant, der seit Montag als „E besuergte Mutualist“ ausgewählten Medien, darunter dem Land, CMCM-Interna zukommen lässt: E-Mails, die auf eine ungeschickte Personalführung durch Secci während der Covid-Krise schließen lassen, oder einen Bericht der Finanzkommission des CMCM-Verwaltungsrats vom Januar 2023: Der kommt zum Schluss, „il convient de constater que le système de rémunération mis en place présente un caractère amateuriste qui risque d’aboutir à des abus voire renferme en lui un risque de fraude fiscale (aggravée ?)“. Wobei diese Kommission jedoch anscheinend nicht allein über den Generaldirektor und für ihn geschaffene Vorteile ermittelte, sondern über Vergünstigungen für die gesamte Direktion.
Ein Bericht im Wort vom Mittwoch verlieh der Affäre eine zusätzliche Facette: Die Privatversicherer DKV/Lalux, Foyer und Axa legen offenbar schon seit Jahren beim Verwaltungsgericht Klage gegen Entscheidungen des Sozialministeriums ein, das die Aktivitäten der CMCM stets im Einklang mit ihrer staatlichen Zulassung fand. Die Klagen greifen das Geschäftsmodell der CMCM an, das unter Secci in der Tat in Richtung einer Konkurrenz mit den Privaten getrieben wurde. Das war und ist riskant: Als Mutualitäts-Kasse genießt die CMCM einen Sonderstatus. Ein Gesetz, das 2018 der damalige LSAP-Sozialminister Romain Schneider entwerfen ließ, sollte die 50 Jahre alte Rechtsbasis sämtlicher Mutualitätsvereine modernisieren, war jedoch in erster Linie für die Zusatz-Krankenkasse mit ihren 280 000 Mitgliedern gedacht (d’Land, 2.2.2018). Es nimmt sie von den europäischen Solvabilitäts-Regeln aus, denen Privatversicherer unterliegen. Vorausgesetzt, die CMCM kommt diesen nicht in die Quere. Wie die drei Versicherer und der Branchenverband Aca die Sache sehen, tut sie das aber.
Behauptete bisher nur der „besuergte Mutualist“, „Kamroden“ im Sozialministerium hielten die Hand über LSAP-Mitglied Fabio Secci, hat die Angelegenheit mit dem Bekanntwerden der Klagen der Versicherer endgültig eine politische Dimension erhalten. Auf Antrag der Grünen wird Gesundheits- und Sozialministerin Martine Deprez (CSV) sich am 20. März im zuständigen parlamentarischen Ausschuss zur CMCM äußern.