Bankgeheimnis

Rumgeeiere

d'Lëtzebuerger Land vom 10.05.2013

Jetzt scheint das Bankgeheimnis also endgültig tot zu sein. Wobei: Totgesagte leben ja bekanntlich etwas länger. Und so richtig „getötet” wurde es nun auch wieder nicht; die neue Offenheit soll ja nur für Ausländer gelten, die Konten in Luxemburg haben. Es ist auch noch nicht definitiv geklärt, welche Finanzeinkünfte auskunftspflichtig sein sollen.

Das Ende der Schwarzgeldzeit naht. Wer denkt da nicht an die traurig dreinschauenden Damen, die sich vor dem Postgebäude im Bahnhofsviertel die Füße platt stehen mit ihren Erwachet!-Broschüren. Bestimmt werden in den Luxemburger Banken schon seit Jahren ähnliche Prospekte mit anderem Inhalt herumgereicht: Erwachet, das Bankgeheimnis kommt weg! Erwachet, der automatische Informationsaustausch droht! Erwachet, die Erweiterung der Zinsrichtlinie steht vor der Tür!

Bis es so weit ist, wird noch ein bisschen „rumgeeiert”. Warum ich das schreibe? Nehmen wir die KBL, die sich heute KBL European Private Bankers nennt. Lange Zeit wurde nicht kommuniziert, man wusste auch, warum. Der interessierte Leser erinnert sich an die KB-Lux Affäre, bei der es um gestohlene Bankkontenangaben wohlhabender belgischer Kunden ging. Der Prozess wurde schließlich eingestellt, weil es noch Länder gibt – Deutschland gehört nicht dazu –, in denen man mit Diebesgut (die Kundenlisten hatten in der Tat auf unrechtmäßige Art den Besitzer gewechselt) keinen Prozess gewinnen kann. Zuletzt geriet die Bank in die Schlagzeilen, als sie nach langem Hin und Her von der katarischen Precision Capital aufgekauft wurde.

Jetzt möchte die Bank durchstarten, sich auf ihren Heimatmärkten – gleich neun an der Zahl – wieder etwas breit(er) machen und, ganz dem Zeitgeist entsprechend, ausschließlich auf eine saubere Kundschaft setzen. Seitenlang hat die Presse darüber berichtet und auch im Rundfunk kamen die Verantwortlichen zu Wort. Stich-wort „Onshorisation”, also Entwicklung von „Onshore”-Aktivitäten bei gleichzeiti-ger progressiver Einstellung des ehemals beliebten „Offshore”-Geschäfts. Jetzt

ist absolute Steuerehrlichkeit angesagt. Offiziell werden Neukunden nur noch angenommen, wenn die Bank mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen darf, dass die betroffenen Gelder auch richtig versteuert werden. Das nennt man Weißgeldstrategie, wie in der Schweiz.

Spannend oder witzig, je nachdem, wird es, wenn man die Bankoberen zu diesem Strategiewechsel befragt. Bei der KBL klingt das dann ungefähr so: Also, wir besitzen ohnehin deutlich weniger steuerflüchtige Kunden als unsere direkten Konkurrenten. Wir haben ja schon sehr früh die Zeichen der Zeit erkannt und uns umgestellt. Bei uns spielt unversteuertes Geld kaum noch eine Rolle. Natürlich gibt es noch ein paar Hartnäckige, die sich immer noch weigern, gegenüber ihrem Fiskus die eingeforderte Transparenz walten zu lassen. Nein, wir können leider nicht sagen, um wie viele Kunden es sich dabei handelt. Ja, wir reden in regelmäßigen Abständen mit ihnen und versuchen sie umzustimmen. Und so weiter und so fort.

Fast könnten einem die Tränen kommen bei soviel Engagement, Transparenz und Ehrlichkeit. Gleiches gilt für die Banken- und Bankervereinigung ABBL. „Wir sind jetzt raus aus der Schmuddel-Ecke“ hieß es am 26. April. Wie bitte? Schmuddel-Ecke? Da waren wir drin? Habe ich da etwas verpasst? Wenn Sie’s noch nicht wussten: Geld stinkt nicht, und schwarzes oder graues Geld riecht nicht wesentlich anders als weißes Geld.

Claude Gengler
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