Wunnkooperativen werden in Luxemburg nach wie vor nicht richtig verstanden. Dabei können sie ein wirksamer Beitrag zur Linderung der Wohnungskrise sein

Das verkannte Modell

d'Lëtzebuerger Land du 27.09.2024

„La pénurie de logements abordables et locatifs représente un des principaux défis auxquels le Luxembourg est confronté. La crise du logement constitue depuis des années la première préoccupation de nos citoyens.“ So steht es im Koalitionsvertrag der CSV-DP-Regierung. Zu Bekämpfung der Wohnungskrise schlägt sie unterschiedliche Strategien vor, etwa zur Dynamisierung des Bausektors, zur Unterstützung von Erstkäufer/innen und zur geplanten Grundsteuer. Etwas weiter unten findet man im Abschnitt „Formes alternatives de logements et de vie“, eingepfercht zwischen dem Vorhaben „Tiny Houses“ und „Co-Living“ zu unterstützen, den folgenden Satz: „La création d’un cadre légal spécifique pour les coopératives de logement et les communautés résidentielles sera analysée.“

Da stehen sie also, die Wohngenossenschaften, und werden in dem 209 Seiten langen Koalitionsvertrag immerhin mit einem halben Satz erwähnt. Dass dieses Modells unter den alternativen Wohnformen geführt wird, und dass es so spärlich präsent ist in einem Regierungsprogramm mitten in einer Wohnungskrise, lässt sich wohl nur so erklären: Wohngenossenschaften werden von der Luxemburger Politik seit Jahren fehlinterpretiert.

Was Wohngenossenschaften – oder „Wunnkooperativen“, wie sie unter Berücksichtigung der vorherrschenden politischen Ideologie eher genannt werden sollten, wenn sie eine größere Resonanz in der aktuellen Wohnungspolitik erfahren wollen – so wirkungsvoll macht, ist ihr Eigentums- und Finanzierungsmodell. Darin unterscheiden sie sich, anders als alternative Wohnformen, grundlegend von konventionellen Wohnmodellen. Ihre juristische Gesellschaftsform, die seit 1915 im Gesetz als „société coopérative“ festgeschrieben ist, gibt dabei weder eine Architekturtypologie noch einen Wohnalltag vor. Einfamilienhaus-Siedlungen, Mehrfamilienhäuser und sogar Tiny-House-Siedlungen können ebenso gut genossenschaftlich oder „kooperativ“ organisiert und verwaltet werden wie gemeinschaftliche Wohnprojekte.

Wunnkooperativen bieten einen „dritten Weg“, auf dem den Bewohner/innen als Mitglieder der Kooperative eine bipolare Rolle zukommt: Sie sind Mieter/innen im eigenen Haus. Wunnkooperativen gibt es weltweit. Sie variieren nicht nur in ihrer Wohnform und Architektur, sondern auch je nach Größe, nationalem Kontext und geltender Gesetzgebung sowie nach ihren hauseigenen Statuten, und damit auch in ihrer Auswirkung auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Das ursprüngliche Modell kann als emanzipatorischer Akt der Selbsthilfe durch eine kooperative Ökonomie beschrieben werden. Zur Gründung einer Kooperative tun sich unterschiedliche Mitglieder (meist Wohnungssuchende) zusammen. Sie formulieren ihre Satzung und gründen die Gesellschaft. Aus gemeinsamen finanziellen Mitteln realisieren Wunnkooperativen anschließend Wohnprojekte, in die die Mitglieder einziehen können. Der gesamte Wohnraum bleibt Eigentum der Kooperative und kann nicht in Einzeleigentum für die Mitglieder umgewandelt werden. Ihnen steht jedoch sowohl ein Nutzungsrecht – also ein (lebenslanges) Wohnrecht in der ihnen zugewiesenen Wohnung – als auch ein Mitbestimmungsrecht in der Kooperative zu. Anders als bei anderen Gesellschaftsformen gilt bei den meisten Kooperativen das Prinzip one person, one vote: Die Entscheidungsmacht der Mitglieder wird nicht durch die Höhe ihrer Anteile bestimmt, Beschlüsse unterliegen somit einer horizontalen Hierarchie.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Wunnkooperativen gegenüber konventionellen Wohnmodellen besteht darin, dass sie grundsätzlich nicht auf die Erwirtschaftung von Profiten ausgerichtet sind. Unternehmensziel einer Wunnkooperative ist die Versorgung ihrer Mitglieder mit bezahlbarem Wohnraum. Der not-for-profit-Grundsatz sorgt dafür, dass der Wohnraum von Wunnkooperativen im Vergleich zum freien Wohnungsmarkt bezahlbarer ist. Das äußert sich unter anderem in der Mietkalkulation: Die wohnenden Mitglieder zahlen eine „Kostenmiete“, die sich aus den tatsächlich anfallenden Kosten für den Wohnraum zusammensetzt. Da Profite entfallen, die in die meisten Marktmieten eingerechnet und anschließend von den Abnehmer/innen bezahlt werden, ist die Kostenmiete zwangsläufig günstiger.

In ihrer Kombination befähigen die drei Prinzipien Selbstverwaltung, kooperatives Eigentum und Abwesenheit profitorientierter Motivationen Wunnkooperativen dazu, dekommodifizierten und langfristig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dass es sich bei diesem Wohnraum auch um alternative Wohnformen handeln kann, spielt eine eher untergeordnete Rolle, auch wenn das Zusammenspiel der drei Prinzipien in der Tat häufiger dazu führt, dass Wunnkooperativen auf gemeinschaftliche Wohntypologien (und somit auch raumeffizientere Wohnraumplanung) zurückgreifen als konventionelle Anbieter/innen und Einzeleigentümer/innen. Zum einen lassen sich gemeinschaftlich genutzte Räume leichter umsetzen, wenn sie nicht in Einzeleigentum verrechnet und umgewandelt werden müssen. Zum anderen wird die Planung des Wohngebäudes nicht von den Einzelinteressen der Bewohner/innen geleitet, sondern von den Einheitsinteressen der Kooperative. Dadurch lassen sich beispielsweise auch flexible Wohntypologien leichter umsetzen, mit denen auf die Veränderungen von Haushaltskonstellationen reagiert werden kann. Allgemein bauen Wohngenossenschaften mit besonders hoher architektonischer Qualität. Wer sich die Architekturpreise für Wohnungsbauten der letzten Jahre anschaut, wird überrascht sein, wie viele davon von Wunnkooperativen errichtet wurden.

Neben ihrer architektonischen Qualität und den positiven Auswirkungen auf ihre Nachbarschaften können sie jedoch vor allem – und das ist zurzeit sicherlich relevanter – einen substanziellen Beitrag zur Linderung von Wohnungskrisen leisten. Das wurde in einigen Ländern ausreichend belegt.

Die ersten Wohngenossenschaften entstanden in Europa bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Sie waren für Arbeiter/innen eine Möglichkeit, der Wohnungskrise der Industrialisierung entgegenzuwirken. Auch in Luxemburg wurde das Modell zu jener Zeit diskutiert. Das erste wohnungspolitische Gesetz von 1906 hielt fest, dass neben privaten Erstkäufer/innen und gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften auch Baugenossenschaften auf die sogenannten „billigen Kredite“ zurückgreifen konnten. In einer überarbeiteten Version des Gesetzes wurde hinzugefügt, dass sie von staatlich finanzierten Bauprämien Gebrauch machen konnten, die zehn Prozent der Bausumme bezuschussten. 1920 gründete sich dann die erste Wunnkooperative des Landes. Die 32 Mitglieder, von denen der Großteil als Maurer und Zimmererleute tätig war, nannten ihre Kooperative „Le Progrès“ und konnten mit der finanziellen Unterstützung der Stadt Luxemburg, der Arbed und der Industriegesellschaft Terres Rouges 17 Einfamilienhäuser im Val Sainte Croix in Luxemburg-Stadt errichten. Zwei Jahre nach der Gründung wurde die finanzielle Hilfe eingestellt, die Kooperative liquidiert und ihr gesamter Wohnraum zum Einkaufspreis an die Stadt verkauft.

Welches (langfristige) Potenzial in Wunnkooperativen steckt und welche Auswirkungen sie Jahre nach ihrer Gründung auf die Wohnungslandschaft haben können, zeigen etliche Beispiele aus dem Ausland. In der Schweiz etwa gründeten 15 Arbeiter/innen im Jahr 1916 die „Allgemeine Baugenossenschaft Zürich“ und begannen kurz darauf mit dem Bau von fünf Reihenhäusern. Heute besitzt die älteste Wunnkooperative Zürichs 5 052 Wohnungen, deren Mieten mit im Durchschnitt 13 Schweizer Franken pro Quadratmeter deutlich unter den Marktmieten der Stadt liegen (aktuell durchschnittlich 20 Franken pro Quadratmeter).

Im direkten Vergleich dazu: Der Wohnungsbestand der Wohnungsbaugesellschaft SNHBM, die etwa zur gleichen Zeit (1919) in Luxemburg unter dem damaligen Namen „Gemeinnützige Anonyme Baugesellschaft für billige Wohnungen“ gegründet und in den 1950-er Jahren zur nationalen Gesellschaft wurde, besteht zurzeit landesweit aus 532 Mietwohnungen.

Wie kann es sein, dass eine von 15 Arbeitern in Eigeninitiative und mit dem Ziel der Selbsthilfe gegründete Wunnkooperative ein Jahrhundert später einen zehnmal höheren Wohnungsbestand aufweisen kann, als eine Wohnungsbaugesellschaft, die von Staat, Gemeinden, Rentenkasse und Spuerkeess finanziert wird? Die Antwort hat zwei Aspekte, die beide die ökonomische Nachhaltigkeit von Maßnahmen und Konzepten zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum absichern.

Erstens verfolgen vor allem gemeinnützige Wunnkooperativen eine klare Wachstumsstrategie. Sie besteht darin, den Wohnungsbestand kontinuierlich zu erweitern – auch nachdem die Wohnbedürfnisse der Gründungsmitglieder befriedigt sind: Nach der vollständigen Tilgung des Immobilienkredits wird die Kostenmiete für die Wohnungen nicht gesenkt, sondern im Betrag unverändert weiter erhoben. So erwirtschaftet die Kooperative einen Überschuss, mit dem sie weitere Wohnprojekte realisieren kann. Es entsteht ein Schneeballeffekt, durch den Wunnkooperativen ihren Bestand an Wohnraum exponentiell steigern können.

Zweitens ist der Wohnraum von Kooperativen prinzipiell gegen Privatisierung geschützt. Einen ersten Schutz gewähren Gesetze sowie die Satzungen der Kooperativen. Diese können beispielsweise vorgeben, dass der Wohnraum nicht auf dem freien Markt veräußert werden kann. Einen zusätzlichen Schutz bilden die Mitglieder der Kooperative. Über eine Privatisierung der Immobilie müssen sie sich einig werden. Dass das nur selten passiert, kann neben ideologischen Motivationen auch durch die bipolare Rolle der Mitglieder erklärt werden: Es besteht für sie wenig Anreiz, den Wohnraum zu verkaufen, den sie selbst bewohnen.

Um zu erkennen, welche Auswirkungen ein solcher doppelter Schutz gegen Privatisierung haben kann, genügt ein kurzer Blick zurück. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden öffentliche Immobilien europaweit im großen Stil privatisiert. Der damals vorherrschende politische Zeitgeist sah die Wohnungskrise der Nachkriegszeit als gelöst an. Auf Wohnungsbeihilfen oder sozialen Wohnungsbau mussten nur noch wenige Haushalte zurückgreifen. Welchen Grund hätte es also für die öffentliche Hand gegeben, ihre Immobilien zu behalten? Heute können wir feststellen, dass Wohnungskrisen sich zum einen immer wieder verschärfen oder neu ausbrechen, und dass es zum anderen jene Immobilien (Wohnungen und Grundstücke) sind, die der öffentlichen Hand nun fehlen, um eine Handlungsmacht in der aktuellen Krise zu erlangen. Wunnkooperativen sind als private Gesellschaften vor solchen kurzsichtigen politischen Entscheidungen eigentlich geschützt, können jedoch stark von ihnen beeinflusst werden. In einigen Ländern wurden diese Kooperativen im Liberalisierungszeitalter dereguliert. Der Wegfall des juristischen Schutzes hatte zum Teil gravierende Folgen. In Norwegen beispielsweise wurde in den 1980er Jahren sämtlicher kooperative Wohnraum, der seit Beginn des 20. Jahrhunderts mühsam aufgebaut worden war, von gesetzlichen Regelungen entbunden. Seither können dort einzelne Wohnungen von Kooperativen ebenso frei auf dem Markt gehandelt werden wie Eigentumswohnungen.

In Luxemburg besteht zurzeit nur eine Wunnkooperative. AdHoc hatte sich 2016 gegründet, hat es aber auch acht Jahre später noch nicht geschafft, ein Wohnprojekt zur realisieren. Mit ihrem Projekt am Réimerwee im Stadtteil Kirchberg stand die Kooperative 2019 kurz davor. Es scheiterte unter anderem daran, dass der Eigentümer des Grundstücks (der Fonds de Kirchberg) die laut Vertrag auf
99 Jahre angesetzte Erbpacht nicht in jährlichen Tranchen, sondern auf einen Schlag ausgezahlt bekommen wollte. Die stolze Gesamtsumme von circa vier Millionen Euro konnte die Kooperative nicht aufbringen. Und so verschwanden die Baupläne für das 1 500 Quadratmeter große Wohnprojekt in der Schublade. Die Wunnkooperative hatte über die Jahre das erarbeitet, was die Wohnungspolitik nun bereits für die zweite Legislaturperiode im Koalitionsvertrag einer Regierung stehen hat: Ihre Mitglieder besuchten Projekte von Wohngenossenschaften im Ausland, arbeiteten eine komplette Satzung aus und verhandelten mit Politiker/innen und anderen Entscheidungsträger/innen. Alles auf freiwilliger Basis.

Heute sind die meisten Mitglieder von AdHoc müde. Einige von ihnen bewohnen mittlerweile Eigentumswohnungen, andere haben sich auf einem Grundstück in Bonneweg niedergelassen, das in einem Wettbewerbsverfahren von der Stadt Luxemburg an Baugruppen ausgeschrieben wurde. Immer mal wieder gibt es Neuigkeiten von der Wunnkooperative. Ende 2020 erlangte sie beispielsweise den gemeinnützigen Status einer Société d’impact sociétal (SIS). Diesen Gesellschaftszusatz „Sozialunternehmen“ können in Luxemburg sämtliche Gesellschaftsformen (SA, SÀRL, SÀRL-S und eben auch SCOP) beantragen. Dazu müssen die Unternehmen sich an einen Katalog von Vorgaben halten (beispielsweise Reglungen zu Dividenden) und erhalten im Gegenzug Vorteile, wie Steuervergünstigungen.

Interessant für Unternehmen, die sich der Schaffung von Wohnraum widmen, wird der SIS-Zusatz vor allem durch das damit verbundene Anrecht auf die „Aides à la pierre“. Dabei handelt es sich um eine Beteiligung des Staates an den Kosten für Bau, Planung und gegebenenfalls Erwerb des Grundstücks zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Im aktuellen Gesetz Loi modifiée du 7 août 2023 relative aux logements abordables werden SIS-Unternehmen als „promoteur sans but de lucre“ definiert und können somit von der Förderung Gebrauch machen. Über etliche Umwege und eine Bastelei aus unterschiedlichen Gesetzen und Gesellschaftsformen können sich gemeinnützige Wunnkooperativen als SCOP SIS heute eine 75-prozentige Kostenübernahme des Staates für die Errichtung ihrer Wohnungen sichern.

Ein kurzer Blick auf diese komplexe juristische Tüftelei macht jedoch deutlich, dass die Gesetze nicht auf Wunnkooperativen zugeschnitten sind. Das lässt sich neben vielen offenen Fragen (beispielsweise bezüglich der Eintragung des Wohnraums in das nationale Register für bezahlbaren Wohnraum, Renla) auch daran erkennen, dass einige Gesetzeslücken bestehen. Ein Beispiel ist die temporäre Bindung, die mit den „Aides à la pierre“ für SIS-Unternehmen einhergeht. Nach aktueller Rechtslage sind diese Unternehmen an bestimmte Bedingungen für Mietkalkulation, Wohnungsbelegungen und Verkaufsoptionen gebunden. Nach Ablauf von 40 Jahren laufen diese Bindungen jedoch aus. Theoretisch ist es einer SCOP SIS daher möglich, mit 75-prozentiger Beteiligung vom Staat Wohnraum zu errichten und ihn 40 Jahre später mit extrem hohem Gewinn zu verkaufen.

Dass diese Gesetzeslücken bestehen, liegt wahrscheinlich an einem Mangel an Erfahrungen mit Wunnkooperativen. Vielleicht aber auch am Trial-and-Error-Ansatz, der in der Luxemburger Wohnungspolitik gerne praktiziert wird: Erstmal schnell reagieren; wenn es später Probleme gibt, justieren wir nach. So etwa bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke in Erbpacht, die bis 2008 kein Vorkaufsrecht für die öffentliche Hand vorsah. Einige Haushalte konnten damals (stark) vergünstigt öffentliche Immobilien erwerben, die sie heute auf dem freien Wohnungsmarkt verkaufen können. Die zyklische Natur von Wohnungskrisen verdeutlicht jedoch, dass sich in der Wohnungspolitik vor allem langfristige Strategien bewähren. Oder mit anderen Worten: Wer mit öffentlichen Geldern den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtert bekommt, der sollte auch tatsächlich nicht die Möglichkeit haben, diesen Wohnraum später mit Gewinn zu verkaufen, auf diese Weise die freie Wohnungsmarktwirtschaft zu füttern und die Wohnungskrise weiter zu verschärfen.

Solche Fehler bei der Ausarbeitung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Wunnkooperativen in Luxemburg heute schon zu antizipieren, darin besteht die echte Chance für die Wohnungspolitik. Neben einer langfristigen Sicherung des Wohnraums der Kooperativen vor einem Verkauf oder einer Vermietung auf dem freien Markt sollte die Politik auch konkrete Reglungen zur Expansion des Wohnraums juristisch einbetten. Eine 75-prozentige Beteiligung mit öffentlichen Geldern ist möglicherweise angebracht, wenn damit dauerhaft und langfristiger Wohnraum für eine Gruppe an Menschen und deren Kindern entsteht. Besonders wirkungsvoll wird das, wenn der Wohnraum konstant erweitert wird. Vorausgesetzt, die Politik handelt jetzt umsichtig, könnten die 75 Prozent eine fruchtbare Förderung privat geführter Wohnungsunternehmen darstellen, die langfristig verpflichtet sind, bezahlbaren Wohnraum nicht nur zu erhalten, sondern auch kontinuierlich neuen zu schaffen. Kurzum: Für die Politik eine lohnende Investition. Für die Bewohner Engagement im Tausch gegen bezahlbaren Wohnraum.

Wenn die Wohnungspolitik die Mechanismen von Wunnkooperativen erst einmal versteht, wird sie erkennen, dass diese Investitionen auch zu einer Entlastung (oder zumindest einer Unterstützung) des öffentlichen Wohnungsbaus führen können. Beginnen muss sie jetzt allerdings erst einmal damit, die landesweite Aufklärung über und die Umsetzung von Wunnkooperativen in ihrer Dringlichkeit zu verstehen und die Tragweite dieses Wohnmodells zu erfassen. Sie wird Wunnkooperativen anschließend hoffentlich nicht länger als Nischenprojekte der „formes alternatives de logements et de vie“ fehlinterpretieren, sondern sie als das anerkennen, was sie tatsächlich sein können: bedeutende Protagonisten für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zur Bekämpfung der Wohnungskrise sowie für den Erhalt und die Vermehrung dieses Wohnraums zur Eindämmung kommender Wohnungskrisen.

Erfreulicherweise ist vor Kurzem das Interesse an Wunnkooperativen in Luxemburg etwas lauter geworden. Sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene werden derzeit erste konkrete Gespräche geführt. Daran wird sich zeigen, wer sich tatsächlich langfristig und zielführend engagiert, um die Entstehung von Wunnkooperativen voranzutreiben und umzusetzen.

Céline Zimmer ist Architektin und Forscherin. Sie hat 2023 an der Universität Luxemburg zum Thema

Céline Zimmer
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