Für die ADR stellt sich im Südbezirk die Frage, ob sie nach dem Parteiaustritt des Abgeordneten Aly Jaerling ihren zweiten Sitz zurückerobern kann und wer ihn bekommen wird. Während Jaerling derzeit noch immer verzweifelt einen Listenplatz bei irgendeiner Partei sucht, die ihm ein Mandat und die damit verbundenen Diäten sichern könnte, versprechen die Tageblatt-Umfragen der ADR wieder zwei Sitze im Süden.
Hoffnungen auf Jaerlings ADR-Mandat scheint sich Fernand Kartheiser zu machen. Denn als Präsident der Association des hommes du Luxembourg (AHL) ist der ranghohe Diplomat aus Sprinkingen der einzige auf der am vergangenen Freitag ver-abschiedeten Liste, der es neben Gast Gibéryen zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht hat. Der antifeministische Verein AHL hatte im März vergangenen Jahres ein Kooperationsabkommen mit der ehemaligen Rentenpartei ADR unterzeichnet. Neben Kartheiser kandidiert auch AHL-Vorstandsmitglied Pascale Fournel, Hilfskrankenpflegerin aus Schifflingen, für die ADR im Süden.
Kartheisers Anspruch streitig machen könnte bestenfalls die Studien-rätin Tania Gibéryen, die 2004 als erste Ersatzkandidatin hinter Jaerling gewählt worden war und ihren Vater bereits im Frisinger Gemeinderat ersetzt. Allerdings dürfte von Vater und Tochter nur einer das Parlamentsmandat annehmen. An die Öffentlichkeit getreten ist ansonsten lediglich die Staatsbeamtin und Monnericher Gemeinderätin Michèle Boz-Retter, die Sprecherin des Elternverbands Fapel.
Die Schwachstelle der Liste ist, dass nur ein halbes Dutzend Kandidaten von 2004 erneut antreten und gerade drei Kommunalpolitiker aufgeführt werden können – die Kandidaten also weitgehend unbekannt sind. Aber für eine Partei, deren Wähler sich oft aus einem Ressentiment für sie entscheiden, ist die Bekanntheit der einzelnen Kandidaten nicht das Wichtigste. Die ADR hatte 2004 im Süden nur ein Viertel persönliche Stimmen erhalten gegenüber der Hälfte bei anderen Parteien.
Auch die am Mittwoch verabschiedete Zentrumsliste ist zu fast drei Vierteln erneuert. Es fehlen unter anderem der Zweit- und der Dritt-gewählte von 2004, der für seinen Bauauftrag am „Pei-Museum“ streitende ehemalige Stadtrat Fernand Zeutzius und der ehemalige Abgeordnete Fernand Greisen, die wenigstens einige persönliche Stimmen erhalten hatten.
Was dem einen neuen starken Mann der Partei, Fernand Kartheiser, im Süden nicht gegönnt war – Spitzenkandidat neben dem austre-tenden Abgeordneten zu werden, um sich für sein erstes Mandat zu bewerben – darf der andere neue starke Mann, Generalsekretär Roy Reding, im Zentrum: zusammen mit dem Abgeordneten und Stadtrat Jacques-Yves Henckes eine Doppelspitze bilden. Die Tageblatt-Umfragen räumen der ADR Chancen ein, im Zentrum den 2004 verlorenen zweiten Sitz zurückzubekommen, und das ehemalige LSAP-Mitglied Reding ist neben dem ehemaligen DP-Mitglied Henckes der einzige halbwegs bekannte Kandidat der ganzen Liste. Daneben kandidiert die Präsidentin der Unabhängigen Aidshilfe, Marceline Goergen, und aus dem Vorstand der AHL bewirbt sich die Lateinlehrerin Claire Miltgen.
Die Zentrumsliste der ADR hat die meisten Frauen, die meisten Beschäftigten der Privatwirtschaft und die jüngste Kandidatin aller Parteien und Bezirke. Das ist natürlich einfacher für eine Partei, der es an altgedienten Prominenten fehlt. Aber es zeigt, wie populär die Kandidatenlisten der populistischen Partei im Vergleich zu denjenigen anderer Parteien inzwischen aussehen.