DP-Kandidaten

Casting-Show im Atelier

d'Lëtzebuerger Land vom 29.01.2009

Die Parteimitglieder standen Spalier im Halbdunkel des Hollericher Konzertsaals Atelier. Parteipräsident Claude Meisch, das Funkmikrofon ums Kinn geklemmt, stolzierte als gut gelaunter Entertainer mit seinen Stichwortkärtchen über die Bühne und rief die erste Kandidatin auf. Für einige Sekunden steigerte das mar­tialische Umpf-umpf-umpf-Getrommel die Spannung ins Unerträgliche, dann rief Meisch: „Martine Jeitz, Lehrerin in Düdelingen“, und sie eilte im Scheinwerferlicht zur Bühne.

So überspielte die DP am Montag bei der Vorstellung der Kandidatenlisten mit Showbizz ihr Dilemma: Wie kann man sich gleichzeitig personell erneuern und landbekannte Kandidaten aufstellen? Deshalb verzichtet sie auch auf Spitzenkandidaten in den einzelnen Bezirken und stellt den ganzen Wahlkampf in den Dienst ih­res nationalen Spitzenkandidaten, Claude Meisch, der so auch zum Programm wird.

Am meisten leidet die DP im Norden unter ihrem Dilemma. Die Erstgewählten von 2004, Charles Goerens und Emile Calmes, treten nicht mehr an. Ohne die vielen persönlichen Stimmen von Goerens läuft die Partei sogar Gefahr, ihren zweiten Sitz zu verlieren. Goerens, der sich ins Straßburger Exil wählen lässt, lobte Spitzenkandidat Claude Meisch am Montag grotesk übertrieben. Doch als er versprach, dass die ganze Partei geschlossen hinter Meisch stehe, applaudierten die Mitglieder erlöst. Nur drei Nordkandidaten von 2004 versuchen ihr Glück abermals, der Abgeordnete und Bürgermeister von Fehlen, Fernand Etgen, die Staatsrätin Agny Durdu und der Erpeldinger Schöffe André Bauler. Mit dem Erpeldinger Bürgermeister François Dahm und den Schöffen Marco Koeune aus Harlingen, Mike Poiré aus Mertzig und dem Fernsehjournalisten Marc Hansen aus Useldingen demonstriert die DP kommunalpolitische Stärke.

Im Vergleich dazu tritt die DP im Osten mit einer gegenüber 2004 wenig veränderten Liste an. Auch wenn der Remicher Bürgermeister und ehemalige Abgeordnete Jeannot Belling nicht mehr zurück ins Parlament will. Dafür kandidieren der Abgeordnete und ehemalige Minister Carlo Wagner sowie die Mon­dorfer Bürgermeisterin und ehemalige Abgeordnete Maggy Nagel. Die im Osten so wichtige kom­munalpolitische Verankerung sollen die Schöffen An­dré Hartmann aus Ech­ternach und René Sertznig aus Grevenmacher sowie der Junglinster Gemeinderat Gilles Baum demonstrieren. Den Part des RTL-Prominen­ten übernimmt der aus den Verkehrsdurchsagen bekannte, pensionierte Polizeikommissar Armand Jaminet. Zusammen sollen sie den 2004 an die Grünen verlorenen Sitz zurückgewinnen.

Wer 2004 im Süden nicht unter die ersten Sieben kam, darf nicht wieder kandidieren. Neben Meisch versuchen der Abgeordnete Eugène Berger und die ehemaligen Abgeordneten Gusty Graas, Marco ­Schroell und John Schummer wieder ihr Glück. Der Erstgewählte von 2004, Ex-Minister Henri Grethen, wird durch seinen Neffen, den 36-jährigen Sparkassenbeamten Bob Grethen, ersetzt. Meisch und Rob Roemen aus Leudelingen sind die einzigen Bürgermeister auf der Liste, Léon Lentz aus Niederkerschen und Gilbert Welter aus Petingen die einzigen Schöffen. Dafür bringt die Partei im Süden fast ein Dutzend Gemeinderäte auf, wie Eric Cillien aus Differdingen, Daniel Frieden aus Stein­fort, Max Hahn aus Dippach, Alfred Klopp aus Ma­mer, Pim Knaff aus Esch-Alzette, Patrick Krings aus Kayl und Chris­tiane Saeul aus Differdingen. Den obligaten Sportler gibt der Radrennfahrer Benoît Joachim ab, zufällig bei Continental Cycling Team Differdange. 2004 hatte die DP im Süden zwei ihrer vier Sitze verloren, und laut Tageblatt-Umfragen stehen die Aussichtens schlecht, dass sie sie zurückgewinnen kann.

Aber im Süden spielte die DP noch nie eine bedeutende Rolle.Das Zentrum mit seinen vielen Beamten, Angestellten, Geschäftsleuten und Freiberuflern ist der wichtigste Bezirk für die DP, die dort 2004 die Hälfte ihrer Parlamentssitze gewann. Deshalb sieht ihre Zentrumsliste weniger nach personeller Erneuerung aus als nach verdienten Parteiveteranen, bis hin zu den beiden Letztgewählten von 2004. Auch wenn die DP auf den Drittgewählten von 2004, den 2006 zurückgetretenen Abgeordneten Niki Bettendorf, verzichten muss. Dafür kandidieren die Abgeordneten Xavier Bettel, Anne Brasseur, Colette Flesch, Paul Helminger, Alexandre Krieps, die derzeitige Europaabgeordnete Lydie Polfer und die ehemalige Abgeordnete Simone Beissel erneut. 

Die Bürgermeister von Walferdingen und Mersch, Guy Arendt und Albert Henkel, der Schöffe Frank Cola­bian­chi aus Batringen und die hauptstädtischen Gemeinderäte Clau­dine Als, Colette Mart und Claude Radoux sowie die Gemeinderäte Guy Daleiden aus Steinsel, Joëlle Elvinger aus Walferdingen, Claude Lamber­ty aus Howald und Nicolas Welsch aus Schüttringen demonstrieren im Zentrum kommunalpolitische Präsenz. Es fehlt nicht nur der nun parteilose ehemalige Fraktionssprecher Jean-Paul Rippinger, sondern auch der ehemalige CGFP-Staatssekretär Jos Schaack; wie auch sein Gewerkschaftskollege Jean-Claude Fandel nicht mehr im Südbezirk antritt. Die unvermeidliche Sportlerin stellt Tennisprofi Anne Kremer, und auch DP-Generalsekretär Georges Gudenburg versucht den Sprung ins Parlament.

Romain Hilgert
© 2024 d’Lëtzebuerger Land