Es gibt Gesetze, die das neue Parlament noch dieses Jahr verabschieden muss. Den provisorischen Staatshaushalt bis April 2024 natürlich, damit es keinen government shutdown gibt. Folgen hätte es aber auch, wenn die Erhöhung der CO2-Steuer nicht bis Jahresende Gesetz wird. DP-Finanzministerin Yuriko Backes reichte dazu am 4. August einen Gesetzentwurf in der Kammer ein. Er sieht vor, dass die Steuer, wie seit 2021, auch in den nächsten drei Jahren um jeweils fünf Euro pro CO2-Tonne steigt. Dieses Jahr liegt sie bei 30 Euro die Tonne. 2026 soll sie bei 45 Euro ankommen.
Die Handelskammer gab dazu diese Woche ihr Okay. Die Staatsbeamtenkammer äußerte sich, als die erste von Gewerkschaften getragene Berufskammer, schon Ende Oktober – vehement negativ: Sie sei „gegen“ die CO2-Steuer. Die diene lediglich dazu, die „cagnotte de l’État“ zu füllen. Ihr Nutzen für die Umwelt sei nicht erwiesen, ihre Auswirkung auf Leute mit bescheidenem Einkommen hingegen sehr wohl. Sogar der „Mëttelstand“ leide unter den gestiegenen Energiepreisen, vor allem wenn er einen Verbrenner-PKW fahre.
Dabei ist, die CO2-Steuer fortschreiben zu wollen, kein Ausdruck grüner Ideologie. Sondern soll eine EU-Ausnahme nutzen: Staaten, die bis Ende dieses Jahres dafür sorgen, dass 2026 bei ihnen ein nationaler CO2-Preis von 45 Euro die Tonne gelten wird, können diesen Preis bis 2030 beibehalten. Wer bis Jahresende keine solche Regeln in Kraft setzt, muss ab 2027 mit einem EU-CO2-Preis für die Bereiche „Transport“, „Gebäude“ und „Brennstoffe in bestimmten Industriezweigen“ umgehen. Entstehen würde dieser Preis durch einen Handel mit CO2-Lizenzen, der für die drei Bereiche 2027 anlaufen soll. Ähnlich wie im schon seit 20 Jahren bestehenden Emissionshandel für die besonders CO2-intensive Industrie würde ein Teil der Lizenzen versteigert. Eine dieses Jahr in Kraft getretene EU-Richtlinie legt fest, dass der Preis bei 45 Euro pro Tonne anfangen soll. Und anschließend dem Jahresmittel jener Preise entspricht, die bei der Versteigerung der Lizenzen bezahlt werden: Von Petrolfirmen, die Tankstellen betreiben und Heizöl verkaufen; von Energieversorgern, die Gas verkaufen, von Kohlehändlern, die Industrien beliefern, sofern das noch geschieht. Manche Experten schätzen, dass die Lizenzen rasch so knapp werden könnten, dass der Preis pro Lizenz schnell auf 200 Euro oder mehr steigt. Er schlüge auf alles durch, was in Transport, Gebäuden und der kleineren Industrie an fossilem Material verbrannt wird.
Dass die Handelskammer die Gelegenheit nutzt, um die „Preiswahrheit“ vom Markt her noch etwas aufzuschieben, während die Beamtenkammer verbissen gegen die Steuer überhaupt opponiert, ist auch Ausdruck davon, dass eine Art Klassenkampf sich abzeichnet, auf jeden Fall ein Ringen um Einfluss auf die große Politik, wenn es um die weitere Ausdeutung von Klimaschutz und Energie-Transition geht. Die Unternehmerverbände gehen dabei geschickter vor als die Gewerkschaften. Via Handelskammer finden sie die Fortschreibung der Steuer nur im Prinzip gut. Im Detail haben alle ihre eigenen Forderungen. Die Fedil etwa möchte, dass Industriebetriebe Innovationen für Energieeffizienz und weniger Emissionen von der CO2-Steuer absetzen können. Die Straßentransportlobby wünscht sich aus den CO2-Steuereinnahmen des Staates mehr Subventionen für Null-Emissions-LKW: In Deutschland gebe es mehr, Luxemburger Spediteure könnten hinter die Mosel abwandern.
Sofern die Gewerkschaften keinen aufgeklärteren Ansatz zur politischen Realität im Klimaschutz finden, bleiben die Sorgen der Menschen und ihre Fragen um Heizungsersatz, Häusersanierung und Elektromobilität der neuen Regierung überlassen. Das muss nicht schlecht sein. CSV und DP hatten im Wahlkampf Ankündigungen gemacht, wollten „no bei dir“ sein oder Klimaschutz „net géint d’Bierger“ machen. Aber #Luc wusste schon: Die Energie-Transition „kascht ganz vill Suen“. Was daraus folgen soll, wird erst dem Koalitionsvertrag und der Regierungserklärung des neuen Premiers zu entnehmen sein. Und der Praxis danach. Für viele Debatten bleibt keine Zeit mehr, ehe, womit zu rechnen ist, das CO2-Steuergesetz in ein paar Wochen zusammen mit dem Vier-Zwölftel-Budget durchs Parlament bugsiert wird.