Heute loben wir den christlichen Staat. Wie unfähig die neue Regierung ist, können wir klar und deutlich am Wetter ablesen. Seit diese erbärmlichen Amateure im Amt sind, bewegt sich unser Land wettermäßig sozusagen auf den Abgrund zu. Stand nicht früher zur Aufmunterung der Wählerschaft regelmäßig eine schöne weiße Weihnacht auf dem Programm? Und? Haben Sie diesmal zu Jesu Geburt eine einzige Schneeflocke gesichtet? Nein. Das kommt davon, wenn man den lieben Gott aus dem öffentlichen Leben vertreiben will. Da packt der liebe Gott doch glatt seine Naturgesetze wieder ein und lässt uns mit dem Gambia-Wetterchaos allein.
Was haben sie nicht alles versprochen, unsere frisch gekürten Scharlatane! Den gesellschaftlichen Wandel haben sie in Aussicht gestellt, dabei weiß jedes Kind, dass eine geordnete und harmonische Meteorologie praktisch das Fundament jeder Erneuerung ist. Und was müssen wir erleben? Die neue Regierung hat das Wetter überhaupt nicht im Griff. Gibt es in dieser zusammengewürfelten Truppe überhaupt einen einzigen Wetterspezialisten? Nein. Wurden wenigstens die Wetterdienste aufgerüstet, die Windmessstationen neu bestückt? Nichts dergleichen. Auf eine geradezu fahrlässige Weise lässt diese Regierung das Wetter wildern. Weit und breit nicht der geringste Versuch, diese seit Wochen andauernde, nasskalte Sauerei wenigstens ein bisschen zu zähmen. Diese Minister und Staatssekretäre haben offenbar von einer grundlegenden Wetterreform noch nie etwas gehört. Sie wurschteln drauflos, und wir armen, wettergeschädigten Bürger dürfen uns mit unseren klimatisch bedingten Neurosen herumplagen.
Statt sich mit dem nationalen Wetter konstruktiv und kreativ auseinander zu setzen, hauen die Regierungsmitglieder einfach ab in ferne Regionen mit idealen Wetterverhältnissen. Ist es nicht höchst empörend, dass sich eine Staatssekretärin ohne Vorwarnung in ein zertifiziertes Schneegebiet verkrümelt? Statt vor Ort zu bleiben und sich wenigstens symbolisch zu solidarisieren mit der unter krasser Schneearmut leidenden einheimischen Bevölkerung? Diese Dame ist nichts als ein staatlich privilegierter Wetterflüchtling, so viel steht fest. Und dabei reist sie auch noch im staatlichen Dienstwagen, den wir Steuerzahler trotz der desaströsen Wetterlage in Luxemburg großzügig finanzieren! Allein dieser Rückgriff auf ein Staats-vehikel ist, wie es ein hellsichtiger Kommentator auf RTL.lu schreibt, „viel schlimmer als die Bombenlegeraffäre“. Das können wir nur heftigst unterschreiben. Wir würden es noch weit weniger wählerisch formulieren: Dieser Abstecher mittels Staatskarosse ist viel schlimmer als Tschernobyl und Fukushima und der Tsunami am Strand von Phuket, was sagen wir, viel vernichtender als der Erste und der Zweite Weltkrieg zusammengenommen. Es ist, lassen wir die Katze aus dem Sack, der Inbegriff des abscheulichen Staatsverbrechens. Daher sollte diese Staatssekretärin schleunigst zurücktreten. Wir fordern sofortige Neuwahlen! Wir möchten Herrn Juncker zurück, unseren großen europäischen Wetterkünstler. Wir möchten wieder in den Genuss einer christlich untermauerten Wetterlage kommen.
Sogar auf Herrn Juncker, der ja ein robuster und höchst widerstandsfähiger Bursche ist, wirkt sich das desaströse Gambia-Wetter verheerend aus. Wie mehrere Abgeordnete unabhängig voneinander berichten, vertreibt sich Herr Juncker im Parlament streckenweise die Zeit mit dem Lösen von Kreuzworträtseln. Wir sollten uns hüten, hier sofort einen Verstoß gegen den Deontologiekodex zu wittern und von einer öffentlich zur Schau gestellten Arbeitsverweigerung zu reden. Denn wer die inneren Beweggründe des Herrn Juncker kennt, jenes gottgefällige Fluidum aus christlicher Demut und jesuitischer Bescheidenheit, der weiß genau: Das demonstrativ hervorgekramte Kreuzworträtselheft dient nur der Tarnung. Denn in Wirklichkeit tut Herr Juncker im Parlament etwas ganz anderes – er betet. In jeder Parlamentssitzung bittet er inständigst Gott den Herrn, doch wenigstens beim Wetter wieder Gnade walten zu lassen, damit das von der neuen Regierung geknechtete Volk nicht vollends in Trübsal versinkt. Weil aber jetzt die Gottlosen an der Macht sind, die Christenverfolger und Teufelsgesellen, ist es mehr als riskant, sich auf der Oppositionsbank deutlich sichtbar einem inbrünstigen Gebet hinzugeben. Um sich zu schützen, muss sich der betende Herr Juncker ganz einfach hinter einem Kreuzworträtselheft verstecken. Kreuz! Wort! Allein diese bedeutungsschweren Begriffe aus der christlich-abendländischen Mythologie sprechen doch Bände.
Noch ein Wort zu der gottlosen Regierung: Hat es die offiziell motorisierte Staatssekretärin wenigstens geschafft, dem gebeutelten Volk aus ihrem Schneegebiet ein kleines Präsent mitzubringen? Ein echtes Schweizer Schneeflöckchen für jeden wettermüden Bürger? Ein rein symbolisches Leckerli? Nicht einmal das! Ganz so, als sei der Kofferraum der Staatslimousine zu klein für einen bescheidenen Schneehaufen. Oder hockten dort ihre Bodyguards? Und munkelten im Dunkeln?