In zwei Anhängen listet der Koalitionsvertrag wichtige Infrastukturprojekte auf. Zum einen neue Schulen, zum anderen Transportinfrastrukturen: Verschiedene Bahn-, Tram- und Straßenprojekte haben höhere Priorität als bisher. Weil sie erst nach 2020 fertig werden, haben sie nicht unmittelbar etwas mit der Einführung des Gratistransports zu tun. Dass er den Druck erhöht, das Angebot auszubauen, damit der öffentliche Transport mehr genutzt wird, liegt aber auf der Hand. Weshalb François Bausch, der alt-neue Transport- und Bautenminister, und seine grüne Partei das Gratisprinzip auf keinen Fall schnell wollten. Doch es stand im Gute-Laune-Wahlprogramm der DP, und auf Betreiben der Jusos und des Parteilinken Dan Kersch versprach es am Ende auch die LSAP. Nun ist seine Einführung im ersten Quartal 2020 eine der wenigen großen Neuigkeiten unter „Mobilität“ im Koalitionsprogramm.
Denn Verkehrsplanungen dauern lange genug und ihre Realisierung auch, dass es erstaunlich wäre, wenn DP, LSAP und Grüne viele ganz neue planerische Ideen hätten. „Geprüft“ werden soll, ob eine Express-Tram über Junglinster nach Echternach sinnvoll wäre – ein Zugeständnis an die DP, die das versprochen hatte. Bei näherem Hinschauen schließt der Koalitionsvertrag aber nicht aus, dass eine solche Tram mangels Bedarf nicht in Frage kommt: Wie alle anderen neuen Verkehrsprojekte soll sie auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis überprüft werden. Dazu hatte François Bausch sich im Sommer von einer Schweizer Firma ein Software-Tool erarbeiten lassen. Mit seiner Hilfe sollen nach und nach optimale Verkehrslösungen für das ganze Land ermittelt werden. Ein „Plan national de mobilité“ soll sie zusammenfassen.
Neben Bauvorhaben, die schon bekannt sind, und dem schon beinahe obligatorischen Bekenntnis zur „sanften Mobilität“ soll die RGTR-Reform beschleunigt, die Park-and-Ride-Kapazität „langfristig verdoppelt“, das Radar-Netz zur Geschwindigkeitskontrolle „weiterentwickelt“ und die Taxi-Branche noch ein Stück weiter reformiert werden. Widersprüchlich ist, dass im Mobilitäts-Kapitel angekündigt wird, die Elektromobilität werde durch noch „substanziellere“ Anreize gefördert (S. 40), das Finanz-Kapitel dagegen festhält, „das aktuelle Modell steuerlicher Anreize wird durch ein neues Modell gezielter Subventionen ersetzt“ (S. 121). Dagegen wird unter „Mobilität“ ein Steuervorteil für Arbeitnehmer in Aussicht gestellt, „die sich mit anderen Mitteln als dem Auto fortbewegen“. Ob damit ein genereller Bonus für Leute ohne Auto gemeint ist, lässt das Koalitionsprogramm aber offen.
Erwähnt wird, der Gratistransport werde „parallell“ mit einer Reform der steuerlich absetzbaren Kilometerpauschale eingeführt, damit „zwischen den Transportanbietern keine Einnahmenausfälle“ entstehen. Das dürfte noch für Diskussionen sorgen. Félix Braz, Verhandlungsführer der Grünen in den Koalitionsgesprächen, erklärte dem Kongress seiner Partei am Dienstag, die Kilometerpauschalen-Reform solle nicht etwa den Gratistransport gegenfinanzieren, „das sind zwei paar Dinge“.