Einem geflügelten Wort zufolge sind in Luxemburg Infrastrukturen wichtiger, als was mit ihnen gemacht wird. Zwar trifft das immer weniger zu, doch gerade deshalb ist das Ministerium für Mobilität und öffentliche Bauten so groß und verwaltet so viel Geld: 1,78 Milliarden Euro kann es dieses Jahr ausgeben, weitere 1,2 Milliarden stehen als Kapitalausgaben im Staatshaushalt. Über Spezialfonds sollen dieses Jahr zusätzliche 1,67 Milliarden Euro fließen, davon 610 Millionen aus dem Fonds du rail, 447 Millionen aus dem Fonds des routes. 2027 sollen die Spezialfonds-Ausgaben insgesamt fast zwei Milliarden Euro betragen.
Damit das viele Geld effizient ausgegeben wird, reorganisiert Yuriko Backes (DP) ihr Ministerium. Im Koalitionsvertrag von CSV und DP steht davon nichts. Im Unterschied zu dem der ersten DP-LSAP-Grüne-Regierung, der 2013 eine „Reform“ der Straßenbauverwaltung ankündigte und mehr Kosteneffizienz bei den Infrastrukturausgaben zur „absoluten Priorität“ erhob. Oder dem der zweiten blau-rot-grünen Koalition, in dem stand, der 2004 geschaffene Verkéiersverbond werde durch eine Administration des transports publics ersetzt. Was 2021 geschah und ein seltener Fall war, dass eine öffentliche Einrichtung in eine Staatsverwaltung transformiert wurde.
Was Backes nun vorhat, ist die Fortsetzung des Bisherigen. Oder ein Schlusspunkt: die interne Fusion des Ministeriums. Zum 16. September würden vier Generaldirektionen geschaffen, meldete der Pressedienst der Regierung nach der Kabinettsitzung vom 24. Juli, die dem Vorhaben grünes Licht gab. Vier Direktionen klingt unspektakulär. In Wirklichkeit aber stecken in dem eigentlich schon seit 2009 von einem einzigen Minister (damals Claude Wiseler von der CSV) geführten Ressort „Transport und öffentliche Bauten“ nach wie vor zwei. Man sieht es an den Jahresberichten: Nicht das Ministerium publizierte im Frühjahr einen Bericht über das vorige Jahr, sondern seine beiden großen départements Mobilität und Transport sowie öffentliche Bauten je einen. Darin zählen die Abteilungen und Verwaltungen der départements auf, was sie gemacht haben. Dass es dabei eine Koordination gab, die übergreifenden politischen Zielen folgte, ist schwer zu erkennen.
Gerade jetzt zu reorganisieren, hat auch damit zu tun, dass Tom Weisgerber im Herbst in den Ruhestand tritt, der Generalkoordinator der öffentlichen Bauten. Die andere Generalkoordinatorin ist Félicie Weycker, für Mobilität und Transport. Weisgerber und Weycker sind das „Binom“ des Ministeriums, mit jeweils enormer Entscheidungsgewalt. Was auf der einen Seite Backes’ Vorgänger François Bausch (Grüne) zum Beispiel dabei half, der zu den öffentlichen Bauten gehörenden, sehr großen Straßenbauverwaltung die Zuständigkeit für allgemeine Verkehrsplanung zu entziehen und Ponts & Chaussées, was das anging, der Abteilung für Mobilitätsplanung zu unterstellen. Auf der anderen Seite hält das Regiment, mit dem Weisgerber und Weycker ihre départements führen, sie als zwei Silos aufrecht. Was sich nun ändern soll.
Und was einer Operation am offenen Herzen gleichkommt, wenn alles bis zur Rentrée stehen soll. Die vier Generaldirektionen heißen „Transports publics et infrastructures de transport“. „Affaires générales, transports aériens, stratégie et innovation“. „Bâtiments publics et urbanisation“. Und „Affaires juridiques, marchés publics et logistique“. Sie scheinen zu übernehmen, was schon da ist. Dem Vernehmen nach sollen sie ein Direktionskomitee bilden, mit dem Backes sich einmal die Woche trifft, um die Prioritäten zu besprechen. So hält sie es auch in ihren beiden anderen Ressorts, Verteidigung und Gleichstellung. Dass es verhindern soll, dass die vielen Zuständigkeiten ihr über den Kopf wachsen, liegt nahe.
Wie gut die vier Generaldirektionen die zwei départements absorbieren und zusammenarbeiten werden, muss sich zeigen. Für drei der vier Direktorenposten hat Backes sich Leute von draußen geholt. Félicie Weycker ist die einzige künftige Generaldirektorin (für juristische Angelegenheiten, öffentliche Ausschreibungen und Logistik), die schon da ist. Im Grunde wird die Generalkoordinatorin Mobilität damit zurückgestuft. Doch ihr bisheriges Amt, wie das von Tom Weisgerber, abzuschaffen, ist nun mal ein Ziel der Übung. Die Koordination aller Generaldirektionen übernimmt Backes’ rechte Hand Max Dörner. Was mehr ein politischer Job ist als ein fachlicher. Dörner, früher im Finanzministerium neben Bob Kieffer ein Mann für alles – woher Yuriko Backes ihn kennt –, hat ein Auge auf all ihre Ressorts, damit dort die Prioritäten nicht aus dem Blick verloren werden und die Ministerin politisch nicht in Bedrängnis gerät.
Die Pressemitteilung nach der Regierungsratssitzung deutete an, dass die Nominierungen für Backes eine Frage des Vertrauens sind. Sie kennt Sylvie Siebenborn, künftige Direktorin für öffentliche Bauten, aus dem Finanzministerium, wo Siebenborn unter anderem im Comité d’acquisition arbeitet und in der Commission des loyers, zuständig für die Anmietung von Gebäuden für den Staat. Gilio Fonck, den Verwaltungsdirektor der Maison du Grand-Duc, kennt sie aus ihrer Zeit bei der EU-Kommission und dann als Hofmarschallin. Die Ernennung von Jean-Paul Lickes, dem Direktor des Wasserwirtschaftsamts, zum Generaldirektor für den öffentlichen Transport und Transportinfrastrukturen, überrascht am meisten. Lickes ist Chemiker, Erfahrung in der Mobilität hat er keine. Die wird er sich erarbeiten müssen – in dem gerade auf diesem Gebiet sehr wichtigen Ministerium unter Zeitdruck. Dass der Posten, dessen Inhaber es immerhin mit den CFL zu tun bekommt, mit Ponts & Chaussées, Luxtram und den Busbetrieben, nicht intern besetzt wurde, erstaunt.
Dass Lickes als Gemeinderat von Habscht aktiver DP-Politiker ist, mit Gilio Fonck noch ein DP-Mann Generaldirektor wird und DP-Fraktionssekretär Loris Meyer zwar kein solcher Direktor, aber Kommunikationschef des Ministeriums, lässt die Reorganisation DP-lastig aussehen. Oder als suchte Yuriko Backes vor allem nach Loyalität. Was vielleicht nicht zutrifft, weil sie selber erst seit zwei Jahren Mitglied der DP ist. Doch auch wenn es in Ministerien Tradition hat, parteinah zu rekrutieren, hat Yuriko Backes es drei Mal auf einen Schlag getan. Darunter auf zwei sehr hohe Posten. Ihrem Vorgänger François Bausch muss man zugutehalten, lediglich eine mit Parteikalkül behaftete Personalentscheidung getroffen zu haben. Nicht für ein Ministerium, sondern den Verwaltungsratsvorsitz der Cargolux, auf den er 2021 Christianne Wickler berief und auf dem diese zwei Jahre lang blieb.
Über Verwaltungsratsposten zu entscheiden, bleibt Yuriko Backes noch, wenn die Reorganisation im Héichhaus wirksam geworden ist. Die bisherigen Spitzenleute Félicie Weycker und Tom Weisgerber bekleiden hochrangige CA-Posten. Tom Weisgerber sitzt in fünf Verwaltungsräten, insbesondere ist er Präsident von Cargolux (nach Christianne Wickler). Félicie Weicker sitzt in sechs. Darunter an der Spitze der CA von Luxairport, Fonds du Kirchberg und Fonds Belval, und sie ist Vizepräsidentin der CFL. Das Ministerium weist alle Fragen zu diesen Posten ab: Sobald sich etwas ändert, werde es mitgeteilt.