Dann also zurück, wieder da, hier. Incl. Bilderbeute, die auf dem Handy, die eingebrannte im Kopf. Am ersten Tag des Wiederhierseins sie wiederkäuen. Die blauen Bilder, sonnengoldgerahmt. Die Schönheitsfetzen, man hat sich die Augen vollgestopft. Für kommende Tage, oder gegen kommende Tage.
Wollt ihr sie sehen? Und wollt ihr hören? Wie es war? Wo ich war? Wie ich… als ich… Nein, keine Zeit gerade? Gerade kein Kopf für Popenunterwäsche und Greis_innenstrände? Für Palmen, die ausschauen als hätten sie Elefant_innen verschluckt? Oder wenigstens Tourist_innen? Für lesbisches Bier, für die Suche nach einer Toilette wie die Suche nach dem Heiligen Gral? Die Suche nach Wasser, liquid ist man auch nicht, weil, Scheisse, die Währung ist hier plötzlich eine andere.
I want to tell my story. Gerade nicht, sorry, später dann. Was nie ist, sein wird. Weil dauernd Jetzt ist, und das ist kein zen-buddhistisches Jetzt. Nur eins mit Zahnarzt, Babys hüten oder verhüten, Beerdigungen buchen. Leben halt. Weil dauernd was ist. Politik, Wahlen, Greta schaut böse, was wiederum viele böse macht.
Also pack deine Badeklamotten aus und motte deine Storys ein! Dann sitzt man da mit seiner Bilderbeute. Dann share ich sie eben.
Ist eben nicht mehr 19. Jahrhundert, alle sitzen am Lagerfeuer oder in der Uucht und lauschen begierig dem, der aus der Ferne kommt, höchst selten der, die. Erzähl uns, oh Fremdling! Oh Heimkehrer! Er war hinter dem Hügel. Hinter den sieben Bergen. Hinter dem Hinterwald. Er hat Wasser gesehen, das nie aufhört. Fasst ihn an, beschnuppert ihn! Er hat die Wölfe und die Drachen und die Pestilenz überwunden. Die Häuptlingstochter erobert, er ist dem Kerker des Sultans entkrochen und dem Bauch des Walfischs. Er wurde König von Afrika.
Gut, da kann Pauschalreisende 2019 nicht ganz mithalten. Essen war so lala, der Strand ganz ok, die Eingeborenen auszuhalten. Die Neugierde der Daheimgebliebenen ist so begrenzt wie die Welt grenzenlos. Aber ob den Abenteuern der heimkehrenden Backpackerin gierig gelauscht wird? Wer kauert lauert noch atemlos? Wer bettelt noch: Erzähl mir eine Geschichte!
Wer will die tausend Kapitel der Reise um die Welt hören? Oder auch nur, ganz kurz, ich fasse mich kurz, eine Schnupperversion des Trips um ein Weltteilchen? Des Trippelns um ein Weltteilchen? Welt ist ja bekanntlich überall, Weltreise ist auf Schritt und Tritt, jede Mülltonne strotzt vor Welt. Weltgeschichten liegen überall auf der Straße, wir strotzen vor Weltgeschichte. Nicht nur wenn wir, sorry Greta, einmal noch, aus dem Bauch des großen Vogels krabbeln. Aber wer will sie?
Ist ja nicht mal mehr Sixties. Die, die aus der Ferne kommen, laden zur großen Vorführung in den Living Room. Dort zeigen sie einander immer das Gleiche, Frauen mit Turmfrisuren vor amerikanischen Autos, einen fetten blauen Strich, der Meer heißt, die Mutter auf dem Badetuch, immer sagt sie Zeig das doch nicht, wegen dem Bauch. Jedes Jahr der Austausch der absolvierten Kilometer, der Tankpreise, der Grade. Die vor der Monaco-Kulisse aufgereihte Familie. Die Uucht der Sixties, Dia-Abend. Gefährliche Drohung für Kinder, mit Salzstangen.
Und jetzt gar nix mehr. Alle immer unterwegs, alle schon überall gewesen, alle Dokus gesehen. Die Handy- Fotos nie ausgedruckt, das Wort Fotoalbum gehört zur Gattung der aussterbenden Wörter. Geschichtenerzähler_innen sitzen nur noch spät nachts im Kulturfernsehen, mit schrulligen Brillen.
Gut also, dass man bloggen kann. Oder bei Markus Lanz das Ganze los werden, aber da muss es natürlich Highlights geben, entsetzliche Downs, verlorene Körperteile, Herzen, man muss mit Ebola-Kranken gekuschelt haben oder Waisenheime gegründet. Einfach erzählen wie der Sand monden-leuchtete reicht wohl nicht.
Gut also, dass es Facebook gibt. Die zahlreichen Freund_innen, manche schenken einem einen freundlichen Daumen, vielleicht teilen sie die räudigen Berge, gar den Himmel mit mir. Und ich klicke mich durch ihre Himmel, ihre Meere, ihre Gräten auf dem Teller.