Ohne sich etwas Böses dabei zu denken, schrieb die Association des amis des Brigades internationales du Luxembourg vor zwei Jahren einen Brief an DP-Premier Xavier Bettel. Sie bat ihn, mit einer Tafel am Denkmal der Gëlle Fra an die Spanienkämpfer zu erinnern.
Bei den spanischen Kammerwahlen im Februar 1936 hatte die linke Volksfront 263 Sitze erhalten, die rechte Nationalfront 156. Daraufhin putschte General Francisco Paulino Hermenegildo Teódulo Franco Bahamonde gegen die Regierung. Während ihm Nazi-Deutschland und das faschistische Italien zu Hilfe kamen, eilten Pedro, María, Juan y José aus aller Welt nach Spanien, um die Republik zu verteidigen.
Unter ihnen waren über hundert Brigadisten aus Luxemburg. Es waren kommunistische, anarchistische und trotzkistische Arbeiter. Das sind nicht die üblichen Partygäste des Premierministers. Deshalb ließ er das Gesuch erst Staub ansetzten und reichte es dann an das Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale weiter.
Das Komitee soll Jean-Claude Junckers Bemühen vollenden, die Täter und Opfer der Kriegszeit zu einer nationalen Moritat zu verquirlen. Mit dem Artuso-Bericht unter dem Arm ernannte Xavier Bettel alle zu Opfern: die Widerstandskämpfer, die Zwangsrekrutierten, die Juden, die Kollaborateure und, wie immer, auch sich selbst. Im Land der Opfer sollte die Idee von Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse jede historische Vorstellungskraft übersteigen.
Auf eine parlamentarische Anfrage hin erklärte Xavier Bettel am 17. Dezember: „[L]e Gouvernement s’aligne sur l’avis et les recommandations du bureau exécutif“ des Komitees. Dieser „suggère de ne pas apposer de plaque supplémentaire sur la ‚Gëlle Fra‘“. Das passte dem Premier. Andererseits wollte er, dass endlich Ruhe wird.
Er erinnerte sich an die irischen Referenden über den Lissabon-Vertrag. Am 12. Februar teilte er mit, die Regierung habe „ressaisi en date du 10 février dernier le Comité“. Im zweiten Anlauf sei dessen Antwort „affirmative par rapport aux deux questions précitées“. Hatte das Komitee seine Meinung aus Opportunismus oder Unfähigkeit geändert? Dazu schwieg der Regierungschef und gab eine Gedenktafel in Auftrag.
An der Gëlle Fra hängen Ehrentafeln der Legionäre beider Weltkriege und der Koreakämpfer. Dass die Spanienkämpfer bisher nicht erwähnt wurden, ist verständlich: Das offizielle Luxemburg war stets auf Seiten der frommen Faschisten und gegen die Brigadisten.
Am 8. April 1937 verabschiedete das Parlament die „loi destinée à empêcher la participation d’étrangers à la guerre civile d’Espagne“. In der Parlamentsakte liegt auch das Reichsgesetzblatt mit Hitlers „Gesetz zur Verhinderung der Teilnahme am spanischen Bürgerkrieg vom 18. Februar 1937“. Nach dem Krieg erklärte der UN-Sicherheitsrat am 29. April 1946 „the unanimous moral condemnation of the Franco régime“. Zur gleichen Zeit paraphierten Belgien und Luxemburg ein Handelsabkommen mit dem Franco-Regime über Stahl, Wein, Handschuhleder und desgleichen.
Noch heute werden die Internationalen Brigaden aus der rechten Ecke beschimpft, von den Erbverwahrern der Zwangsrekrutierten über ADR-Ultras bis hin zu Tageblatt-Leitartiklern. Die Brigadisten waren keine Patrioten und keine Monarchisten. Sie waren Internationalisten und Republikaner. Sie kämpften nicht dafür, dass die Pfarrer sonntags den Landarbeitern predigten, Großgrundbesitzer in die Cortes zu wählen, sondern für „tierra y libertad“: für Landreformen und die Kollektivierung der Industrie. Ihre Vorbilder hießen nicht Großherzogin oder Muttergottes,
sondern Buenaventura Durruti und Dolores Ibárruri.
„¡No pasarán!“ blieb ein Traum. Sie haben den Bürgerkrieg verloren. Nun werden sie mit den Verteidigern Syngman Rhees an einem patriotischen Denkmal aufgeführt. Das hätten die Weitsichtigeren unter ihnen als zweite Niederlage empfunden.