In dem britischen Film The Mouse That Roared von 1959 mit Peter Sellers und Jean Seberg erklärt das Herzogtum Grand Fenwick den USA den Krieg. Im parlamentarischen Ausschuss der Institutionen und Verfassungsrevision beschlossen DP, LSAP, Grüne und CSV, dass auch das Großherzogtum Luxemburg weiter fremden Ländern den Krieg erklären kann.
Derzeit besagt Artikel 37 der Verfassung: „Le Grand-Duc […] déclare la guerre et la cessation de la guerre après y avoir été autorisé par un vote de la Chambre émis dans les conditions de l’article 114, alinéa 2 de la Constitution.“ Die Möglichkeit der Kriegserklärung wurde 1848 in die Verfassung geschrieben. Sie blieb dort als Hoheitsattribut trotz der Erklärung immerwährender Neutralität 1868. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie 1919 herausgestrichen. Im Kalten Krieg wurde sie 1956 wieder eingeführt.
Das Rechtsmittel der Kriegserklärung ist für kleine Länder mehr als eine Anmaßung. Dank seiner werden sie nicht als Kollaborateure eines Aggressors angesehen (Luxemburg, 1914). Bei unstetem Kriegsglück kann es auch helfen, die Seiten zu wechseln (Rumänien, 1944).
Der CSV-Abgeordnete Paul-Henri Meyers brachte 2009 den Entwurf für die Gesamtrevision der Verfassung ein. Darin blieb die Möglichkeit der Kriegserklärung vorgesehen. Aber niemand hatte mit dem Staatsrat gerechnet. Der hatte noch 2004 vorgeschlagen, dass der Großherzog den Krieg notfalls ohne Zutun der Kammer erklären dürfte. Nun machte er in seinem Gutachten vom 6. Juni 2012 eine Entdeckung: Das Vorrecht, den Krieg zu erklären, „n’est plus en phase avec l’évolution du droit international depuis la deuxième moitié du XXe siècle [et] devrait être omise au profit d’une disposition constitutionnelle nouvelle se bornant à requérir une autorisation parlementaire pour toute intervention de la force publique en dehors des frontières nationales“ (S. 10).
Die lokalen Statthalter des globalen Finanzkapitals empfanden den Ruf der Schmarotzer als geschäftsschädigend. Um als verantwortungsbewusste Mitglieder der Staatengemeinschaft aufzutreten, hatten sie begonnen, den einen oder anderen Soldaten an fremde Kriegsschauplätze zu schicken. Der Staatsrat hielt es für unnötig, dabei jedes Mal Serbien, dem Irak oder Afghanistan den Krieg zu erklären. Sollen diese Auftritte als „humanitäre Einsätze“ durchgehen, ist es vielleicht am einfachsten, Kriegserklärungen ganz abzuschaffen.
DP, LSAP, Grüne und CSV ließen sich vom Staatsrat überzeugen. Am 6. Juni 2018 einigten sie sich auf den endgültigen Entwurf zur Gesamtrevision der Verfassung. Daraus war die Möglichkeit, den Krieg zu erklären, verschwunden. Ausschusspräsident Alex Bodry (LSAP) lobte diese Entscheidung ein Jahr später in der Sitzung vom 2. April 2019: „[L]a déclaration de guerre étant un instrument dépassé et, le cas échéant, non conforme au droit international, la nouvelle disposition ne reprend pas le texte actuel“ (S. 3).
Nur zwei Monate später, am 14. Juni 2019, kritisierte ADR-Offizier Fernand Kartheiser die Streichung der Kriegserklärungen. Sie sei politisch schädlich und schaffe Rechtsunsicherheit. Dem pflichtete Alex Bodry laut Sitzungsprotokoll ebenfalls bei: „Selon l’orateur la simple suppression de la disposition constitutionnelle (actuellement inscrite à l’article 37, dernier alinéa) de la déclaration de guerre n’est pas satisfaisante“ (S. 6). In der wieder vermehrt auf Russland als Ennemi fixierten Militärdoktrin der Nato waren konventionelle Kriege erneut in Mode gekommen.
Laut dem vor zwei Monaten eingebrachten Entwurf zur Teilrevision soll es künftig in Artikel 97 der Verfassung heißen: „Toute déclaration relative à l’état de guerre et tout engagement de la force publique dans des opérations à l’étranger requièrent l’autorisation de la Chambre des Députés selon les modalités à établir par la loi.“ Auch wenn das noch vor zwei Jahren „non conforme au droit international“ war.