Mit diesen Bezeichnungen werden charakterliche und vom Temperament abhängige Herangehensweisen an die Welt, „wie sie nun einmal ist“, beschrieben.
Alles ist schlecht und zum Scheitern verurteilt, es hat keinen Sinn, sich darüber zu erregen und Veränderungen anzustreben, da am Ende doch alle scheitern müssen. Resignation ist also die Folge einer solchen Weltsicht, die das Glück nicht im Plan der Schöpfung enthalten sieht.
Hier zeigt sich deutlich, wie sehr auch die praktische Haltung des Pessimisten beiträgt zum negativen Ablauf der Dinge, wie er selbst sie voraussieht. Es wirkt ein gutes Stück self-fulfilling prophecy in der pessimistischen Sicht der Dinge. Hinzu kommt oft auch noch eine Klage- und Jammerhaltung, die allen anderen die wenigen schönen Momente des Lebens gründlich verdirbt. Wie es klingt, wenn eine eher den Ernst und die Konflikte überspringende Optimistin und ein knurriger Pessimist, der an allem zu nörgeln weiß, miteinander auskommen sollen, belegen einige Briefauszüge der Schriftstellerin Johanna Schopenhauer an ihren Sohn Arthur, den großen sich noch weiter entwickelnden Pessimisten der Philosophiegeschichte: „Nun zu Deinem Verhältnisse gegen mich…Ich habe Dir immer gesagt, es wäre sehr schwer mit Dir zu leben;…Dein Missmut ist mir drückend und verstimmt meinen heiteren Humor, ohne daß es Dir etwas hilft. Sieh, lieber Arthur, Du bist nur auf Tage bei mir zu Besuch gewesen und jedes Mal gab es heftige Szenen um nichts und wieder nichts, und …ich atmete erst frei, wenn Du weg warst, weil Deine Gegenwart, deine Klagen über unvermeidliche Dinge, Deine finsteren Gesichter, Deine bizarren Urteile, die wie Orakelsprüche von Dir ausgesprochen werden, ohne daß man etwas dagegen einwenden dürfte, mich drückten…“ So schlägt sie ihm, der auch nach Weimar zu ziehen gedenkt, wo sie damals lebte, die Bedingungen vor: „An meinen Gesellschaftstagen kannst Du abends bei mir essen, wenn Du dich dabei des leidigen Disputierens…wie auch alles Lamentierens über die dumme Welt und das menschliche Elend enthalten willst, weil mir das immer eine schlechte Nacht und üble Träume macht – und ich gerne gut schlafe.“ Dass Arthur diesen Forderungen wohl kaum nachkommen konnte, wundert bei seinem Temperament wohl nicht und trug zur Entfremdung zwischen Mutter und Sohn bei.
Dahinter steht allerdings die schwer zu beantwortende philosophische Frage: ist die Welt nun so, wie der Pessimist sie sieht und deutet oder anders und kann sie gar durch eine optimistische Sicht der Dinge beeinflusst werden? Wie weit sind wir als Optimisten und Pessimisten verantwortlich für das Gesicht und das Wesen dieser Welt, oder hat unsere Einsicht und Stellung überhaupt keinen Einfluss auf sie?
Und mal andersrum gefragt: Trägt auch der Optimist nicht gerade durch seine grundpositive Sicht zu einer negativen und leidvollen Wendung der Dinge bei, weil er ihre reale Artung und Bestimmung nicht erkennen will infolge seiner optimistischen Trotzhaltung? Das „umsonst“ der optimistischen Bemühungen wird ihm nicht klar. Sein Aktivismus im Kontrast zum gelassenen Pessimisten bringt mehr Unheil in die Welt als nötig, da diese ohne ihn schon ausreichend mit Übeln geschlagen ist. Nun kommen noch hinzu die Übel des nervenden Hurra-Positivismus und des positiven Denkens.
Hiob, der Leidgeprüfte aus dem Alten Testament, ist insofern ein Optimist als er das Vertrauen in den gerechten Gott, den er in Frage stellt, doch nicht verliert. Des Rätsels Lösung liegt für ihn nicht in der Unannehmbarkeit der Existenz einer Gottheit, die zulässt, dass ihm so schreckliche Leiden zustoßen. Das geschieht häufig hingegen in der modernen Theodizee, die die Unschuld von Menschen und besonders Kindern nicht mit ihrem unverdienten Leid und einer gerechten, allgütigen und allmächtigen Gottheit zusammenbringen kann. Im Namen eines Höchsten, dem man doch vertraut, funktioniert das nicht…
Ein aktuelles Beispiel: auch so genannte Krisen-Manager, die mit allen Mitteln auf Kosten der Angestellten die eigene Karriere und die Aktionäre der eigenen Firma unterstützen und erstere unter Druck setzen, sind geborene Optimisten, die im Dienste der Kapitalisten immer wieder von der besten aller Welten schwärmen und einfach kein Verständnis aufbringen für Leute, die sich unter ihrer Herrschaft das Leben nehmen, wie das vor einiger Zeit in französischen Firmen bekannt wurde. Für die siegreichen Optimisten sind das dann lebensuntüchtige Wesen, geborene Verlierer, die nichts Besseres verdient haben und sich rechtens selbst aus dieser schönen Welt radieren, in der sie nichts verloren haben und die sie nur verunstalten. Dass ein solcher Optimismus schrecklich ruchlos und niedrig ist, wird wohl niemand bestreiten, weil seine Weltverbesserung bestenfalls die Position der Sieger stützt auf Kosten der Verlierer. Gegen einen solchen Optimismus wehrte sich wohl auch Theodor W. Adorno mit dem bekannten Spruch: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“