Heute loben wir die phantastischen Bemühungen um unsere Sicherheit. Demnächst sollen auf dem Hamburger Flughafen die sogenannten Ganzkörperscanner getestet werden. Geliefert werden die Geräte von einer Tochterfirma des sechstgrößten US-Rüstungskonzerns L-3 Communications. Diese gigantische Waffenfabrik stellt unter anderem auch Streubomben her, die zwar international geächtet sind, doch im amerikanischen Paradies der democracy immer noch wie pharmazeutische Glücksbringer gehandelt werden. Wir gehören nicht zu den ewigen Nörglern, die auf Teufel komm raus einen Widerspruch zwischen Ganzkörperscannern und Streubomben beklagen. Ganz im Gegenteil: dass sich ausgerechnet ein Waffenproduzent so rührend um unsere Sicherheit kümmert, erfüllt uns mit Zuversicht und Hoffnung.
Seien wir doch ehrlich: Wem passiert es nicht schon mal, dass er voll bewaffnet an der Airport-Sicherheitsschleuse erscheint? Ohne es zu ahnen, natürlich. Wir haben einfach vergessen, unseren Sprenggürtel vom Vorabend wieder abzulegen. Dieser Sprenggürtel ist sozusagen unsere zweite Haut. Wenn wir ein schlechtes Konzert besuchen, einen betrügerischen Supermarkt, eine räuberische Bank, überall treten wir mit Sprenggürtel auf. Da immer mehr Zeitgenossen sich einen Sprenggürtel zulegen, bleibt die Wirkung nicht aus. Die Konzertveranstalter sorgen für gute Musik, im Supermarkt finden wir nur tadellose Ware, und in der Bank kriecht man uns vor lauter Zuvorkommenheit in den After.
Und jetzt kommt das Problem. Im Flugzeug ist der Sprenggürtel selbstverständlich nicht angebracht. Denn alle Piloten sind Meister ihres Fachs, und alle Stewardessen überschlagen sich vor Freundlichkeit und zärtlicher Zuwendung. Wir sind also dankbar, wenn uns der Ganzkörperscanner sanft darauf hinweist, dass noch ein paar Bomben an unseren Hüften baumeln. Entschuldigung, war nicht so gemeint, ach, sind wir vergesslich, soll nicht wieder vorkommen! Der Ganzkörperscannerbetreiber verspricht uns hoch und heilig, unseren Sprenggürtel liebevoll in einem Safe aufzubewahren. Bei unserer Rückkehr wird er uns wieder ausgehändigt, unversehrt und unverstaubt.
Es ist ja vollkommen klar, dass ein Waffenfabrikant sich niemals erlauben würde, unprofessionell mit Waffen umzuspringen. Er liebt Waffen von Berufs wegen. Er würde unseren Sprenggürtel auf gar keinen Fall entsorgen. Wir sind tatsächlich gut aufgehoben bei L-3 Communications. Die Firma heißt ja auch Communications und nicht etwa Destructions. Soviel zum Thema Waffenfabrik und Körperdurchleuchtung.
Ein bisschen beunruhigt sind wir trotzdem, das möchten wir den Streubombenherrschaften am Scanner mit aller Rücksicht mitteilen. Es gefällt uns einfach nicht, dass der Nacktscanner neuerdings auf echte Nacktbilder verzichten soll. Was hören wir da? Unser Körper soll nur mehr stilisiert auf dem Bildschirm erscheinen, als armselige Schablone, die alle organischen Prachtstücke verwischt und nur mehr die Waffen prall zutage treten lässt? Wir können ja noch verstehen, dass ein Waffenfabrikant sich vordringlich an scharfen Waffenbildern ergötzen will. Ganz und gar unsympathisch ist uns das Vorhaben, unseren Körper per Durchleuchtung förmlich zu neutralisieren. Wir sind doch keine Strichmännchen, zum Teufel nochmal!
Wie lange haben wir geackert, um uns einen wunderbar kugeligen, typisch westeuropäischen Bauch zuzulegen? Und genau dieses Identitätsmerkmal soll der Scanner jetzt planieren? Da müssen wir doch schnurstracks Protest anmelden (und flirten schon wieder klammheimlich mit unserem Sprenggürtel). Und unser Bart? Dieser buschähnliche Lockenberg? Dieser Haardschungel mit seinem höchst verfilzten Innenleben? Soll vielleicht auch unser Bart vom Nachtscanner ausradiert werden? Ist er vielleicht nicht nackt genug? Ja, dann soll die Waffenfirma folgendes wissen: Früher haben wir immer Nitroglyzerinfläschchen ins Flugzeug geschmuggelt. Und zwar kunstvoll versteckt in unserem Bart. Das hat kein Mensch gemerkt. Wäre dies denn keine hervorragende Aufgabe für den Nacktscanner? Ein bisschen intensive Bartbetrachtung, von wegen Nitroglyzerin?
Richtig gespannt sind wir, was wohl passieren wird, wenn wir einmal versehentlich eine Streubombe an unserem Halskettchen tragen. Die Streubombe ist ja ein authentisches Souvenir made in USA, sowas will man doch nicht in einer finsteren Schublade verscharren, sowas trägt man doch gern als Schmuck der besonderen Art. Wie wird sich der Nacktscanner unserer hochverehrten Streubombenfabrik verhalten? Wird er sofort Alarm schlagen, oder wird er in Jubel ausbrechen, weil er ein schönes Produkt aus dem eigenen Haus erkannt hat? Yeah! This guy is wearing our high quality murder gadget! Congratulations! You just won your flight ticket! Hoffentlich übersieht der Nacktscanner nicht vor lauter Begeisterung, dass wir auch noch versehentlich unseren Sprenggürtel tragen. Das wäre fatal.