Heute loben wir den staatlich geförderten Frauenhandel. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass unser Staat im Ausland zunehmend mit Frauenikonen auftrumpft? Zwar handelt es sich nur um Statuen, also pompöse Abbilder, aber die Strategie hat Methode. In China wird mit der Gëlle Fra renommiert, in Amerika mit Our Lady of Luxembourg. Morgen wird in Belgium (Wisconsin) das Luxembourg American Cultural Center feierlich eröffnet. Clou der Einweihung ist die Segnung einer Muttergottesskulptur durch Bischof Raymond Goedert aus Chicago. Diese steinerne Figur wurde eigens vom einheimischen Bildhauer Misch Schiltz hergestellt, im staatlichen Auftrag natürlich. Kriegsheldentrösterin oder Gottesmutter: für diese Art Frauenpolitik hat unser Kulturministerium immer viel Geld. Sehr viel Geld.
Natürlich sind die Amerikaner ein kulturell unterbelichtetes Volk. Es ist also nur gerecht, dass Luxemburg hier ein bisschen Entwicklungshilfe leistet. Ganz sicher hat Frau Modert, die selbstverständlich nach Belgium (Wisconsin) geflogen ist und genau so selbstverständlich ihren Ausflug ganz sicher nicht aus der eigenen Tasche bezahlt, ihren repräsentativen Rosenkranz in der Tasche. Denn die Amerikaner sind religiöse Freaks der besonderen Art. Wer ihnen eine Madonnenskulptur auf die Weide stellt, erobert ihre Herzen im Sturm. Und Frau Modert darf ganz katholisch frohlocken: luxemburgische Kultur ist im Ernstfall immer noch eine rein marianische Angelegenheit. Die Amerikaner werden es bezeugen.
Weil die Amerikaner im Grunde ihres Wesens ein zutiefst kindliches Gemüt haben, exportieren sie auch ein bisschen amerikanische Kultur nach Luxemburg. Ihre Kulturoffensive heißt Swift, es ist eine Art Gesamtkunstwerk, das den Amerikanern erlaubt, die Bankkonten europäischer Bürger auszuspionieren. Eigentlich können wir dieses Kulturgeschenk nur begrüßen. Den Amerikanern wird nämlich gelingen, was noch keinem freien Bürger Luxemburgs gelungen ist. Sie werden die abgrundtief obskuren Konten der katholischen Kirche im Großherzogtum durchforsten und durchleuchten. Für Frau Modert ist die Sache ein bisschen heikel. Hat sie nicht gemeinsam mit ihrem Kollegen Biltgen auf eine parlamentarische Anfrage geantwortet, es sei „indécent“, nach der Finanzlage des klerikalen Imperiums zu fragen? Es geht die Luxemburger also nichts an, welche Gelder die Kirche hortet. Das ist Demokratie à la CSV. Heiliger Swift, steh uns bei!
Da uns nun ganz unversehens der Name unseres Religionsministers Biltgen rausgerutscht ist, möchten wir ein bisschen bei diesem vorzüglichen Kämpfer für die Frauensache verweilen. Er wird ständig missverstanden. Sogar der Staatsrat, der ja nicht eben für fortschrittliche Standpunkte berühmt ist, hat Herrn Biltgens Gesetzesentwurf zum freiwilligen Schwangerschaftsabbruch in der Luft zerrissen. Der Religionsminister sei ein regelrechter Saboteur der Selbstbestimmung, lautet der Hauptvorwurf. Das ist natürlich Mumpitz. Kein anderer CSV-Minister ist so angetan von den Anliegen der Frauen wie Herr Biltgen. Wenn der CSV-Staat schon kolossale Frauenfiguren nach China und Amerika exportiert, müsste es sogar dem allerschlichtesten Heiden dämmern, dass die Frau hierzulande voll im Mittelpunkt der klerikalen Politik steht. Schwanger war ja nicht die Gëlle Fra, sondern ihre häretische Kopie. Mit diesem viel zu realistischen Weib sind wir rabiat Schlitten gefahren. Und bei Our Lady of Luxembourg stellt sich die Schwangerschaftsfrage ohnehin ganz anders. Irgendwie Heilig Geist-mäßig. Da ist Selbstbestimmung nun wirklich kein Thema.
Wir wünschen also eine fröhliche Segnung in Belgium (Wisconsin). Das Risiko, dass der Bischof von Chicago in Wallung gerät angesichts der steinernen Frau aus dem Grändatschi, ist ziemlich gering. Er wird seinen Weihwasserwedel bestimmt souverän beherrschen. Vor allem, weil er unbeschwert eintauchen kann in ein erfrischendes Bad aus authentisch luxemburgischer Nationalkultur. Unsere Kulturministerin ist um genuine Höhepunkte nie verlegen. Sie hat ein wunderbar naturalistisches Festprogramm abgesegnet. Zwei gewaltige quilts werden vor den staunenden Amerikanern ausgebreitet. Sie zeigen einerseits die World War II Liberation, andrerseits die Fireworks over the Adolphe Bridge. Da sind wir tatsächlich mitten im Kern der Modert-Kultur gelandet: Krieg, Madonna, Herrscherhaus, Gottesstaat, und ein bisschen Kirmesmusik.
Nein, es ist kein Witz. Die musikalische Umrahmung in Belgium (Wisconsin) übernimmt das Duo 2 000 Volt aus Luxemburg. Die wackeren Künstler Jos Schartz und Jean-Pol Meis sind ein philharmonisches Orchester im Kleinformat. Leicht zu transportieren, noch leichter mit heimischer Folklore zu verkuppeln. Sie klingen irgendwie nach Wein, Weib und Gesang. Für ihren staatlich gestützten Auftritt in Amerika haben sie sich vor allem als großherzogliche Kirmesanimateure qualifiziert. Die Kirmes ist auch noch unter einem anderen Namen bekannt: Kirchweihfest.