Kaufkraftstützung

Konjunkturporgramm

d'Lëtzebuerger Land vom 29.01.2009

Um die Folgen der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise abzuschwächen, wurden in vielen Staaten Konjunkturprogramme angekündigt, in wenigen umgesetzt. Die Unternehmen sollen mehr öffentliche Aufträge erhalten, die Haushalte sollen mehr Geld bekommen oder behalten, damit mehr konsumiert und folglich auch produziert wird.

Da kann es nur eine Frage der Zeit und der allgemeinen Obamania sein, bis, nach ersten zaghaften Vorstößen von Oppositionsparteien, auch hierzulande massiv die Forderung nach einem Konjunkturprogramm erhoben wird. Schließlich ist die Frage, wer der beste Krisenmanager ist, wie das vor 30 Jahren hieß, wem am meisten einfällt, um Betriebe und Arbeitsplätze zu sichern, auch ein reizendes Wahlkampfthema.

Dessen ist sich auch die Regierung bewusst. Deshalb hatte sie bereits mit feiner Ironie ihren von der Realität überholten Staatshaushalt für 2009 kurzerhand „antizyklisch“ genannt. Und mit der nun erfolgten Anpassung der Steuertabelle will sie nicht nur Wählerstimmen kaufen, sondern auch den Privatkonsum fördern – obwohl sie wenige Wochen zuvor mit ihrer öffentlichen Anleihe zugunsten notleidender Banken ein Vielfaches an Kaufkraft abgeschöpft hatte.Vor diesen Fragen stand am Mittwoch auch die Tripartite – deren Einberufung, ähnlich wie die eines parlamentarischen Krisenausschusses, angeblich niemand so richtig gewollt hatte, außer dem LCGB. Doch jeder ging hin, um noch einmal zur Sicherheit seine Ansprüche anmelden zu können.

Beim Thema Konjunkturprogramm wiederholte die Regierung ihre Absicht, rund 200 für die nächsten Jahre geplanten Investitionen vorziehen. Dadurch sollen kurzfristig Handwerkerbetriebe Aufträge bekommen, um öffentliche Gebäude zu reparieren oder zu verschönern. Damit die Geschäfte rascher abgeschlossen werden, soll die Summe, ab der ein Gesetz notwendig ist, von 7,5 auf zehn Millionen Euro erhöht werden. Und wo auf öffentliche Ausschreibungen verzichtet werden kann, dürfte wohl auch auf die Mitarbeit von Handwerkern aus Trier und Saint-Hubert verzichtet werden.

Eine Konjunkturmaßnahme soll auch die ökologisch verbrämte Verschrottungsprämie sein, durch welche die Besucher des bevorstehenden Autosalons bares Geld bekommen, wenn sie sich ein neues Auto kaufen. So wird möglicherweise der Umsatz der Autohändler gesteigert, aber kein einziges Auto zusätzlich in Luxemburg gebaut.

Besser ließe sich die, gelinde gesagt: wirtschaftliche Hetero­doxie dieser Konjunkturmaßnahmen kaum versinnbildlichen. Denn sämtliche Mittel sollen den Umsatz von Handel und Handwerk steigern. Aber die Alarmmeldungen der letzten Wochen kommen gar nicht aus dem Mittelstand. Abgesehen von Klagen über das neue arbeitsrechtliche Einheitsstaut, scheint es ihm gar nicht einmal so schlecht zu gehen.

Es sind vielmehr die großen und mittleren Exportindustrien, welche die Produktion drosseln oder Kurzarbeit beantragen, von Goodyear über ArcelorMittal bis zu Dupont de Nemours, die Autozulieferer und ihre Spediteure. Doch die Nachfrage der tatsächlich mit der Rezession auf den Märkten der Nachbarländer und fremder Kontinente kämpfenden Unternehmen lässt sich hierzulande gar nicht stimulieren. Höchstens lassen sich die Produktionskosten senken. Dazu scheint die Regierung aber kurz vor den Wahlen und bei knapper Haushaltslage derzeit noch nicht bereit zu sein.

Romain Hilgert
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