Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine liefern sich die Europäische Union und Russland einen Wirtschaftskrieg. Fahnenflucht käme Luxemburg teurer zu stehen als „Sanctiounen, déi och hire Präiss wäerten hunn“. So Premier Xavier Bettel am 24. Februar vor dem Parlament. Der Preis war der CSV nicht hoch genug. Sie forderte am 27. April in einer Motion „un embargo total et immédiat sur les importations russes [...] de gaz“.
Ein Wirtschaftskrieg führt zur Kriegswirtschaft. Symptome sind steigende Militärausgaben, Mangelwirtschaft, Inflation. Verteidigungsminister François Bausch kündigte am 24. Juni an, die Militärausgaben auf eine Milliarde Euro jährlich zu erhöhen. Creos und Sudenergie bereiten den Gasmangel mit einem „Plan de délestage“ vor. Am 15. September warnte das Statec vor der steigenden Inflation, einem „pic avec 8.7% au mois de janvier 2023“.
Inflation löst Verteilungskämpfe aus. Ob die Unternehmer oder die Lohnabhängigen die Inflation bezahlen. Hierzulande haben die Verteilungskämpfe zwei Besonderheiten: Das Index-Gesetz zwingt die Unternehmen, die Kosten der Inflation zu tragen. Die Tripartite ritualisiert die Verteilungskämpfe zu Gipfeltreffen von Funktionären und Lobbyisten über das Index-Gesetz.
Auswirkungen des Wirtschaftskriegs sind ein Energiepreisschock und Energiemangel. Energie ist ein Basisgut. Gas oder Strom zum Heizen und Kochen sind lebensnotwendig. Energie ist zur Herstellung und zum Transport von Brot und Stahl, zur Buchhaltung von Investitionsfonds nötig. Je teurer das Basisgut wird, umso mehr müssen die Betriebe zur Kostendeckung die Preise erhöhen. Zur Reproduktion der Arbeitskraft die Löhne erhöhen.
Deshalb versprach die Regierung der Tripartite: Der Staat übernimmt die Rechnung. Der OGB-L hatte im März Index-Anpassungen zum Preis des sozialen Konsenses erklärt. Nun gab die Regierung nach. Sie lockte die enttäuschten Unternehmer mit diskreten Zusagen.
Die Regierung kündigte eine Preisdeckelung bei Gas und Strom an. Die Preisdeckelung ist keine Preisdeckelung. Sie ist das Gegenteil. Der Staat legt die Preise nicht fest. Das 1944 gegründete Office des prix wurde 2004 abgeschafft. Der Staat bezahlt den Unterschied zwischen den steigenden Lieferantenpreisen und dem niedrigeren Kundenpreis. Er bezuschusst unbegrenzt Preiserhöhungen.
Die Preisstützen werden unauffällig durch Anleihen finanziert. Je nach Preisentwicklung machen die Zuschüsse zwei oder drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Das ist wenig für die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Reproduktion. Die Staatsschuld bleibt rekordverdächtig niedrig.
Das übergeordnete Ziel verträgt keine „soziale Selektivität“. Die herrschenden Klassen und der Staat müssen sich fähig zeigen, nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Angestellten, Beamten und das ganze Kleinbürgertum zu schützen. Ihre „Kriegsmüdigkeit“ zu verhindern. Auch das Heizöl wird verbilligt. Niemand soll zu kurz kommen. Den CSV und ADR für den Wahlkampf mobilisieren könnten.
Der Premier triumphierte am 20. September über Twitter, er habe „en Anti-Inflatiouns-Pak virgeluecht, deen et esou an där Form an Envergure nach ni zu Lëtzebuerg ginn ass“. Das Antiinflationspaket ist kein Antiinflationspaket. Es senkt nicht die tatsächlichen Preise. Es übernimmt einen Teil der Verbraucherkosten. Im Index-Warenkorb erscheinen Gas, Strom und Heizöl billiger als sie sind.
Der Pferdefuß von Preissubventionen ist deren Beendigung. Vielleicht fallen die europäischen Gas- und Strompreise in einem Jahr präemptiv. Andernfalls entlädt sich am Ende der Bezuschussung der aufgeschobene Preisschock.
In ärmeren Ländern werden die Preise von Benzin und Grundnahrungsmitteln bezuschusst. Zur Leistung des Schuldendienstes verlangt der Internationale Währungsfonds ein Ende der Subventionen. Dann führt die Preisexplosion zu Volksaufständen.