Die russische Armee überfiel die Ukraine. Die israelische Armee macht Gaza unbewohnbar. Die USA führen Wirtschaftskrieg gegen China. Die Militärausgaben schießen in die Höhe. Die Aktienkurse der Panzerschmieden auch. Jeden Monat heulen zwischen Rümelingen und Wemperhardt probeweise die Sirenen.
Frieden ist laut Jacques Prévert, wenn Krieg woanders tobt. Nun fürchten die Leute im Frieden, dass die Front näher rückt. Der ehemalige Arbeitsminister Georges Engel, die LSAP-Abgeordnete Claire Delcourt rafften sich auf. Sie reichten eine parlamentarische Anfrage ein.
Am 15. März erkundigten sie sich bei der Regierung: „Le Luxembourg dispose-t-il d’abris anti-bombes ? Si oui, combien de ces abris existent sur le territoire luxembourgeois ? Si oui, en cas de besoin, comment la population civile serait-elle informée sur leurs localisations ? Si oui, les frais liés à l’entretien de ces abris sont-ils considérés dans les contributions luxembourgeoises à l’OTAN ?“ Verteidigungsministerin Yuriko Backes fertigte ihren ehemaligen Regierungskollegen einsilbig ab: „Non.“ Es gibt keine Luftschutzbunker.
Dabei wird der nächste Krieg intensiv vorbereitet: Si vis pacem, para bellum. Ein sozialdemokratischer Verteidigungsminister verdoppelte die Militärausgaben. Ein grüner Verteidigungsminister verdoppelte sie noch einmal. Die Staatsausgaben steigen dieses Jahr um 7,6 Prozent. Die Militärausgaben um 17,2 Prozent. Auf 596 Millionen Euro jährlich. Auf Befehl der USA ist eine Erhöhung auf eine Milliarde vorgesehen.
Wozu? Wenn die USA Weltgendarmen spielen wollen, sollen sie es doch alleine tun. Die russische Armee blieb schon 30 Kilometer vor Kiew stecken.
Noch nie gelang es der Luxemburger Armee, das Staatsgebiet zu verteidigen. Das Atomzeitalter macht sie sinnlos. „La politique atomique de l’Otan dépasse évidemment de loin les possibiltés d’un pays comme le Luxembourg.“ Klagte Außenminister Eugène Schaus am 12. März 1963 vor dem Parlament. Luxemburg konnte sich keine Atombombe leisten.
Die Armee verteidigt nicht die Heimat, sondern das internationale Ansehen des Produktionsstandorts. Im globalen Konkurrenzkampf um Anrecht auf auswärtigen Mehrwert. Der Rechnungshof legte im Juni 2022 offen: Die Armee hat keine Strategie. Sie hat niemand, um eine zu entwickeln. Die Armee braucht keine: Der Tagesbefehl des Pentagons kommt aus der Brüsseler Nato-Zentrale.
„La guerre serait un bienfait des dieux si elle ne tuait que les professionnels.“ Seufzte Jacques Prévert (Fatras, S. 19). Wenn schon Hunderte Millionen für die Verteidigung ausgegeben werden, könnte man einen Teil zum Schutz der Zivilbevölkerung aufwenden.
Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden von Hollerich bis Esch Luftschutzkeller eingerichtet. Die Gemeinde Ettelbrück ließ einen Bunker am Bahnhof bauen. Er wurde kürzlich eingerissen. In der Schweiz gibt es 360 000 Atombunker.
Der Bau von Schutzunterkünften für Kinder, Frauen, Greise ist keine Option. Zivilschutz ist nicht der Mühe wert. Seit dem Nato-Angriff auf Belgrad heißen tote Zivilisten „Kollateralschäden“. Vielleicht ziehen die Lafettengespanne im nächsten Krieg wieder an Luxemburg vorbei. Wie 1870.
Die Öffentlichkeit durfte stets nur Cattenom fürchten. Der Bau von Bunkern könnte sie kopfscheu machen. Militärausgaben scheinen zu schade für defensive Zwecke. Zu schade für den Schutz von Zivilisten. Wenn das Geld an SES gehen kann.
Für liberale Regierungen ist ein jeder seines eigenen Glückes Schmied. Für Luc Frieden, Xavier Bettel ist der Sozialstaat ein Sprungtuch, keine Hängematte. Auch kein Luftschutzbunker: Im Krieg darf jeder Deckung suchen wie heute auf dem freien Wohnungsmarkt.