ZUFALLSGESPRÄCH MIT DEM MANN IN DER EISENBAHN

Goldstaub

d'Lëtzebuerger Land vom 14.02.2025

Luxemburg verliert Marktanteile an der globalen Steuerflucht. Das geht aus den Berichten State of Tax Justice hervor. Sie werden jährlich vom Tax Justice Network veröffentlicht. Einem Netzwerk von Ökonominnen und Aktivisten mit Sitz in Bristol.

Danach geht der Anteil der heimischen Finanzbranche an den weltweit verursachten Steuerausfällen auf Profiten und Vermögen zurück. 2020: 6,45 Prozent; 2021: 6,30 Prozent; 2023: 5,85 Prozent; 2024: 3,49 Prozent.

Regierungen und Finanzämter hüten das Steuergeheimnis von Konzernen und Vermögenden. Die im Netzwerk vereinten Forscher müssen sich mit groben Schätzungen zufriedengeben. Sie greifen auf die Land-für-Land-Berichte transnationaler Konzerne an die OECD zurück. (2022 wurden keine veröffentlicht.)

Die Forscherinnen gehen vom Unterschied aus zwischen den Bilanzprofiten transnationaler Konzerne und einer Art Mehrwertrate. Diese errechnen sie aus den lokalen Beschäftigtenzahlen und Lohnmassen der Konzerne im Verhältnis zu ihren globalen Profiten.

In Steueroasen kommen auf sehr wenige Beschäftigte sehr hohe Profite. Laut State of Tax Justice 2024 verlagerten transnationale Konzerne 36,8 Milliarden Dollar Profite nach Luxemburg. 2018 waren es 43,5 Milliarden; 2021: 56,1 Milliarden.

Die Forscher multiplizieren die aus einem Land verlagerten Profite mit dem dort gültigen Körperschaftssteuersatz. Auf diese Weise habe Luxemburg transnationalen Konzernen ermöglicht, anderen Ländern Steuerausfälle zuzufügen von 2020: 9,3 Milliarden Dollar; 2021: 14,9 Milliarden; 2023: 11,8 Milliarden; 2024: 9,0 Milliarden.

Luxemburgs Anteil am weltweiten Steuerausfall durch „corporate tax abuse“ erscheint rückläufig. 2020: 6,45 Prozent; 2021: 4,8 Prozent; 2023: 3,8 Prozent; 2024 : 2,6 Prozent.

Die Forscherinnen durchsuchen auch die Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich: Wo stehen die Bankguthaben in keinem Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt? Gemessen am Regressionskoeffizienten von 192 Staaten seien in Luxemburg 579,1 Milliarden Dollar „abnormal deposits“ – 0,4 Prozent aller Einlagen gehörten heimischen Sparern.

Bei einer fünfprozentigen Rendite und den Einkommensteuersätzen der Herkunftsstaaten seien dadurch anderen Ländern Steuerausfälle zugefügt worden von 2020: 18,3 Milliarden Dollar; 2021: 15,3 Milliarden; 2023: 16,3 Milliarden; 2024: 8,1 Milliarden.

Luxemburgs Anteil am weltweiten Steuerausfall auf „offshore wealth“ erscheint ebenfalls rückläufig. 2020: 10,0 Prozent; 2021: 9,0 Prozent; 2023: 9,6 Prozent; 2024: 5,6 Prozent.

Unter dem Strich habe Luxemburg anderen Staaten Steuerausfälle auf Profiten plus Vermögen zugefügt von 2020: 27,6 Milliarden Dollar; 2021: 33,6 Milliarden; 2023: 28,1 Milliarden; 2024: 17,2 Milliarden. Davon rieselt etwas Goldstaub auf die Steuervermeidungsindustrie, in die Staatskasse. In anderen Ländern fehlen die Einnahmen für Gesundheit, Bildung.

Der Rückgang der über Luxemburg vermiedenen Steuern scheint nicht nur konjunkturbedingt. Denn der Anteil an den weltweit verursachten Steuerausfällen auf Profiten und Vermögen sei auf 3,49 Prozent gefallen. Der Anteil der Niederlande (2,18%) und Großbritanniens (4,67%) sei ebenfalls gesunken. Der Anteil Irlands (8,30%) habe sich verdoppelt, der Schweizer (4,22%) sei leicht gestiegen. Das Netzwerk sucht nicht nach Erklärungen für diese Veränderungen: Branchenstruktur, Regulierung, Inflation, Zinsen, Börsen, Covid, Brexit?

Präsident Donald Trump verfügte am 20. Januar, „that the [OECD] Global Tax Deal has no force or effect in the United States“. Das internationale Steuerdumping geht in eine neue Runde. Premier Luc Frieden versprach in seiner Regierungserklärung: „Mir wëllen eng konkurrenzfäheg Finanzplaz.“

Romain Hilgert
© 2025 d’Lëtzebuerger Land