Die EU kontrolliert nichts

d'Lëtzebuerger Land vom 14.02.2025

Dass US-Präsident Donald Trump am Mittwoch eine Stunde lang mit Wladimir Putin telefonierte, um den Krieg Ukraine zu beenden und darüber „umgehend“ Verhandlungen aufzunehmen, erfuhr der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkskij von Trump erst anschließend. Europas Staatenlenker entnahmen es den sozialen Medien. Sie kontrollieren nichts.

Weder der Ukraine, noch der EU scheint Trump eine Rolle in den Verhandlungen zuerkennen zu wollen. Dass EU-Ratspräsident António Costa vergangenen Monat darauf bestanden hatte, ist offenbar egal. Dass die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Mittwochabend auf X schrieb, die EU müsse eine „zentrale Rolle“ in solchen Verhandlungen spielen, ist offenbar auch egal. In erster Linie in eine schwierige Lage hat Trump die Ukraine gebracht: Unter Joe Biden galt, „nichts ohne die Ukraine“. Das ist nun offenbar vorbei.

Wie die Dinge liegen, will Trump einen Friedens-Deal abschließen, aber es den Europäern überlassen, ihn umzusetzen. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth erklärte der aus 50 Staaten bestehenden Ukraine-Kontaktgruppe am Mittwoch in Brüssel, eine Nackriegsordnung in der Ukraine müssten europäische Truppen garantieren. Die USA würden keine zur Verfügung stellen. Für die USA sei die Sicherheit der Ukraine und die von Europa nicht mehr prioritär. Die TrumpRegierung konzentriere sich auf die „Abschreckung“ Chinas. Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sei „unrealistisch“. Dass die Ukraine ihr völkerrechtlich anerkanntes Territorium (vor der Besetzung der Krim und Teilen des Donbas durch Russland 2014) zurückerlange, sei „illlusorisch“. Die europäischen Nato-Länder müssten mehr in ihre Verteidigung investieren. Fünf Prozent der Wirtschaftsleistung; die USA würden ihre Ausgaben auch erhöhen.

So werden die Befürchtungen wahr, die europäische Regierungen lieber nicht öffentlich diskutierten. Hegseth brachte zwar ein Bekenntnis der Trump-Regierung zur Nato mit und zur „Verteidigungspartnerschaft mit Europa“. Aber in den letzten Tagen hatte es schon Spekulationen gegeben, wie eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine, allein aus Europa bereitgestellt, aussehen könnte. Die Rede war davon, dass mindestens 150 000 Mann dafür nötig wären. Sofern Russland damit einverstanden wäre. Und sofern aus den USA eine Unterstützung bereitstünde, falls Russland die europäische Truppe testet.

Historiker werden eines Tages darüber urteilen, ob die USA die europäischen Länder mit einem Krieg alleine ließen, den die nicht wollten. Darauf vorbereitet, einen bewaffneten Frieden in der Ukraine gegen die zweitgrößte Nuklearmacht der Welt durchzusetzen, sind sie jedenfalls nicht. Ob es eine Verhandlungslösung geben kann, die keine Kampftruppen in der Ukraine einschließt, ist reine Spekulation. Und ohne Beteiligung der Ukraine an Verhandlungen mit Russland unwahrscheinlich. Ziemlich sicher ist dagegen, dass schon eine Truppe aus 50 000 Mann bereitzustellen, sehr schwierig wäre.

Und was würde das für die europäische „Sicherheitsarchitektur“ heißen? Die letzten Endes nicht ohne Russland zu haben sein wird, weil man sich seine Nachbarn nicht aussuchen kann? Trump hat Putin ein Stück aus der diplomatischen Isolation durch den Westen geholt und ihm eine neue „Zusammenarbeit“ versprochen. Während Europa auf Konfrontation mit Russland gehen soll – weitgehend allein. Für die EU wird das Aufrüstung heißen. Und die Luxemburger Abgeordnetenkammer könnte demnächst erneut über die Wehrpflicht diskutieren.

Peter Feist
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