Rosa geht gar nicht. Schon vor Jahren, Lillifee hatte gerade in den Häuptern fünfjähriger Prinzessinnen Residenz bezogen, gab es im feministischen Magazin an.schläge den Rosa-Aufschrei. Bekinderte Mitarbeiterinnen schilderten das Überdosis-Rosa-Syndrom, damals noch kinderlose Redakteurinnen rüsteten zum Angriff. Klar, dass mich das PRO reizte. Das Rosa Pro.
Was habt ihr nur gegen das rosa Prinzessinnen- Syndrom? Sollen sich die Mädchen in Kulturmaus-Schwarz hüllen wie ihre Mamis, danach fiebern, freischaffende Medienschaffende zu werden? Okay, auch meine Mutter hüllte sich nicht in sanftmütiges Rosa. Sie hatte nicht mal eine Krone auf dem Kopf, nur einen Farah-Diba-Turm. Aber hohe Schuhe, wie wir das nannten, hatte sie schon, in diesen Schuhen war sie die Hoheit. Sobald ich hineinschlüpfte, fand eine wundersame Ver-Wandlung statt. Natürlich war ich eine Prinzessin. Mit vier. Bis meine Eltern mich schonungslos aufklärten. Ich sei keine, würde nie eine sein – Heiraten mit Bürgerlichen war noch kein Thema – und ich im Auto in Tränen ausbrach, unter lautem Geschluchze durchquerten wir Eich.
Lag das wirklich nur am Rollenmodell Aschenputtel, daran, dass Ronja Räubertochter, wer ist übrigens die Mutter, damals noch nicht zu haben war? Und hätte ich einen anderen Statuswunsch gehabt, wenn mein Muttervorbild Traktorista gewesen wäre und nicht mit tiefroten Nägeln hinter der Schreibmaschine eines Ceca-Büros gethront hätte? Und wie klassisch ist das, magische Phase, Ödipussi, all das?
Wie auch immer, warum ließ frau fräulein nicht rosa sein und Prinzessin, bald schon wären sie Punk oder Burka oder was gerade auf dem Markt war, komplett abkoppeln vom Image-Angebot könnte frau sie sowieso nicht, und irgendwann, nach all den royalen und anderen katastrophalen Schüben, wären sie dann sie selber, was ja das hehre Ziel ist, und das wäre sicher ganz was Tolles.
Rosa, fügte ich noch hinzu, sei schließlich eine wohltuende Farbe, Rosenquarz gut für das Herz, und Rudolf Steiner empfehle Kinderzimmer in sanftem Rosa zu halten, gut zum Sich-Entfalten.
Dass das aber immer so gewesen wäre, dass Wesen mit XX-Chromosomen eben fatal rosa tickten, eine solche These war nicht haltbar. Um 1900 zum Beispiel zeigte sich modebewusste Mini- Maid noch in himmlischem Blau und cooles Knäblein in Rosigem.
Was dann, ist es der Kapitalismus, der kleinen Mädchen diese harmlos böse Farbe eingebrockt hat? Diese Rosa-Welle des modischen Mainstream, diese Rosa-Seuche, diese kotzfarbene Kränklichkeit? Mittlerweile glaube ich nicht mal mehr an subtile Manipulation. Das ist alles andere als subtil. Es gibt einfach nichts anderes mehr. Alles ist rosa. Alle sind rosa. Nicht die rosa Mädchentracht zu tragen, wäre grob abweichend. Diese rosa Tyrannei der Handelsketten, der Fluch der pinken Prinzessinnen als letzte Rache des röchelnden Patriarchats?
Aber warum röchele ich plötzlich vor Regalen mit Kinderklamotten, hat abgebrühte Surviverin nicht eben noch idealistischen Jung-Mamis schmunzelnd mit gutem Rat beigestanden? Meine Göttin, das bisschen Rosa. Seit meiner Pro-Pink-Kolumne sind aber ein paar Jährchen vergangen und wundersam neue Menschen in mein Leben gekommen. Und eine Menge rosa Zeug.
Von weitem schon ist die Geschlechtszugehörigkeit funkelnagelneuer Erdenbürger_innen ersichtlich. Rosa Bündelchen auf dem Arm outet sich selber. Blaues Bübchen-Bündel selbstredend auch, Bübchen darf aber auch gern ganz in Gräulich, besonders farbenfroh kommt es auch nicht daher. Ist ja ein Mann und kein Papagei!
In einer Zeit, in der ein neues Geschlecht allmählich als weitere Menschenmöglichkeit erkannt wird, greift eine lächerlich rückwärtsgewandte Farb-(An)Ordnung um sich. Also, grübelgrübel, auch ein Farb-Branding für das dritte Geschlecht?
Schluss mit der Farb-Segregation in der Zeit des Regenbogens, Farbenfrohsinn für alle!