Toiletten sind derzeit ein heiß umkämpftes Terrain, Shit-Stürme branden auf, in braunen Kloa-ken gehen die Wogen hoch. Nur weil einem dritten Geschlecht ein stilles Örtchen eingeräumt wird.
Ich hatte zu Abortigem immer eine eher pragmatische Einstellung. Schon in meiner Juhugend suchte ich bisweilen Herrenklos auf. Den langen Schlangen vor den Damenklos konnte frau leicht entrinnen, mit einem kurzen Abstecher nach nebenan. Zu Mann.
Das herb-männliche Reich lockte mit rätselhafter Leere. Es war beziehungsweise ist, rezente Feldforschung bestätigt das, eine andere Welt. Es riecht umwerfend. Ganz anders als bei den Damen, die sich sanft lächelnd die Türklinke überreichen. Dort ist das Land des Lächelns, wer schon seit Jahren nicht mehr angelächelt wurde begebe sich auf eine Damentoilette. Allerdings – kleine Einschränkung, hoffentlich keine Diskriminierung – hilfreich ist, nicht allzu testosteronbombig aufzutreten. Parfümierter Charme schwebt in der Luft, selbst wenn die Kriegsmaschinerie der Händetrockner in Gang gesetzt wird.
Ganz anders nebenan. Im Reich der rauen Männlichkeit nichts wird beschönigt, es geht nur um das Eine. Weder Kunstblumen noch Steinarrangements lenken ab vom Wesentlichen. Die im Eingangsbereich angebrachten Becken, manchmal bemannt, sind nicht Kunst. Die spannenden Rituale, die sich vor Urinalen angeblich abspielen, bleiben Fräulein, das diskret ins Innere des Stillen Ortes strebt, verborgen.
Das Betreten des anderen Ortes war und ist eine Initiation, nur in was? Blässliche Schalen hängen rum, erbarmungsloses Fliesenflair, schlachthäusliche Aura. Eine ätzend-beißende Geruchswolke übermannt die Eintretende.
Hat fräulein all dies überwunden und das der Entleerung der Innereien vorbehaltene Innere erreicht, wird es aber reich entschädigt. Hier tobt die Kunst. Phalli bäumen sich auf, Schamhaar wuchert. Naives, Barockes, magisch Beschwörendes, Höhlenmalerei umgarnt sie. Pop Art und irre Lyrik. Bei den Damen wird immer noch Fahrrad mit Fisch serviert. Bis Klo-Strophobie sie endgültig zum Verlassen des Aborts zwingt. Oder weil ein Herr einzutreten wünscht, um auszutreten. Dann auf cool unsichtbar selbstverständlich verduften, klappt immer.
Ja, also danke, Jungs, für das Asyl im Reich der männlichen Mysterien. Okay, diese Herrenklohymne ist jetzt reichlich übertrieben. Ungerecht vielleicht, dass müssende Herren im Damenklo ausgegrenzt werden. Vielleicht wegen – siehe oben – Ausdünstungs-Inkompatibilität? Oder haben die strengen Schwestern recht mit ihrer Sitzanordnung? Solche Aussagen könnten Herrn echt stinken, Frau müsste biologische Studien betreiben, um sie seriös zu untermauern. Wäre dann biologistisch. Oder weil Mann ein Gefährder ist, zumindest ein potenzieller, mit Bio-Waffe versehen? Wieder biologistisch.
Denn sonst könnte es ja ein Unisex-Klo geben, eines für alle Notdürftigen, wie jetzt immer öfter im Angebot. Pisse ist Pisse, dachte ich auch einst radikal gleichberechtigend, bevor olfaktorische und ästhetische Erfahrungen mich verunsicherten. Die Identitätsdebatten waren noch nicht in einem Stadium, dass immer neue Gruppen immer neue Differenzen ausarbeiteten, um gleiche Rechte einzufordern, die ihnen ja sowieso zustanden. Warum machten sie also so ein Aufheben drum? Es war alles noch nicht so identitätskomplex.
Und haben wir nicht andere Probleme, jede Menge? Müssen wir uns da ausgerechnet um ein Klo für ein Geschlecht kümmern, von dem die meisten bisher kaum wussten, dass es es gibt? Und wenn, selber schuld. Und wenn: Fühlt es sich dann nicht einem der beiden anderen zugehöriger, kann also die Auswahl treffen, warum so wählerisch?
Überhaupt, ist das jetzt ein Witz? Ein Faschingswitz, schon wird es faschingswitzig.
Eine Bedürfnisanstalt für alle? Besser doch eine pro Geschlecht. Jedem jeder nach seinen ihren Bedürfnissen.
Schon ist die Welt weniger beschissen.
Wenn auch nur ein Pisschen.