Dass der geplante Ostermarsch zwei Wochen vor Ostern stattfinden soll, dürfte vor allem mit der Festlegung der Schulferien durch das Erziehungsministerium und der daraus erwachsenden Angst zu tun haben, dass am Karsamstag viele Menschen verreist sein könnten. Bezeichnend ist es trotzdem, dass am morgigen Samstag die im Laufe der Jahre sachte eingeschlafene Tradition der österlichen Friedensmärsche wiederbelebt werden soll. Denn im Gegensatz zur Umweltbewegung war die Friedensbewegung stets ein Stiefkind der öffentlichen Darstellung, so als seien Atombomben harmloser als Atomreaktoren. Doch CSV, Luxemburger Wort und Kalte DP-Krieger warfen der Friedensbewegung, wie schon der Antiatombewegung der Fünfzigerjahre, stets vor, nützliche Idioten des Ennemi zu sein. Trotzdem mobilisierte auf dem letzten Höhepunkt und der Entscheidungsschlacht des Kalten Kriegs in den Achtzigerjahren die auch in eine sozialdemokratische Variante gespaltene Bewegung Tausende.
Als die USA sich 2003 mit Hilfe von Fake news über Massenvernichtungswaffen anschickten, im Irak einzumarschieren, hatten nicht nur linke Parteien und Gewerkschaften, sondern schweren Herzens selbst CSV und ADR zu einer Kundgebung von mehr als 10 000 Menschen aufgerufen. Der Krieg konnte nicht verhindert werden, noch wollen sich die rechten Kreuzritter von CSV und ADR heute daran erinnern, dass er zur Geburtsstunde des islamistischen Terrors in den Metropolen wurde.
Doch während einige Aktivisten der Friedensbewegung es inzwischen bis zum Minister oder Gewerkschaftsvorsitzenden gebracht haben, wurden die Ostermärsche immer kleiner, bis sie in Vergessenheit gerieten, selbst als die Nato sich nach Osten ausbreitete und begann, Out-of-area-Kriege gegen Jugoslawien und Libyen zu führen, während jeweils zwei großherzogliche Unteroffiziere von Mali bis Afghanistan abkommandiert wurden. So sind es auch einige Vertreter einer neuen Generation von Friedensaktivisten, die als vor einem Jahr gegründete Friedens- und Solidaritätsplattform und mit Unterstützung linker Parteien und Gewerkschaften zu einem neuen Ostermarsch aufrufen.
Dabei fällt auf, dass nicht nur gegen die Kriegstreiberei in der großen weiten Welt protestiert, sondern auch die eigene Regierung ermahnt werden soll, nicht der US-Forderung nachzukommen, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Denn während der vorigen Legislaturperiode hatte die Koalition mit Millionenbeträgen den Militärhaushalt verdoppelt. DP, LSAP und Grüne werden ermahnt, den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen zu ratifizieren, und sie sollen sich gegen die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geförderte Verteidigungsunion und die von ihm geforderte Europäische Armee aussprechen. Noch pikanter ist die Warnung, „Luxemburg sollte nicht ins Rüstungsgeschäft einsteigen“, wie es nicht nur mit Militärsatelliten begonnen und im Koalitionsabkommen sogar Klein- und Mittelbetrieben versprochen wurde.
Doch die aktuellen Beweggründe des Ostermarsches erscheinen auch als eine bittere Ironie der Geschichte. Denn hatten die Ostermärsche der Achtzigerjahre den größten Zulauf beim Protest gegen die von den USA erzwungene Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen in Europa, so soll nun gegen die von der US-Regierung angekündigte Aufkündigung des INF-Vertrags protestiert werden, der die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen in Europa verhindern soll. Und machte der von US-Präsident Ronald Reagan angekündigte „Krieg der Sterne“ vielen Menschen Angst, so hat US-Präsident Donald Trump gerade die Gründung einer sechsten Waffengattung der US-Armee, der US-Space Force, verfügt..