Immer krieg ich so Gala-Bilder auf mein Handy gespült, vielleicht hab ich mal wo geklickt, in einem schwachen Moment. Von Bei Großherzogs. Großherzogs im Schloss, in der Kirche, im Urlaub, beim Schön- und Reichsein, und in der letzten Zeit superbeliebt: Großherzogs beim Normalsein. Die junge Familie. Vater, Mutter, Kinder. Wie sie so familiär leben. Wie sie Geburtstagskuchen mit ihren Kindern essen, so intim familiär. Mit ihnen scherzen und sie herzen. Wie schön.
Aber was habe ich damit zu tun? Ich bin zwar eine Bürgerin dieses Staates. Wenn auch nicht da. Und auch jetzt nicht. Drei Tage Thron, uff, so eine Dosis Dynastie! Zu Stadt zu Land zu Himmel. Drohnenkronen im Himmel. Drohnenkronen! Wie unbefangen sind doch meine Landsleute!
Die nehmen das alles scheinbar locker. Pfaffen aufknüpfen und Revolutionäres treiben ist nicht mehr zeitgemäß, derbe Scherze sind out, Satire nur noch ohne alles. Auf Oma-Facebook nehmen sich die eher Linken zahm zurück, niemand wettert oder schmettert Aufrührerisches, beliebt in meiner nicht gerade konservativ-religiösen Peer Group ist aktuell Händeschütteln mit einer Guillaume-KI-Figur. Kollega Großherzog! Alles läuft jovial ab, der Großherzog ist ja auch jovial. Alles ist gut, Kaffeebecher und Kuschelkissen mit Konterfei. Cover auf Paris Match. Ein Vater herzt sein Kind. Die Story. Das Narrativ. Bankenparadies, das war mal. Schurkenstaat, das war mal. Wir sind clean. Die fröhliche Familie. Zu heil natürlich nicht, heilig schon gar nicht, menschlich eben. Nix Perverses wie einst bei Buckinghammels. Glamour geht gar nicht. Normal. Normale Optik. Kein Thron, nur der aus der guten Stube. Keine Krone, höchstens Drohnenkrone. Kein Schloss. Nur eine Residenz.
Domestizierte Herrschaft. Gezähmte Kirche. Monarchie mit Maulkorb. Nur noch die Attribute. Die Symbole. Ich mache alles, was ihr wollt! Wenn ihr sterben wollt, bitte schön!
Wen soll man da bekämpfen? Die sind ja voll nett! Der Großherzog ist auch nett. Seine Frau strahlt eine in sich ruhende Melancholie aus, keine tussihafte Aufgekratztheit oder so was Unreifes. Der Großherzog wirkt klug. Umsichtig. Gute Eigenschaften. Brauchbar gerade. Das ist beruhigend. Beruhigend. Das ist das Wort. Der Großherzog ist beruhigend. Sogar dann, wenn er von dem offenen, diversen Land spricht in dem alle die hier wohnen sich zuhause fühlen sollen und es sich nicht klischeehaft anhört, sondern so als meine er das wirklich. Sogar dann, wenn wir das Reservat der süßen Regression verlassen.
Wenige Standhafte nur noch in dieser Kuschelwelt des Wohlwollens, in der plötzlich alle zu MonarchistInnen mutiert sind. Einer weist mich in meiner staatsbürgerlichen Verwirrtheit zurecht: Bedenke doch, in Luxemburg kannst du nie ein Steinmeier werden! Keiner von uns Luxemburgern und keine von uns Luxemburginnen kann je ein Steinmeier werden! Die meisten überfordert allerdings schon die Vorstellung, alle paar Jahre einen Präsidenten wählen zu müssen. Dann doch lieber der Hof!
Er tut uns ja nichts. Er will nur spielen. Theater. Für die TouristInnen. Aber auch für uns. Auch wir lieben es, insgeheim. Wir geben es nicht zu. Weil sollen wir den Großherzog dann abschaffen, den letzten der Welt, steht er nicht unter Artenschutz, und wie wüst und leer klingt denn das? Und was wären wir ohne all das Brimborium, ohne Weihrauch und Wilhelmus, den Stallgeruch der Dynastie, und das Gemecker darüber? Die Familie, die man nicht loswird und gar nicht loswerden will, denn was gibt es Beruhigenderes, und, danke!, Einschläfernderes? Schlaflos macht uns sowieso der Rest der Welt.
Was wäre ein Palast, in dem nur noch selbstgemachte Demokratie stattfindet? Ohne heranwachsende Prinzenkinder? Ohne salbungsvollen Worte des Großherzogs an den Staatsfeiertagen, immer desselben Großherzogs, er wird grauer und dicker wie wir, Jahrzehnte lang? Das ist die Kontinuität, von der wir dauernd reden. Wo alles rundum zum Teufel geht. Der Hof geht zum Te Deum. Das ist doch viel besser.