Der Wirtschafts-, der Erziehungs- und der Sportminister werben für ein neues Berufsbild. In einem Wettbewerb werden Jugendliche getestet, ob sie sich für einen Weltraumflug eignen. Zur Belohnung dürfen die 25 Besten an einem Parabelflug teilnehmen. Dann schweben sie für Sekunden schwerelos. Das Flugzeug der Europäischen Raumfahrtagentur trägt den Spitznamen „Kotzbomber“.
In den Schulen sollen sie als Botschafter der Raumfahrtindustrie auftreten. „Astronaut for a day“ heißt der Wettbewerb. Er ist eine Veranstaltung der Luxembourg Space Agency. Sie feiert ihren fünften Geburtstag. Fünf Jahr sind wenig für eine Feier. Doch die Branche ändert sich rasant.
Seit Jahrzehnten fördern CSV, LSAP, DP und Grüne die Privatisierung und Kommerzialisierung der Raumfahrt. Als die Satellitenschüsseln kleiner und billiger wurden, begann die Société Européenne des Satellites, der Unterhaltungs- und Werbeindustrie zuzuliefern. Wie RTL machte sie aus nationalen Hoheitsrechten eine private Rente. 1988 nannte Erbgroßherzog Henri ihren ersten Fernsehsatelliten einen „neie Feierwon“.
Die Übertragungstechnik änderte sich schnell. SES versuchte, Schritt zu halten. Sie diversifizierte in Telekommunikation und Internet. Unter der Loi Rau wurden 1998 Aktienzertifikate des „neie Feierwon“ angeboten. Seither fiel ihr Preis von 148 auf 6,4 Euro. Deshalb wurden sie „Volksaktien“ genannt.
„Vielmehr ist das Weltraumprojekt für die Industrie da, für deren Fortgang und für deren Steigerung“ (Günther Anders, Der Blick vom Mond, S. 164). 2016 versprach Wirtschaftsminister Etienne Schneider die Kolonisierung des Weltraums. Kein siedelnder, ein extraktiver Kolonialismus. Unter Luxemburger Flagge sollten Raumfahrzeuge auf Asteroiden Erze ausgraben und zur Erde bringen.
Luxemburg sollte „first mover“ werden – bei der Umgehung internationaler Abkommen: des erst nach 38 Jahren vom Parlament ratifizierten Weltraumvertrags, des bis heute nicht einmal unterzeichneten Mondvertrags. Die Verträge stellen die Raumfahrt in den Dienst der ganzen Menschheit. Luxemburg stellt sie in den Dienst einer Handvoll Privatfirmen.
40 Jahre nach der Schließung der Erzgrube Thillebierg erschienen SpaceResources.lu aufwendiger als gedacht. Eine Rendite ist nicht abzusehen. Die mit Steuergeldern angelockten Firmen Planetary Resources und Deep Space Industries gaben auf oder änderten ihr Geschäftsziel. Währenddessen beschleunigt sich die Privatisierung der Raumfahrt. Die Weltraumunternehmer Elon Musk, Jeff Bezos und Richard Branson machen sich von nationalen Hoheitsrechten frei.
Der Staat sprang wieder ein. Er verspricht die Verwertung überakkumulierten Kapitals mittels Rüstungsausgaben. Und kümmert sich im Kriegsfall sogar um dessen Vernichtung. Mit der Militarisierung der Raumfahrt wiederbelebt die Regierung die nationale Rüstungsindustrie. Und will nebenbei die Nato zufriedenstellen.
Satelliten und Bodenstationen kosten Hunderte von Millionen. Die Steuerzahler bezahlen den Govsat und das überteuerte Luxeosys. „Luxemburg kann zum Beispiel auch nicht in den Verdacht geraten, die eigene Rüstungsindustrie zu unterstützen, weil es keine gibt.“ Erzählte Verteidigungsminister François Bausch dem Télécran vergangenen Monat (15.2.23). Dann hinterlegte er einen Gesetzentwurf: Um der SES Übertragungskapazitäten von MEO-Satelliten abzukaufen.
„Don’t forget the real business of the War is buying and selling“ (Thomas Pynchon, Gravity’s Rainbow, S. 105). „La Forza del Destino crackling in from Radio Luxembourg“ (S. 595). Im Dienst der Armee, der Nato und der Europäischen Union können Satelliten den Ennemi beobachten, Botschaften und Befehle übermitteln. Sie können Drohnenangriffe steuern, den Armen aus Afrika beim Ertrinken im Mittelmeer zusehen. Die Luxemburger Raumfahrt wird „nachhaltig“. Freute sich Wirtschaftsminister Franz Fayot am 13. Dezember.