Nach monatelangen Verhandlungen haben CNS und AMMD am 30. Oktober eine Übereinkunft über die Anwendung Digital Health Network (DHN) gefunden, die den digitalen Austausch von Gesundheitsdokumenten ermöglicht. Die Ärztevereinigung hatte ihre vor vier Jahren erstmals vorgestellte Gesondheetsapp von dem bis dahin vor allem im Bereich der digitalen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen tätigen Unternehmen Have-a-Portfolio (inzwischen 100% Digital Sàrl.) entwickeln lassen und mit dessen Inhaber Claude Havé die Gesellschaft DHN gegründet. Havé hatte seinerseits mit Nowina Solutions im Rahmen einer Ende 2022 freiwillig liquidierten Wirtschaftlichen Interessengemeinschaft Zertifikate für digitale Signaturen hergestellt. Diese „Komplettlösung“, mit der die AMMD die Einführung des remboursement accéléré von Arztrechnungen und den Austausch von anderen medizinischen Dokumenten beschleunigen wollte, konnte sich aber nie auf dem Markt behaupten, auch weil die CNS parallel eine eigene App entwickelte und vor einem Jahr das paiement immédiat direct (Pid) einführte, was die Gesondheetsapp in gewissem Maße überflüssig machte. Das führte dazu, dass DHN Schulden anhäufte, die sich Ende 2023 auf 4,6 Millionen Euro beliefen.
Um DHN zu „retten“, hatten schon die vorige Gesundheitsministerin Paulette Lenert und Sozialminister Claude Haagen (LSAP) im April 2023 der AMMD angeboten, ihr DHN abzukaufen, doch eine Einigung konnte nicht gefunden werden. Stattdessen verließ die Ärztevereinigung aus Protest den Verwaltungsrat der Agentur E-Santé, in den sie bis heute nicht zurückgekehrt ist (die AMMD wollte sich diese Woche auf Land-Nachfrage nicht äußern), und drohte damit, das elektronische Patientendossier sowie das Pid zu boykottieren (d’Land, 28.4.2023).
Mit CSV-Gesundheitsministerin Martine Deprez scheint der Dialog nun besser zu funktionieren als mit ihrer sozialistischen Vorgängerin, der die AMMD wiederholt „Planwirtschaft“ vorgeworfen hatte. Das am 30. Oktober vereinbarte Abkommen sieht vor, dass die CNS DHN für 4,8 Millionen Euro kauft – einschließlich der digitalen Zertifikate. Ob die CNS die Anwendung tatsächlich braucht, ist unklar. Die AMMD hatte sich zuletzt darauf berufen, dass es eine Schwäche des Pid sei, dass der Patient nicht um seine Einwilligung gebeten werde, bevor die Arztrechnung direkt an die CNS geht und er seinen Eigenanteil bezahlt, und diese Schwäche mit DHN behoben werden könne. Die CNS weist das jedoch zurück, denn der Arzt sei dazu angehalten, dem Patienten die Rechnung nach der Behandlung und vor der Bezahlung zu zeigen. Mit DHN will die CNS ihren Versicherten nun ermöglichen, dass sie ihre Rechnungen jederzeit einsehen können, aber auch Kostenvoranschläge, Krankenscheine, Rezepte und andere Dokumente direkt an die CNS weiterleiten und verwalten können.
Weil die AMMD als gemeinnützige Vereinigung keinen Gewinn machen darf, kam bei der Transaktion die im Gesetz über die marchés publics vorgesehene Verhandlungsprozedur der „occasion particulièrement avantageuse“ zur Anwendung, die insbesondere für Fälle bestimmt ist, in denen der Staat zu günstigen Bedingungen Material bei Firmen kauft, die ihr Geschäft aufgelöst oder Konkurs angemeldet haben.