Luxemburgs Kredit-Rating

AAA

d'Lëtzebuerger Land vom 20.01.2012

Ganz gleich, ob man sie für die letzten Gerechten oder für korruptes Pack hält, der Einfluss der drei marktbeherrschenden Rating-Firmen und ihrer Bewertung der Gewinnaussichten von Firmen und Staaten nimmt nicht ab. Wann ist auch schon der von ihnen betriebene Handel mit Sicherheit und Gewissheit größer als in Zeiten allgemeiner Ungewissheit, wenn in der Europäischen Union ein endgültiger Krisengipfel den anderen im Monatstakt jagt? So erklärt sich die Aufregung am Wochenende nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit einer Mehrheit von Staaten im Euro-Raum durch Standard and Poor’s. Obwohl die Herabstufung vorhersehbar war, denn sie bewertet weniger die Finanzpolitik einzelner Staaten neu als die Ergebnisse des EU-Gipfels vom 9. Dezember.

Auch wenn Luxemburg zusammen mit Deutschland, den Niederlanden und Finnland die Bestnote AAA behält, ist die US-Firma doch dabei, die Kreditwürdigkeit des Großherzogtums Schritt für Schritt herabzustufen: Am 5. Dezember stellte sie es „unter Beobachtung mit negativen Auswirkungen“, nur einen Monat später gibt sie die Aussichten unverblümt mit „negativ“ an. Das heißt im Rating-Jargon, dass eine 33-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie Luxemburgs AAA-Bewertung dieses oder nächstes Jahr tatsächlich senken wird. Das Gewicht des Finanzplatzes in der Volkswirtschaft setze diese nämlich den Risiken einer Verschärfung der Schuldenkrise im Euro-Raum aus, obwohl die grundlegenden Stärken der Volkswirtschaft ausreichten, um externe Schocks aufzufangen, spekuliert Standard and Poor’s. Bemerkenswerterweise lobt die Firma die „erwiesene Kontrolle der Staatsfinanzen und eine sehr starke Staatsbilanz“, scheint also, anders als neuerdings die Europäische Union, die künftigen Rentenleistungen im einem Umlagesystem nicht unbedingt als gigantische verdeckte Staatsschuld zu bilanzieren.

Dass Luxemburg seine AAA-Bewertung behält, wird allerdings nicht überall als gute Nachricht empfunden, um so mehr als es bei der Finanzierung seiner bescheidenen Staatschuld weniger auf das Wohlwollen internationaler Märkte angewiesen ist als andere EU-Staaten. Die Spitzenbewertung kann nämlich auch als Lob des Status quo ausgelegt werden, das so den poltischen Reformdruck vermissen lässt, mit dem sich doch noch die Kosten des Sozialstaats senken und die Lohnstückkosten verbilligen lassen.

Wenn die deutsche Regierung es nicht aus innenpoltischen Rücksichten zu verhindern weiß, kann die europaweite Neubewertung der Kreditwürdigkeit auch für Luxemburg und die drei anderen bestbewerteten Staaten die Kosten des Euro[-]päischen Stabilitätsfonds erhöhen. Seine Kreditwürdigkeit hat die einflussreichste der drei Rating-Firmen nach der Herabstufung seiner Bürgen nun ebenfalls gesenkt. Und in den kommenden Monaten muss der Fonds viel billiges Geld bereit halten, wenn hoch verschuldete Staaten ihre fälligen Obligationen zu refinanzieren versuchen. Dabei wurde schon vor einem Monat in diversen Gutachten zum Staatshaushalt gewarnt, dass die als Folge der Schuldenkrise gewährten staatlichen Bürgschaften und Darlehen rasch die Grenzen des Vertretbaren erreichen könnten. Während die Regierung bisher auffällige vage blieb, wenn sie die Kosten der weiteren Verpflichtungen beziffern sollte.

Aber was ist das schon im Vergleich zum am Mittwoch veröffentlichen Konjunkturbericht der Weltbank? Sie schließt nicht mehr aus, dass im Laufe des Jahres zwei großen Euro-Ländern das Geld ausgehen kann, und warnt, dann sei die Möglichkeit „durchaus gegeben, dass es viel schlimmer kommen wird“ als die ohnehin erwartete Rezession in Europa,

Romain Hilgert
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