Worum geht’s? Um die Großregion, um transnationale Koopera[-]tion, um eine der ältesten Einrichtungen der institutionalisierten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, genauer gesagt um den Interregionalen Parlamentarier-Rat, kurz IPR. Gegründet wurde er bereits 1986, somit ist er fast zehn Jahre älter als der Gipfel der Großregion, der erstmals im September 1995 in Bad Mondorf stattgefunden hat.
Der IPR verkörpert die legislative Ebene auf dem Schachbrett der großregionalen Zusammenarbeit. Er setzt sich aus jeweils zehn Abgeordneten aus der luxemburgischen Abgeordneten-kammer, den beiden Landtagen von Rheinland-Pfalz und aus dem Saarland, dem lothringischen Regionalrat und dem wallonischen Parlament zusammen. Ursprünglich zählte er „nur“ 35 Mitglieder, sieben pro Teilgebiet. 2006, zu seinem 20-jährigen Bestehen, wurde die belgische Delegation aufgestockt, um auch der französischen und der deutschsprachigen Gemeinschaft Zugang zu diesem – auf dem Papier – hochkarätigen Gremium zu verschaffen. Da man die wallonische Gruppe nicht verringern wollte, hat man halt die Mitgliedszahl vergrößert, und weil man kein Teilgebiet bevorteilen darf, wurde überall aufgestockt. Ein positiver Nebeneffekt hiervon ist, dass man bei zehn genannten Mitgliedern pro Region davon ausgehen darf, dass wenigstens zwei, manchmal sogar drei oder vier Vertreter an den nicht immer ergiebigen Treffen teilnehmen.
Der IPR hat keine eigene gesetzgebende, sondern lediglich eine beratende Kompetenz. Das ist sein Hauptmanko, neben dem Umstand, dass es keine Direktwahl für seine Mitglieder gibt, und wohl auch der Grund, warum Abgeordnete „aus der ersten Reihe” sich nicht unbedingt um einen IPR-Stuhl streiten. Der Rat, wie andere Gruppierungen dieser Art, beschließt eben nichts. Er darf allerdings über grundsätzliche Fragen diskutieren, Projekte begutachten, Empfehlungen aussprechen, Vorschläge machen, ja, sogar den Gipfel interpellieren.
Am 2. Dezember kam es zu einem Eklat, als in Metz (das Schicksal, pardon, der Vorsitz der Großregion liegt ja in Lothringer Hand) über Cattenom gesprochen wurde. Normalerweise verhindert man ja „des sujets qui fâchent“, also unangenehme Themen, aber diesmal kam man an der Frage der Kernen[-]ergie nicht vorbei. Und blieb prompt daran hängen. Dass man im deutsch-luxem-burgischen Grenzgebiet kaum noch große Cattenom-Anhänger findet, nicht mal unter den Abgeordneten, hat sich herumgesprochen. Dass man sich im Laufe des Gefechts im Ton vergreift, sich gegenseitiges Versagen beziehungsweise Nichtstun vorwirft, das IPR in seiner Ganzheit heruntermacht und schließlich Saalflucht begeht, sollte nicht vorkommen.
Das hat die Großregion nicht verdient, oder vielleicht doch? Vielleicht gibt es ja auch Gremien, die irgendwann ausgedient haben. Die Malaise im und um den IPR ist jedenfalls nicht neu. Im Januar 2005 hatte ich selbst die Gelegenheit, einer Plenarsitzung in Metz beizuwohnen. Es ging unter anderem um die zukünftige Finanzierung des saarländischen Staatstheaters und die Frage, ob ein nicht-saarländischer Parlamentarier – natürlich aus groß-regionaler Sicht – dazu eine Meinung haben, und sie auch kundtun darf. Meine Herren! Ich habe damals den IPR als zahnlosen Tiger bezeichnet. Wie es scheint, ist daraus ein fauchendes, allerdings krallenloses Kätzen geworden. Arme Großregion. Sie hat weder eine gemeinsame Kultur, noch eine gemeimsame Streitkultur. Aber wir arbeiten daran.