d’Land: Frau Bofferding, haben Sie am kommenden Donnerstag schon was vor?
Taina Bofferding: Ja, ich habe in der Tat schon was vor, aber es hat nichts mit dem Papst zu tun. Der Premierminister organisiert zwar ein Event im Cercle Cité, doch einer meiner Kollegen hat sich bereit erklärt, mich dort zu vertreten.
Ist es nicht ironisch, dass der Betrugsfall bei der Caritas zwei Monate vor dem Papstbesuch aufgeflogen ist?
Die Caritas-Affäre wird uns noch einige Zeit begleiten. Die LSAP hat einen Sonderausschuss dazu beantragt, damit die Abgeordneten sich intensiv mit der Angelegenheit beschäftigen können. Das ist effizienter als unter der Leitung des Ausschusses zur Kontrolle der Ausführung des Haushaltsplans fünf Kommissionen zusammenzurufen, wie es diese Woche der Fall war. Auf diese Weise können wir Daten und Informationen erhalten und Vertreter des Bistums und der Caritas anhören, die sich bislang kaum zu der Angelegenheit geäußert haben. Wir wollen nicht Richter spielen, das steht uns nicht zu, doch die Regierung ist in die Caritas-Affäre impliziert und es ist die Rolle des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren. Deshalb müssen wir Antworten auf unsere politischen Fragen bekommen – etwa wer wann welche Entscheidung getroffen hat.
Um die Caritas zu retten, hat die Beraterfirma PWC nach Vorgaben des Premierministers aus der Caritas eine Bad Bank gemacht und mit Hëllef um Terrain (Hut) eine neue Struktur aus früheren PWC-Partnern, Anwält/innen und Versicherungsmanagern geschaffen, die ihre Dienstleistungen weiterführen soll. Wie finden Sie das?
Der Verwaltungsrat der Caritas existiert noch, hat aber anscheinend keine Befugnisse mehr. Daneben hat sich mit Hut eine neue Einheit gegründet, die angeblich unabhängig ist, sich aber aus CSV- und DP-Mitgliedern zusammensetzt. Deshalb ist es schwer vorstellbar, dass es keine Gespräche zwischen den Gründungsmitgliedern von Hut und der Regierung gegeben hat. Es ist wichtig, dass wir Antworten auf diese Fragen bekommen, um die Entscheidungsfindung auf politischer Ebene zu verstehen. Wenn Außenminister Xavier Bettel im Radio sagt, die Caritas habe internationale Projekte unilateral gestrichen, mag das stimmen, doch meines Wissens hat die Regierung beispielsweise ein Krankenhaus im Südsudan finanziert, deswegen hängt daran auch eine politische Entscheidung. Demnach ist die Frage berechtigt, ob das Kooperationsministerium dieses Projekt vielleicht über einen anderen Weg weiterhin unterstützt. Die Regierung versteckt sich hinter der Caritas, doch so einfach ist das nicht. Immerhin hat der Premierminister die Affäre zur Chefsache erklärt, er hat die Kommunikation an sich gerissen, es fanden interministerielle Treffen dazu statt. Dann kann die Regierung nicht die ganze Verantwortung auf die Caritas abwälzen, immerhin ist sie einer der größten Service-Provider für den Staat.
Was hätte die LSAP anders gemacht?
Es ist wichtig, dass die Projekte weitergeführt werden. Für uns ist noch unklar, wie der Übergang von der „alten“ Caritas in die neue Struktur vonstatten gehen soll. Wenn uns gesagt wird, das Personal werde übernommen und könne vielleicht in seinen Büros bleiben, ist das eine gute Sache, aber es geht ja nicht nur darum. Der ganze Aufbau der Caritas ist sehr undurchsichtig, im Verwaltungsrat sitzen Mitglieder der CSV, es gibt durchaus Verstrickungen: Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr Fragen stellen sich.
Das Erzbistum ist nicht mehr Teil der neuen Struktur Hut, das Wort hat es schon vor drei Jahren an einen multinationalen Konzern verkauft und auch die Beziehungen zur CSV größtenteils gekappt. Die LSAP und ihr nahestehende zivilgesellschaftliche Organisationen haben jahrzehntelang für die Trennung von Kirche und Staat gekämpft. Ist daraus jetzt der laizistische Staat hervorgegangen, wie Sie ihn sich vorgestellt und gewünscht hatten?
Seit ich den Jusos beigetreten bin, hat sich viel verändert. Der katholische Religionsunterricht wurde aus den Schulen entfernt, die Gehälter des Bistums werden nicht mehr vom Staat bezahlt und so weiter. Wir haben große Fortschritte erzielt. Heikler ist es noch in den Gemeinden, die weiterhin für die Heizkosten in den Kirchen aufkommen müssen. Grundsätzlich stellt aber heute niemand mehr die Trennung von Kirche und Staat in Frage – nicht einmal die CSV.
Durch die Trennung ist aber die moralische gesellschaftliche Dimension der Kirche weitgehend verloren gegangen. Was bleibt, ist ein neoliberaler Staat, der wie ein Unternehmen funktioniert. War es das, was Sie wollten?
Wir haben bestimmt nicht die konservative, wirtschaftsliberale Ausrichtung der Gesellschaft gefordert, für die diese Regierung steht. Auch nicht, dass der Premierminister sich selbst als CEO der Firma Luxemburg sieht. Für uns ist Luxemburg kein Unternehmen, keine Aktiengesellschaft; die Bürger/innen sind für uns keine Angestellten, die rentabel sein müssen. Dieses Grundverständnis der Regierung zieht sich durch alle Bereiche, darin ist sie durchaus konsequent. In der Finanz- und Haushaltspolitik setzt sie ausschließlich auf das alte Wachstumsmodell. Die Nachwirkungen dieses Modells, das jahrzehntelang in Luxemburg gepflegt wurde, werden vom Premierminister erst gar nicht erwähnt. Auch in der Caritas-Affäre spricht er ausschließlich von Steuergeldern, nicht aber vom Personal, das seine Arbeit verliert oder in Ungewissheit lebt. Das ist bezeichnend für das konservativ-liberale Weltbild des Luc Frieden.
Müsste man nicht grundsätzlich über die konventionierte Betreuung von Geflüchteten und Obdachlosen nachdenken? Sie vielleicht verstaatlichen? Oder gar privatisieren?
Der Staat kann diese Aufgaben nicht alle selbst übernehmen. Deshalb arbeitet er ja mit Organisationen wie Caritas und Croix-Rouge zusammen. Die CSV-DP-Regierung braucht aber eine Strategie zur Armutsbekämpfung. Es reicht nicht zu sagen, sie sei eine Priorität, es müssen auch konkrete Taten folgen. Wir warten noch immer auf den entsprechenden Aktionsplan.
Anfang des Jahres hat das Bettelverbot der Stadt Luxemburg für viel Aufregung gesorgt. Jetzt scheint eine Lösung gefunden: Justizministerin Elisabeth Margue will die mendicité simple endgültig aus dem Strafgesetz streichen und stattdessen den Tatbestand der mendicité aggressive einführen. Innenminister Léon Gloden will mit dem Platzverweis renforcé verwaltungsrechtlich gegen Bettelnde und Obdachlose vorgehen. Ist das in Ihren Augen die richtige Lösung?
Diese Lösung ist weiterhin ausschließlich repressiv. Es reicht nicht, die Bettelnden ins Visier zu nehmen und sie zu kriminalisieren. Denn im Endeffekt sieht man sie zwar weniger oft in der Oberstadt, doch sie sind nicht verschwunden, sie halten sich nur in anderen Vierteln auf. Die vorige Regierung hatte Projekte wie Housing First geplant, die sich schon im Ausland bewährt haben. Das muss jetzt kommen, zusammen mit einer Strategie für die gesamte sozialarbeitliche Betreuung – auch für andere Gemeinden.
DP-Familienminister Max Hahn will seinen Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut ja bald vorstellen.
Bislang haben wir aber noch nicht einmal erfahren, welchen Ansatz er wählen will. Im Rahmen der Debatten über den Haushalt und die Rede zur Lage der Nation hatten wir Motionen eingereicht, um das Revis-Gesetz anzupassen und den Mindestlohn von der Steuer zu befreien. Das soll jetzt passieren, aber als wir es damals gefordert haben, waren die Mehrheitsparteien dagegen. Mit diesem Hickhack verlieren wir nur Zeit, dabei ist es wichtig, dass den Menschen schnell geholfen wird.
Die LSAP muss sich natürlich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie diese Maßnahmen nicht selbst umgesetzt hat, als Sie noch in der Regierung war.
Hätte die Regierung ausschließlich aus der LSAP bestanden, hätten wir sie längst umgesetzt. Erstens hat die Vorgängerregierung viele Initiativen im sozialen Bereich ergriffen und zweitens muss man die politischen Antworten immer wieder an die Entwicklung der Gesellschaft anpassen. Mit der DP war das nicht immer einfach und in Koalitionen muss man eben gewisse Kompromisse eingehen. Wären wir noch in der Regierung, würden wir vor allem in der Armutsbekämpfung stärkere Akzente setzen. Im Unterschied zum Premierminister würden wir nicht nur dafür sorgen, dass die sozialen Ungleichheiten nicht weiter steigen, sondern uns dafür einsetzen, sie zu verringern.
Obwohl es im Wahlkampf kein Thema war, hat die Regierung beschlossen, eine gesellschaftliche Debatte über die Rentenreform zu führen, die in zwei Wochen beginnen soll. Ist der Zeitpunkt dafür gut gewählt?
Die Renten sind ein Thema mit viel politischem Sprengstoff. Man merkt, dass die Parteien langsam nervös werden. Die Regierung, die anfangs noch von einer Rentenreform redete, ist inzwischen schon zurückgerudert und will erst einmal eine Rentendebatte führen. Die Vorgängerregierung hatte noch beschlossen, dass der Beitragssatz von 24 Prozent bis 2032 erhalten bleiben soll, parallel dazu wurde der Wirtschafts- und Sozialrat (WSR) mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Berechnungen der Generalinspektion der Sozialen Sicherheit (IGSS) beauftragt. Inzwischen liegen zwei Gutachten des WSR vor, weil die Sozialpartner sich nicht einigen konnten. Mir ist aber noch nicht klar, worüber eigentlich diskutiert werden soll: Geht es um sämtliche Rentenregimes oder nur um spezifische Aspekte? Was will die Regierung anstoßen und wo will sie mit dieser Diskussion hin? Wer soll am Rententisch teilnehmen, wer wird von der Sozialministerin eingeladen? Weil alles noch so vage ist, ist es für uns schwierig, uns aktuell dazu zu positionieren.
LSAP-Generalsekretär Sacha Pulli hat sich schon positioniert. Ähnlich wie déi Lénk schlug er kürzlich in einem Forumsbeitrag im Tageblatt unter anderem vor, die Beitragsobergrenze im Privatsektor abzuschaffen – wie es bei den Staatspensionen der Fall ist –, ohne aber die Rentenansprüche zu steigern. Ist dieser Vorschlag klug?
Wir haben zwar den technischen Bericht der IGSS vorliegen, doch uns fehlt noch eine Analyse sämtlicher Regimes – ein allgemeiner Überblick über die Renten im privaten und im öffentlichen Sektor. Wir werden uns bald mit dem wissenschaftlichen Dienst der Abgeordnetenkammer treffen, weil wir uns erkundigen wollen, ob er über die notwendigen Ressourcen verfügt, um die unterschiedlichen Rentenregimes fachkundig zu analysieren. Wir wollen in der Debatte auf eine breite und fundierte Datenbasis zurückgreifen können.
Laut CSV-Sozialministerin Martine Deprez soll die Debatte sich vor allem um die Renten im Privatsektor drehen. Möchte die LSAP auch über die Renten im öffentlichen Sektor diskutieren?
Bei den Gemeinden muss über die Beiträge zum Dotationsfonds und den Verteilerschlüssel gesprochen werden. Im kommunalen Sektor gibt es eine Tendenz, weniger Beamte und mehr Angestellte einzustellen, was dazu führt, dass das Defizit der Caisse de prévoyance des fonctionnaires et employés communaux (CPFEC) steigt. Doch diese Frage muss man zusammen mit den Gemeinden diskutieren.
Die CPFEC ist seit 2016 im Defizit. Als Innenministerin haben sie erst im Wahljahr 2023 den Beitragssatz für die Gemeinden und den des Gemeinden-Dotationsfonds angehoben. Wieso haben Sie nicht schon früher etwas dagegen unternommen?
Als ich als Innenministerin damit konfrontiert wurde, bin ich die Angelegenheit damals mit meinen Beamten angegangen. Das Problem ist, dass die CPFEC noch wie eine alte Mutualitätskasse aufgebaut ist, die Gemeinden als Arbeitgeber sind gar nicht im Verwaltungsrat vertreten. Wäre mir mehr Zeit als Innenministerin geblieben, hätte ich das geändert.
Seit November sind Sie nicht mehr Innenministerin, sondern Fraktionsvorsitzende der Oppositionspartei LSAP. Wie klappt die Zusammenarbeit mit den anderen Oppositionsparteien? Gibt es so etwas wie eine rot-(rot)-grüne Allianz, wie sie Alex Bodry nach den Wahlen gefordert hat?
Wir stehen in engem Kontakt mit den anderen Oppositionsparteien, mit Ausnahme der ADR, die vollkommen andere Werte vertritt und eine andere politische Ausrichtung hat. Mit Grünen und Linken sprechen wir uns regelmäßig ab, wenn wir Motionen einreichen und Punkte auf die Tagesordnung setzen lassen. Wir haben auch schon gemeinsame Pressekonferenzen organisiert, etwa zum Bettelverbot, was es in der Vergangenheit in dieser Form nicht gegeben hat. Wir unterstützen uns gegenseitig. Doch natürlich wäre es auch gut, wenn die Mehrheitsparteien uns ab und zu unterstützen würden, damit wir nicht immer in diesem klassischen Spiel von Mehrheit gegen Opposition verhaftet blieben, das ich persönlich extrem anstrengend und bedauerlich finde. Den Bürger/innen ist es egal, ob ein Gesetz mit 60 oder 35 Stimmen angenommen wird, solange es für sie eine Verbesserung bringt. Deshalb haben wir auch in der Caritas-Affäre einen konstruktiven Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Kontrollmechanismen für Stiftungen und Vereinigungen, die hohe Beträge verwalten, verbessern soll.
Ist es nicht Teil des parlamentarischen Spiels, dass Mehrheit und Opposition sich oft nicht einig sind? Das war in der vorangegangenen Legislaturperiode doch nicht anders, was damals die CSV des Öfteren bemängelt hat.
Ja, aber insgesamt finde ich es schade, weil es oft nicht um die Sache geht. Insbesondere in Krisenzeiten ist es wichtig, dass die erste Gewalt zusammenhält, sich gemeinsam für die Bürger/innen einsetzt und sich nicht in parteipolitischem Geplänkel verliert.
Organisieren LSAP, Grüne und Linke auch interfraktionelle Sitzungen, wie es die Mehrheitsparteien tun?
Der Austausch findet eher spontan, sporadisch, auf informeller Ebene statt. Wir laufen uns im Parlament ja regelmäßig über den Weg.
Wie ist die Zusammenarbeit mit den Piraten?
Zurzeit ist das nicht so einfach, die Piraten sind ja seit einigen Wochen vor allem mit sich selbst beschäftigt. Sie haben aber häufig Motionen und Abänderungsanträge von uns unterstützt.
Mit dem Ex-Piraten Ben Polidori hat die LSAP seit dieser Woche einen zusätzlichen Abgeordneten und ist nun fast wieder so stark wie 2013. Was bedeutet das für die Partei?
Ich deute es als starkes Zeichen, dass er sich der Opposition und nicht der Mehrheit angeschlossen hat. In den Ausschusssitzungen hat man schon vorher gemerkt, dass er unsere Werte teilt und uns nahe steht.
Als Fraktionspräsidentin der größten Oppositionspartei steht ihnen die Rolle der Oppositionsleaderin zu. Gefällt sie Ihnen? Finden Sie sich darin zurecht?
Ja, es ist etwas Neues, das man wollen und auch spüren muss. Die gesamte Fraktion und auch ich mussten erst einen Prozess durchlaufen, man weiß ja nicht automatisch, wie das funktioniert, nur weil man im Parlament plötzlich auf der anderen Seite sitzt. Wir sind aber ein sehr vielfältiges Team, haben viele Frauen und junge Abgeordnete, die alle ihre eigenen Ideen, Kompetenzen und Profile mitbringen. Sodass ich zuversichtlich bin, dass wir in Zukunft noch mehr Gesetzesvorschläge und andere Initiativen einbringen werden.
Die Oppositionsarbeit der Grünen-Sprecherin Sam Tanson wurde in den vergangenen Monaten sehr positiv bewertet. Haben Sie nicht manchmal Angst, dass sie Ihnen den Rang abläuft?
Ich spüre keine Konkurrenz von ihr, wir haben gut in der Regierung zusammengearbeitet und jetzt in der Opposition genauso. Ich merke aber, dass von außen versucht wird, Bofferding und Tanson in Konkurrenz zueinander zu setzen. Ich höre jedoch nie, dass man (Marc) Spautz und (Gilles) Baum oder (Fred) Keup und (Sven) Clement miteinander vergleicht. Vielleicht liegt es daran, dass wir Frauen sind. Ich finde das vollkommen absurd.
1999, als die LSAP zum letzten Mal in die Opposition musste, kam es nach den Wahlen zu einem rein männlichen Konkurrenzkampf zwischen Jean Asselborn und Alex Bodry um den Parteivorsitz. Asselborn setzte sich durch und wurde 2004 Spitzenkandidat. Gibt es heute eine ähnliche Situation zwischen Ihnen und Paulette Lenert?
Nein, überhaupt nicht. Die Frage nach der Spitzenkandidatin ist noch so weit entfernt. Paulette Lenert hatte ja nach den Wahlen auf den Fraktionsvorsitz verzichtet. Als sie mich fragte, ob ich das Amt übernehmen möchte, habe ich zugesagt. Ich hatte die Unterstützung der Fraktion, es gab auch keine Kampfabstimmung. Paulette Lenert ist Vize-Fraktionspräsidentin, wir ergänzen uns gut, tauschen uns aus, lernen voneinander. Wieso müssen wir in Konkurrenz zueinander stehen?
Weil die Frage nach der nationalen Spitzenkandidatur sich in zwei, drei Jahren zwangsläufig stellen wird. Paulette Lenert hatte sich als Parteipräsidentin angeboten, als Francine Closener Anfang des Jahres zögerte.
Wer weiß schon, was in drei, vier Jahren sein wird. In der Politik kommt es manchmal ganz anders, als man denkt. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mal Ministerin werden würde, und jetzt bin ich in der Opposition. So ist das halt.
Diese Woche hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Vorschlag für die neue Kommission vorgestellt. Christophe Hansen soll das Ressort Landwirtschaft und Ernährung übernehmen. Wie finden Sie das?
Spannend und interessant. Eine Verwandte von ihm besetzt ja bekanntlich das Landwirtschaftsressort in der luxemburgischen Regierung. Martine Hansen hat die Landwirtschaftspolitik der EU-Kommission immer scharf kritisiert, weil sie den Bauern das Leben erschwere. Vielleicht hilft diese Konstellation ja, dass sich auf europäischer Ebene etwas ändert. Es dürften auf jeden Fall spannende Familienfeiern bei den Hansens werden. Aus LSAP-Sicht bedauern wir natürlich, dass Nicolas Schmit nicht zurückbehalten wurde. Ich finde es schade, dass die Parteiraison über allem anderen stand.
Sie sind vor sechs Monaten von Esch/Alzette nach Düdelingen gezogen, wo die LSAP seit über 100 Jahren fast ununterbrochen regiert, aber noch nie eine Frau Bürgermeisterin war. War der Umzug eine politische Entscheidung?
Nein, ich bin nicht dorthin gezogen, um Bürgermeisterin zu werden, es war eine rein private Entscheidung. Ich bin mir bewusst, dass es eine Todsünde ist, von Esch nach Düdelingen zu ziehen, doch ich war schon davor eher ein Fan vom T71 als vom Basket Esch, deshalb war die Umstellung nicht ganz so groß. Düdelingen ist eine sehr schöne Stadt mit einem großen kulturellen Angebot, ich kann viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad unternehmen, wohne nah an der Natur. Nur die Autobahn Richtung Hauptstadt ist genauso verstopft wie die aus Esch, dem bin ich leider nicht entkommen.