Bankgeheimnis

Santa Maria da Feira

d'Lëtzebuerger Land du 05.03.2009

Am Sonntagnachmittag treffen sich Haushaltsminister Luc Frieden, der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz und der österreichische Finanzminister Josef Pröll auf Schloss Senningen. Dort wollen sie darüber beraten, wie sie sich gegen die neuen Kritiken am Bankgeheimnis und die Drohung wehren können, am 2. April vom G20 auf die schwarze OECD-Liste der Steueroasen gesetzt und boykottiert zu werden. Zu dem Zeitpunkt sind die Abgeordneten des Finanz- und Haushaltsausschusses gerade aus Paris zurück, wo sie versuchten, ihre französischen Kollegen zu bekehren.

Wenn die bis 2004 regierende CSV/DP-Koalition in die Geschichtsbücher eingeht, dann damit, dass sie sich im Juni 2000 im portugiesischen Santa Maria da Feira dazu hinreißen ließ, mit der grenzüberschreitenden Besteuerung von Bankkunden, das heißt mit der Einführung eines Informationsaustauschs oder während einer Übergangszeit einer Quellen­steuer, einverstanden zu sein. Diejenigen, die heute „ganz Feira und nichts als Feira“ verteidigen wollen, vergessen vielleicht, dass damals verschiedene politische und Bankenkreise der Regierung quasi Verrat am Finanzplatz vorwarfen. So wie das Tageblatt Juncker nun wieder unterstellt, das Bankgeheimnis seiner europäischen Karriere zu opfern.

Doch schon 2000 war die Verteidigung des Bankgeheimnisses gegen die Steuerämter der Nachbarländer nur ein Schritt in einem Rückzugsgefecht, um Zeit zu schinden. In Feira waren es noch vier, Luxemburg, Österreich, Belgien und Griechenland, die sich querlegten. Heute bleibt Luxemburg nur noch Österreich als Verbündeter in der EU sowie die Schweiz.

Dass derzeit die Nachbarländer Frankreich und Deutschland, die EU-Kommission, die G20 und die OECD eine neue Angriffswelle auf Steueroasen begonnen haben, ist die direkte Folge der Finanzkrise. Auch wenn das internationale Finanzsystem in Wirklichkeit durch das größte Finanzzentrum der Welt, die Wall Street, und deren Hypothekenkrise destabilisiert wurde. Weshalb die Kampagne gegen die Steueroasen so demagogisch wie diejenige gegen die hohen Prämien der Bankiers erscheint, weil sie, statt die ökonomischen Ursachen der Krise zu beheben, Sündenböcke vorführt.

Es war aber vorhersehbar, dass der Ruf nach einer wieder größeren Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte nicht vor dem Bankgeheimnis und dem Statut der liberalsten Finanzzentren Halt machen würde. Zudem erhöht die Wirtschaftskrise das Interesse der sich rasch verschuldenden Staaten an den Einnahmen ihrer Staatsbürger im Ausland. Der Bankenkrach und die Kursstürze verändern zudem weltweit die Marktanteile der Finanzzentren, so dass derzeit jedes an der Schwächung von Konkurrenten interessiert ist.

Doch so wie Luxemburg im Zweifelsfall nicht über die Reserven verfügt, um für die Banken zu bürgen, deren Einlagen ein Vielfaches des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, so fehlen ihm auch die diplomatischen Mittel, um den Finanzplatz anhaltend gegen politische Angriffe zu verteidigen. Vielleicht erinnert die derzeitige Kampagne gegen die „Steueroase“ deshalb an diejenige gegen den „Coca-Cola-Satelliten“.

Sicher tröstet man sich damit, dass das Bankgeheimnis nicht mehr der einzige Grund sei, um sein Geld hierzulande anzulegen. Aber die Angriffe kommen trotzdem ungelegen. Denn die als Alternativen gepriesenen ausgeklügelten Finanzinstrumente sind seit dem US-Hypothekenkrach und dem Madoff-Betrug bei der Kundschaft doch in Verruf geraten.

Romain Hilgert
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