Heute loben wir die erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung. In Bettemburg wurde ein Busfahrer bei einem schrecklichen Verbrechen erwischt. In seiner Pause zwischen zwei Fahrten paffte der Unhold genüsslich einen Joint, sozusagen in aller Öffentlichkeit. Die bewaffnete Macht hat sofort zugeschlagen. Sie protokollierte den unverschämten Gesetzesbrecher und untersagte ihm den weiteren Dienst in seinem Gefährt. Zu allem Überfluss wurden dann bei einer näheren Durchsuchung noch ein paar weitere konsumfertige Joints gefunden.
Wir sind entsetzt. Es geht hier nicht darum, aus welchen Gründen sich dieser Transporthandwerker zu seinem Verbrechen hinreißen ließ. Es könnte ja sein, dass sich der zunehmend mörderische Straßenverkehr so verheerend auf sein sensibles Gemüt auswirkte, dass er dringend bei einem Joint Zuflucht suchte. Warum er ausgerechnet Marihuana für ein Medikament gegen den Stress hielt, ist uns ein Rätsel. Er hätte sich ja einen Schnaps hinter die Binde gießen können. Alkohol ist hierzulande ein Kulturschmiermittel. Wer säuft, ist nicht kriminell. Wo man säuft, da lass dich nieder, gute Menschen saufen immer wieder. Saufen gehört zur politischen Philosophie. Das weiß der Gesundheitsminister genau. Er will ja nicht das Saufen in den Gaststätten verbieten, sondern das Rauchen. Recht so, denn der Tabakgestank stört beim Saufen. Vom süßlichen Marihuanageruch gar nicht zu reden.
Worum es geht: durch ihr beherztes Eingreifen hat die Polizei Bettemburg vor einer Katastrophe bewahrt. Diese wichtige, intellektuell durchtrainierte Stadt, die schon viele großartige Politiker mit prächtigem Saufvermögen hervorgebracht hat, wäre auf ein Haar unter einem Marihuanarauchteppich erstickt. Es läuft uns kalt den Rücken runter, wenn wir uns die Folgen ausmalen. Die gesamte Bettemburger Bevölkerung wäre durch unfreiwilliges Einatmen der süßen Wölkchen in eine Art Trance verfallen. Da Marihuana ja nicht gewalttätig macht wie der Alkohol, sondern friedlich und heiter, wären an allen Ecken und Enden plötzlich lachende Bettemburger aufgetreten. Dieses Katastrophenszenario möchten wir gar nicht näher beschreiben. Man lacht nicht in Krisenzeiten. Lachen ist unter den herrschenden Umständen obszön und unverantwortlich. Der politisch bewusste Mensch setzt gezielt die Alkoholwaffe gegen die Krise ein. Und zwar am besten in einer raucherfreien Gaststätte.
Wir hätten da eine Idee, die bestimmt nicht konsensfähig ist. Daher entschuldigen wir uns schon im voraus für den weiteren Verlauf dieses Beitrags. Empfindliche Polizisten und andere Ordnungshüter sollten ab hier nicht mehr weiterlesen. Also: da ein Joint erwiesenermaßen besänftigend wirkt und bewusstseinserhellend, da Marihuana Aggressionen abbaut und friedliches Verhalten fördert, sollte der Joint künftig im Mittelpunkt der Polizeiausbildung stehen. Auf der Polizeischule sollte Marihuana praktisch als pädagogisches Wundermittel zum Einsatz kommen. Bald könnte der freundliche Polizist mit selbstgedrehtem Joint zu unserem bürgerlichen Alltag gehören. Alle Django-Allüren wären wie weggeblasen, Macho-Gehabe und großspuriges Auftrumpfen, Dienstpistolenspielereien und verbale Ausrutscher wären für immer aus dem Verhaltenskodex der Polizei verbannt. Zu den Busfahrern, die in ihrer Pause einen Joint genießen, hätten die marihuanabefeuerten Polizisten ein liebevolles Verhältnis. Gemeinsames Gelächter statt Protokoll: wäre das nicht eine schöne zwischenmenschliche Metapher? In Bettemburg und anderswo?
Der regelmäßige Jointverzehr würde die Intelligenz der Polizisten quasi verdreifachen. Sie würden zum Beispiel schlagartig einsehen, dass die Verfolgung harmloser Busfahrer ein Witz ist, ein fast schon makabrer Scherz. Mit ihrem beträchtlich erweiterten Bewusstsein würden sich die Polizisten erinnern, was der Staatsanwalt Robert Biever zu seinem Abschied erzählt hat. Dass nämlich die Finanzkriminalität in Luxemburg nach wie vor tabu ist und die offensichtlichen Verbrecher in den entsprechenden Instituten gar nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Der kollektive Polizeijoint könnte diese Einsicht in resolutes Handeln verwandeln. Alle Finanzschurken müssten sich fortan vor dem süßlichen Geruch der anrückenden Polizeibrigade fürchten. Huch! Jetzt fallen uns die Joint-Kommissare in den Arm! Jetzt ist Schluss mit unseren dreckigen Geschäften!
Vielleicht hatte ja auch der Staatsanwalt Robert Biever kurz vor seiner letzten Amtshandlung einen kräftigen Joint inhaliert. Seine urplötzliche Warnung vor den wahren Kriminellen im Staat deutet jedenfalls darauf hin, dass seine Erkenntniskapazitäten sprunghaft angestiegen waren. Eigentlich kann nur Mari-huana die Hirnleistung derart stimulieren. Wir betrachten den staatsanwältlichen Auftritt daher als Freibrief für die bewaffnete Macht. Jeder Ordnungshüter sollte fortan verpflichtet werden, mindestens zwei Joints pro Tag zu verdrücken. Aus Gründen der Dienstqualität. Und wenn die Polizei wieder ein Räubernest im Finanzsektor ausgehoben hat, gibt’s zum Dank den Joint Nummer drei.