Am Dienstag, den 9. Mai wurde das neue Universitätsgesetz der Öffentlichkeit und damit auch den Mitgliedern der Universität zugänglich gemacht. Dieser Gesetzesentwurf soll der Universität eine neue Grundlage geben und strukturelle Probleme der Universität beheben. Die Regierung hat sich dabei nicht darauf beschränkt, nur einige Veränderungen an dem bestehenden Gesetz vorzunehmen, sondern hat ein umfassendes neues Universitätsgesetz erarbeitet. Entschieden wurde dabei, das angelsächsische Modell einer wettbewerbsorientierten Dienstleistungsuniversität in ein „luxemburgisches“ Modell zu überführen. In diesem Beitrag wird auf einige Probleme der in der neuen Gesetzgebung gewählten Organisationsstruktur eingegangen.
Die Universität wird weiterhin als eine öffentlich-rechtliche Institution wirken, jedoch werden entscheidende Veränderungen an ihrer Organisationsstruktur vorgenommen. So werden etwa die Fakultätsräte und der beratende Forschungsbeirat aufgelöst und damit die zum Teil noch in der alten Gesetzgebung vorhandenen rudimentären Anleihen an eine traditionelle Universität humboldtscher Prägung entfernt. Ein Mindestrecht auf Selbstverwaltung sowie die für eine Universität erforderliche akademische Freiheit werden weitestgehend eingeschränkt beziehungsweise aufgegeben, und die ökonomische Orientierung der Universität stringent weiter ausgebaut (siehe Beitrag von Steffgen im Land vom 07.04.2017).
Was sind nun die zentralen organisationsstrukturellen Vorgaben des neuen Gesetzes?
Alle Macht dem Hochschulministerium Die zentrale Stellung des Hochschulministeriums wird unter anderem dadurch verdeutlicht, dass es a) die Mitglieder sowie den Präsidenten des Aufsichtsrats auswählt und beruft, b) die Mitglieder des Aufsichtsrats zu jedem Zeitpunkt ihres Amtes entheben kann, und c) der Vertreter des Hochschulministeriums nicht nur eine beratende Funktion im Aufsichtsrat der Universität einnimmt, sondern auch ein Recht auf Information und Kontrolle der Aktivitäten der Universität hat.
Der Aufsichtsrat als Ausführungsgehilfe des Hochschulministeriums Der Aufsichtsrat, der sich aus Nicht-Universitätsangehörigen zusammensetzt, trifft dann unter den zuvor aufgezeigten Bedingungen alle wesentlichen universitätsrelevanten Entscheidungen. Sie reichen von der Festlegung der Forschungsstrategie und der internen Universitätsordnung bis hin zur Ernennung und Absetzung des Rektors, der Vize-Rektoren, der Dekane und der Direktoren der Interdisziplinären Forschungszentren (IZ).
Der machtlose Rektor und der Universitätsrat, sein Gegenspieler
Der Rektor hat nur noch die Entscheidungen des Aufsichtsrats umzusetzen und darüber Rechenschaft abzulegen. Im Auftrag des Aufsichtsrates hat er unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen, die dann vom Aufsichtsrat kontrolliert und gutzuheißen sind. Daneben wirkt ein Universitätsrat in einer rein beratenden Funktion, der kurzfristig zu fast allen Aufgaben des Rektors Stellungnahmen abgeben soll. Dadurch ergibt sich zwangsläufig eine Arbeitsbeziehung mit dem Rektor, die großes Konfliktpotenzial besitzt, wird der Universitätsrat aufgrund seiner Zusammensetzung doch zum Teil andere Positionen vertreten als der Rektor.
Die geschwächten Alibi-Fakultäten Die eigentlichen Herzstücke einer traditionellen Universität, die Fakultäten, verfügen an der Universität Luxemburg nach neuer Gesetzeslage in Zukunft über keinen Fakultätsrat mehr. Die Bachelor-Studiengänge sollen in ein gesondertes Zentrum ausgelagert werden, das Promotionsrecht wird auch den IZ zugebilligt und die Zahl der IZ wird weiter auf Kosten der Fakultäten ausgebaut. Auch kann eine Fakultät nach dem Gesetzentwurf ohne weiteres aufgelöst werden.
Der fakultäre Föderalismus wurde dabei bereits in dem ersten Universitätsgesetz nicht als angemessenes Organisationsmodell angesehen. Vielmehr wurde in Luxemburg von Anfang an auf einen präsidialen Feudalismus gesetzt, der jetzt weiter ausgebaut und verankert wird.
Es ist insbesondere der vom Hochschulministerium als geeignet betrachtete und bestimmte Präsident des Aufsichtsrats, der die Verfügungsrechte des Ministeriums erhält und dann in dessen Auftrag und Abhängigkeit handelt. In diesem direktiv gesteuerten luxemburgischen Universitätsmodell liegt alle „geliehene“ Macht in den Händen des Präsidenten des Aufsichtsrats, unterstützt von den weiteren Mitgliedern des Aufsichtsrats.
Die Universität ist demnach in einem sehr weitreichenden Umfang staatlich reguliert, der Staat delegiert nur die Detailsteuerung an den Aufsichtsrat. Dessen Präsident entscheidet dann mit Hilfe des von ihm geführten Aufsichtsrats unter anderem über strategische Forschungsschwerpunkte, Berufungen und Kündigungen von Professoren, Personalfragen, aufzunehmende Forschungszentren und abzuschaffende Fakultäten.
Weder der Rektor noch der Universitätsrat verfügen – wie aufgezeigt – über einen korrektiven Einfluss. In diesem präsidialen Feudalismus hat das Hochschulministerium seinen Einfluss durch die von ihm vorgegebenen internen Governance-Strukturen fest etabliert. Durch Evaluationen, (zentrale) Mittelzuweisungen und Positionsbesetzungen übt es seine Macht aus. Rektor, Dekane und Professoren sind in diesem luxemburgischen Modell fast wirkungs- und chancenlos, insbesondere da die zentrale Planwirtschaft beständig ausgebaut wird (siehe Scholz & Stein1).
Die weitere Verbetriebswirtschaftlichung der Universität wird zwangsläufig Probleme hervorrufen. So haben bereits alle bisher durchgeführten Evaluationen der Universität aufgezeigt, dass ihr aktuelles Managementmodell sich als problematisch erweist. Unter anderem hat dieses Modell – mit Beihilfe des Aufsichtsrats – die Universität schlussendlich in eine Managementkrise abgleiten lassen. Es ist daher erstaunlich, dass das Scheitern dieses ersten Managementmodells nicht dazu führt, es grundsätzlich in Frage zu stellen. Stattdessen werden die Stellschrauben in dem gewählten System noch enger gezogen und als Folge ein direktiver, autoritärer Aufsichtsrat etabliert, der seinen Nutzen aus der inhärenten Spannung zwischen Rektor und Universitätsrat ziehen wird.
Sicherlich muss auch das Modell der akademischen Selbstverwaltung beziehungsweise das humboldtsche Bildungsideal einer Universität kritisch hinterfragt werden. Aber dessen bereits jetzt nur rudimentär zu erkennende Anteile durch das neue Gesetz gänzlich zu Grabe zu tragen, erscheint wenig überzeugend. Insbesondere eine Professorenschaft, die durch einen partizipativen und kooperativen Ansatz im humboldtschen Sinne geprägt ist, wird sich kaum mit dem vorgeschlagenen Hochschulsteuerungsmodell identifizieren können.
Bei dem Ringen um eine wettbewerbsfähige und autonome Universität ist auch das rein staatlich geleitete unternehmerische Organisationsmodell kritisch zu beurteilen. Die Übertragung von Managementtechniken von privaten, gewinnorientierten Unternehmen auf eine öffentliche, wissensintensive Organisation ohne Gewinnauftrag erweist sich als bedenklich, insbesondere da die Voraussetzungen eines funktionierenden Marktwettbewerbs zwischen Universitäten in Luxemburg kaum gegeben sind (siehe Hartwig, Stumpf-Wollersheim & Welpe2).
Wie kann gewährleistet werden, dass die Uni Luxemburg nicht zwangsläufig in die nächste finanzielle und wissenschaftliche Managementkrise gesteuert wird? Dies ist nur durch ein kollegial und partizipativ ausgerichtetes Management möglich, das sich durch Transparenz und offene Kommunikation auszeichnet. Zu überlegen ist, ob in Luxemburg nicht das Modell eines universitären Korporatismus etabliert werden sollte. Nach dem dort umgesetzten Subsidaritätsprinzip werden mittels einer wissenschaftsgeleiteten korporativen Leitungsstruktur fachliche Entscheidungen möglichst dezentral getroffen. Die inhärente gemeinsame Selbstverpflichtung, auf höchstem Niveau interdisziplinär zu forschen und zu lehren, würde erlauben, dass die Universität sich im internationalen Kontext mehr als behaupten könnte.