2011 erfüllten CSV und LSAP den Unternehmern einen Herzenswunsch: Sie senkten die Einstiegsgehälter beim Staat. Um das Lohnniveau auf dem Arbeitsmarkt zu senken. Darüber hinaus wollten sie bis 2014 die 232 verschiedenen Gehaltszuschläge für Studienräte, Richterinnen, Hundeführer und andere studieren. Die Regierung stürzte, die Studie kam nicht. 2018 schafften DP, LSAP und Grüne die Gehaltskürzungen wieder ab. Die Studie erübrigte sich.
Vergangene Woche legte DP-Minister Marc Hansen Les accessoires de la rémunération dans la Fonction publique vor. Die Studie verspricht, Ordnung in die Gehaltszuschläge zu bringen. Ausgenommen sind die Tantiemen der obersten Laufbahn. Die Studie erfüllt auch politische Ziele.
Am Rand erwähnt die Studie das Durchschnittsgehalt der Beamtinnen und Beamten (S. 7). Eine Pressemitteilung des Ministeriums machte darauf aufmerksam. Umgehend meldete rtl.lu: „E Lëtzebuerger Staatsbeamte verdéngt am Schnëtt 8 688 € Brutto“ (23.11.22). Es folgten 269 Kommentare. Die Frusti, Meckerman und Kropefra ärgerten sich, dass im öffentlichen Dienst besser bezahlt werden kann. Dort müssen die Beschäftigten keine unbezahlte Mehrarbeit leisten, die zu Profit wird. (Einen Teil des Gehalts hält der Staat gleich als Steuern zurück.)
Nach elf Jahren ist der Zeitpunkt der Studie nicht zufällig: Ende des Monats muss ein neues Gehälterabkommen ausgehandelt werden. Die Gewerkschaften haben angekündigt, dass es Zeit für eine Punktwerterhöhung sei. Der pünktlich geschürte Beamtenneid soll die Forderungen als übertrieben erscheinen lassen. Nicht als unberechtigt.
Die Studie böte einen Ausweg: Die Zuschläge in die Grundgehälter zu rechnen. Um eine Punktwerterhöhung zu verschleiern. So wurde 1963 „die Gehälterhierarchie wiederhergestellt“. Die Kämpfe um Antikumulbestimmungen und Härtefälle lehren, wie brisant das ist. Die Studie vertröstet auf „des investigations complémentaires nécessaires“ (S. 49).
Laut „Politmonitor“ der Ilres sorgen sich zwei Drittel der Befragten um das „Auserneegoe vun der Wuelstandsschéier“. Im Wahlkampf wollen die Parteien die Unterschiede zwischen Arm und Reich beklagen. Ohne unnötige Belästigung der besitzenden Klassen (auch „Wettbewerbsfähigkeit“, „Triple A“ oder „die Märkte“ genannt). Dazu ist Beamtenneid ein bewährtes Hausmittel: Er beschränkt den Klassenkampf auf den Kampf innerhalb einer Klasse. Zwischen den gegen Lohn und Gehalt Arbeitenden.
Unter 284 577 Wahlberechtigten sind die 32 843 Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht zu überhören. Anders als die internationale Arbeiterklasse und die parastaatlich Beschäftigten sind sie allesamt wahlberechtigt. Die unteren Laufbahnen wählen gerne LSAP oder CSV, die gehobenen eher DP, der Erziehungssektor grüner. In der Linken sind mehr Beamte als Arbeiterinnen.
Immer wieder schlagen die Parteien Purzelbäume vor der Beamtenschaft: Bis 1999 wollte die DP den Staat neoliberal abspecken. Dann hofierte sie die Beamten und erweiterte ihre Wählerbasis. Zum Dank machte sie CGFP-Exekutivmitglied Joseph Schaack zum Staatssekretär für den öffentlichen Dienst.
Der Geschäftsfundus der ADR war der Neid auf die Beamtenschaft samt 5/6-Pensionen. 2009 heuerte sie den Beamten Fernand Kartheiser an. Sie spekulierte auf die Vaterlandsliebe konservativer Staatsdiener.
Die Beamten und Beamtinnen verdienen oft mehr als in der Privatwirtschaft. Deshalb fühlen sie sich ungerecht besteuert. CGFP und OGBL wettern gegen die kalte Progression. CSV und LSAP schufen 1996 die Anpassung der Steuertabelle an die Inflation ab. Nun verspricht die CSV ihre Wiedereinführung. Das bringt DP und LSAP in Verlegenheit.
Zehn Monate vor den Wahlen kann die Regierung die Forderungen der Beamten nicht abweisen. Keine Partei wird im Parlament gegen ein Gehälterabkommen stimmen. Vielleicht hebt es das Lohnniveau auf dem Arbeitsmarkt.