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„We‘re the good guys!“

d'Lëtzebuerger Land vom 23.09.2011

Sie sind jung, wissbegierig, und jeder ist auf einem mit Informa-tionstechnik verbundenem Gebiet besonders bewandert – sei es Programmierung, Verschlüsselung oder Elektronik. Oder sei es digitale Fotografie oder Computerkunst. Sie sind die Luxemburger Hacker, die in der syn2cat Asbl zusammengeschlossen und seit 2008 im „Hackerspace“ in Strassen unterwegs sind – zwei 60 Quadratmeter großen Räumen, die die Gemeinde dem Hacker-Verein zur Verfügung gestellt hat.

„Ich denke, am Anfang war die Gemeinde sich nicht so sicher, worauf sie sich mit uns einließ“, sagt David Raison, der einer der ersten im Hackerspace war. „Doch unsere Idee war, dafür zu sorgen, dass möglichst kein Hacker in seiner Garage bleibt. Wir wollten einen physischen Ort schaffen, an dem Hacking stattfinden kann.“ Dass Hacker am liebsten für sich bleiben, um mit ihrem Computer unerkannt allerhand Dummheiten, wenn nicht Schlimmeres, anstellen zu können, sei ein Klischee: „Einzelgänger gibt es natürlich. Aber irgendwann erreichen wir auch sie. Jedenfalls die allermeisten.“ Die Vereinsstatistik scheint Raison Recht zu geben: Fing der Hackerspace vor drei Jahren mit zwei Leuten an, zählt er heute über 50 Mitglieder aus dem ganzen Land.

Die Geschichte des Strassener Cyber-Kreativzentrums, das jeden Tag rund um die Uhr geöffnet ist, „weil man nicht nur von acht bis 17 Uhr schöpferisch ist“, und zu dem jedes neue Mitglied nach Ablauf einer Probezeit einen Schlüssel erhält, ist aber auch die einer Win-Win-Lösung à la luxembourgeoise.

Hacking, wie der Verein es versteht, sei etwas Kollaboratives: „Wissen wollen und sein Wissen mit anderen teilen“, sagt Raison, der in Innsbruck Politologie studiert und eine Abschlussarbeit über die Konstruktion digitaler staatlicher Souveränität geschrieben hat. Wem der kollaborative Schaffensentwurf nicht gleich gefällt, den überzeugt vielleicht, dass im Strassener Hackerspace Geräte zur Verfügung stehen, die für einen Einzelnen nicht ohne weiteres erschwinglich sind – teure Server etwa oder ein 3D-Printer, mit dem sich kleine Plastikteile jeglicher Form ausdrucken lassen. Mit solchen technischen Raffinessen kann der Hackerspace nicht zuletzt dank öffentlicher Unterstützung aufwarten: Die junge Cyber-Kreativität an einem Ort und unter dem Vereinsziel des gemeinsamen Wissenserwerbs aufgehoben zu wissen, lässt der Staat sich auch mal etwas kosten.

Das Win-Win-Prinzip funktioniert aber noch in einer anderen Hinsicht. Wenngleich Hacking weitaus mehr umfasse als Versuche, Codes zu knacken oder Sicherheitsbarrieren zu überwinden, die Mitglieder des Hackerspace auch im elektronischen Crossover tätig sind und vor einem Jahr beispielsweise für das Kunsthistorische Museum eine Laser-Installation kreierten: „Selbstverständlich probieren wir auch innovative Software aus“, sagt Raison. „Und dabei fällt uns auch schon mal eine Schwachstelle bei anderen auf.“

Dann aber geht aus Strassen Meldung an das Circl, das Computer Incident Response Center Luxembourg, die nationale Task force für Informatiksicherheit. Niemand aus dem Hackerspace fühle sich durch die Zusammenarbeit mit dem Circl „vereinnahmt“, sagt Raison. Im Gegenteil: „Wenn man einem Unternehmen oder einer Institution erzählt, was man bei ihnen entdeckt hat, wird man unter Umständen verklagt.“ Da ist man lieber Sicherheits-Scout für den Staat und kann im Bewusstsein, immer nur das Wissen um Möglichkeiten und Risiken der digitalen Welt vermehrt und mit anderen geteilt zu haben, nachts ruhig schlafen. „We’re the good guys“, sagt David Raison.

Peter Feist
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