Ëppes lass Am Sonntag heißt es „Good Morning Mobilitéit“. Dann werden am Vormittag mit viel Prominenz die Tram, die Standseilbahn zwischen Kirchberg und Pfaffenthal und der Peripheriebahnhof Howald offiziell eingeweiht. Am Nachmittag ist an der Seilbahnstation hinter der Roten Brücke Winter-Wonderland-Party mit Eisskulpturen, DJs und Feuerwerk. In der Luxemburger Oberstadt sind die Geschäfte geöffnet. „Da wird ganz viel los sein in der Stadt, das lohnt sich“, versprach DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer vergangenen Freitag auf einer großen Pressekonferenz. Und erklärte: „Der Hauptnutzen der Tram wird die Entlastung des Stadtzentrums sein.“ Dass sie das einmal ganz anders sah und zwei Gelenkbusse aneinander koppeln ließ, um zu zeigen, dass die dasselbe könnten wie ein „Zuch duerch d’Nei Avenue“, erzählt sie heute nicht mehr. Das ist 18 Jahre her. Damals, im Superwahljahr 1999, wollte die DP in die Regierung und in der Hauptstadt die stärkste Kraft bleiben, und machte Wahlkampf gegen das Regionaltram-Konzept BTB von LSAP-Transportministerin Mady Delvaux-Stehres.
Ab Sonntag geht aber nicht nur eine Menge neuer Infrastrukturen in Betrieb. Es beginnt auch das Experiment, wie die Leute das neue Angebot annehmen. Die Tram, die Seilbahn, die Peripheriebahnhöfe, von denen Howald der erste ist, und die „Pôles d’échange“ an den Messehallen und an der Place de l’Europe sind der Einstieg in eine Mobilität, die mehr Umstiege verlangt. Im Transportministerium ist man sich bewusst, dass das nicht ganz selbstverständlich ist. In Zukunft aber soll landesweit an solchen Polen organisiert umgestiegen werden. Sei es zwischen Zug und Bus, zwischen Bus und Bus oder auf ein Car-sharing-Auto oder ein Fahrrad.
Sorgen ums Netz Erschweren könnte die Umgewöhnung auf Umstiege, dass die Infrastruktur noch nicht immer ausreicht. Die Seilbahn zwischen Pfaffenthal und Roter Brücke etwa ist vorläufig nur für aus dem Norden im Zug Anreisende ein gutes Angebot, um schnell auf den Kirchberg zu kommen. Für sie soll die Reisezeit sich drastisch verkürzen. Die CFL rechnen vor, wer von Ettelbrück zum Kirchberg will und heute im Zug bis Luxemburg Hauptbahnhof fährt und weiter im Bus, benötige 47 Minuten – ohne Staus in der Stadt. Im Zug bis zum neuen Haltepunkt Pfaffenthal und weiter per Standseilbahn dagegen sei das in 25 Minuten zu schaffen und Staus kann es unterwegs keine geben. Doch ehe auch aus anderen Richtungen Züge nach Pfaffenthal „durchgebunden“ werden können, muss der Luxemburger Hauptbahnhof um zwei Bahnsteige erweitert werden. Das wird sich noch bis 2019 hinziehen. Bis dahin wird aus Richtung Belval und Esch/Alzette sowie Longwy und Rodingen je ein Zug pro Stunde in Pfaffenthal anhalten. Diese Züge werden zu den beiden neuen „Transversallinien“ Belval-Ulflingen und Longwy-Mersch gehören. Dass sie reibungslos rollen werden, hoffen die CFL natürlich, aber sicher ist es nicht: Der Transportminister klagte vergangene Woche, „weil wir noch nicht genug Netzausbau haben“, seien derzeit „weniger als 90 Prozent der Züge pünktlich“. Soll heißen: Neun von zehn Zügen können bis zu fünf Minuten Verspätung haben, der zehnte Zug hat noch mehr. Als die CFL vor zwei Jahrzehnten schon einmal ihre Linien zum „Takt ’98“ verbanden, führte das zu so vielen Verspätungen, dass das Experiment nach drei Jahren im Sommer 2001 sang- und klanglos abgebrochen wurde. Damals war das Netz zwar leicht schlechter beschaffen als heute, aber es gab auf jeden Fall weniger Baustellen und auch weniger Zugverkehr. Denn allein in den letzten sieben Jahren wuchs die Passagierzahl der Bahn um 60 Prozent. Viel besser wird es erst, wenn die Netzausbauten abgeschlossen sind und vor allem die neue Strecke Luxemburg-Bettemburg bestehen wird. Das dauert noch fünf Jahre.
142 Jahre Tram Dabei ist die Frage, wie das ganze Land und nicht zuletzt die Hauptstadt am besten verkehrsmäßig erschlossen werden sollte, schon gut 150 Jahre alt. Weil am Sonntag das erste Stück Tram-Linie zwischen Messehallen und Roter Brücke in Betrieb geht, erinnerten die Zeitungen diese Woche daran, dass in Luxemburg-Stadt schon ab Februar 1875 eine Straßenbahn fuhr, bis 1908 von Pferden gezogen, danach elektrisch. Ab 1927 fuhren aber auch im Süden Straßenbahnen. Das interkommunale Bus-Syndikat Tice heißt ausgeschrieben noch immer „Tramways intercommunaux du canton d’Esch“, weil es bis 1956 Tram-Züge von Düdelingen über Esch bis nach Rodingen fahren ließ und von Esch über das Käler Poteau nach Rümelingen. Das Tice-Tramnetz war 53,7 Kilometer lang, das der „Tramways de la Ville de Luxembourg“ erreichte 1937 seine größte Ausdehnung mit zwölf Linien auf 31,2 Kilometern. 1932 beförderten die Stater Straßenbahnen 7,8 Millionen Passagiere.
Aber nicht nur haben hierzulande Straßenbahnen bereits eine Geschichte, die endete, als am 5. September 1964 die letzte Tram der Linie 10 vom Luxemburger Hauptbahnhof über Beggen nach Walferdingen fuhr. Bemerkenswert ist auch, dass um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert das Eisenbahnnetz mit mehr als 500 Kilometern Gesamtlänge ungefähr doppelt so umfangreich war wie das der CFL heute mit 275 Kilometern, und dass es damals bezogen auf das kleine Land zu den dichtesten der Welt zählte. Die 1946 gegründeten CFL hielten in ihrem Geschäftsbericht 1948 fest, ihr Netz aus Haupt- und Nebenbahnen sei Ende 1947 knapp 393 Kilometer lang gewesen. Wozu man noch neun Schmalspurstrecken hinzuzählen muss. Vor allem die 46 Kilometer lange Verbindung zwischen Luxemburg-Stadt und Echternach und die 27 Kilometer von der Hauptstadt über Mondorf nach Remich. Wie die größeren Bahnlinien entstanden auch die meisten Schmalspurstrecken bis spätestens 1904. Eine Karte des Netzes von 1939 erweckt den Anschein, damals habe in jedem größeren Dorf ein Zug gehalten. Hört man den Transportminister heute sagen, „wir haben noch nicht genug Netzausbau“, könnte man meinen, vor 80 Jahren sei die Lage besser gewesen.
Ganz falsch ist das nicht. Zwar lässt der Bedarf nach Mobilität von Menschen und dem Transport von Gütern von damals sich schwerlich mit dem von heute vergleichen. Der Wirtschaftshistoriker Charles Barthel kommt in einem Aufsatz für das 2009 erschienene Buch von CFL und Nachhaltigkeitsministerium zu 150 Joer Eisebunn zu Lëtzebuerg, 1859-2009 aber zu dem Schluss, der exzessive Netzausbau auch aufs Land ab den 1880-er Jahren habe die Konzentration armer Proletarier in den Industriestädten im Süden verlangsamt. Viele Arbeiter blieben im Zentrum oder sogar im Norden wohnen und nahmen täglich den Zug zur Arbeit. Fast könnte man das für einen gut ausgelegten service public halten.
Abenteurer Fast. Bei Charles Barthel ist auch nachzulesen, wie wenig planvoll vor allem jene Bahnlinien angelegt wurden, die keine Hauptstrecken waren. In den 1850-er Jahren vergab die Regierung erste Konzessionen für Bahnverbindungen nach Arlon, Thionville und zur preußischen Grenze hinter Wasserbillig und Weiswampach. Das geschah aus Sorge, Luxemburg könnte vom aufstrebenden Bahnverkehr im Ausland „umfahren“ werden, diese Bahnstrecken konnte man für durchdacht halten. Die ersten Züge hierzulande rollten 1859 vom gerade eröffneten Bahnhof Luxemburg aus nach Arlon und Thionville.
Das Kapital zum Bahnstreckenbau aber kam nicht aus Luxemburg, sondern sollte von Investoren aus dem Ausland geliefert werden. Die Regierung winkte dazu nicht nur mit Staatsgarantien für den Fall, der Bau werde zu teuer und der Bahnbetrieb nicht rentabel, sondern auch mit Rohstoff-Anrechten aus Eisenerzlagerstätten, Steinbrüchen und auf verschiedene andere Bodenschätze. So kam es, dass die ersten Investoren Finanz-Abenteurer aus Frankreich und Belgien waren und die großen Strecken und ihr Betrieb bis ins 20. Jahrhundert hinein in den Händen zweier privater Unternehmen verblieben, der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahngesellschaft und der Prinz-Heinrich-Eisenbahngesellschaft. Und: Wegen der Vergabe von Rohstoff-Anrechten bis hin zum Recht auf Verhüttung einer bestimmten Menge Eisenerz an die Konzessionäre schien der Eisenbahnbau die Staatskasse kaum etwas zu kosten. So dass die Abgeordnetenkammer in den 1880-er Jahren die Regierung überzeugte, Schienenwege beinah überall hin anzulegen, sei eine Frage von „Verteilungsrechtigkeit“ und werde den Leuten gefallen – worauf die Regierung Konzessionen zum Bau kleinerer Linien vergab, der Staat aber auch selber Schmalspurbahnen baute.
Womöglich war der teils durch die Gier der Investoren nach Subventionen und Rohstoff-Anrechten, teils durch politischen Opportunismus angetriebene Netzausbau der Grund dafür, dass die CFL, nachdem sie 1946 alles übernommen hatten, massiv Strecken zu schließen begannen, angefangen mit den 150 Kilometern Schmalspurbahn. Investitionen in den Erhalt aller Strecken waren nach dem Ersten Weltkrieg weitgehend ausgeblieben, während der Nazi-Besatzung auch, und rentabel waren vor allem die kleinen Strecken nie: Die Schmalspurbahn von Luxemburg-Stadt nach Echternach zum Beispiel ging 1904 in Betrieb, aber bis 1914 deckten die Einnahmen gerade die Betriebskosten, obwohl die Rückfahrkarte in der Dritten Klasse 3,50 Franken kostete. Für einen Arbeiter, der damals vier bis fünf Franken am Tag verdiente, war das eine Menge Geld. Der Erste Weltkrieg und die galoppierende Inflation machten die kleinen Bahnen endgültig defizitär.
Von Charly zu BTB Dass das erst so stark ausgebaute Netz ab 1948 drastisch geschrumpft wurde, trug wesentlich dazu bei, dass der Straßenverkehr seinen Siegszug antreten konnte. Ein Hinweis darauf, wie die politischen Entscheidungen zum Bau der Schmalspurbahnen getroffen wurden, ist es womöglich, dass Charly nach Echternach das Luxemburger Stadtzentrum durchquerte und Jhangeli nach Remich durch Bonneweg fuhr, wo es sogar einen Bahnhof für ihn gab. Die Schmalspurzüge durch die Stadt kamen dem „Bus-Tram-Bunn-Projekt“ (BTB) durchaus nahe, das Ende der 1990-er Jahre als „Regionalbahn“ gedacht war: Mit derselben Spurbreite wie klassische Züge versehen, sollte die „Regional-Trams“ vom CFL-Netz abzweigen. In der Hauptstadt sollten sie über die Avenue de la Liberté, den Pont Adolphe und den Boulevard Royal weiter nach Limpertsberg und auf den Kirchberg fahren. Außerdem über Gasperich und Hollerich bis zum Campus Geesseknäppchen, und vom Bahnhof Dommeldingen aus sollte eine Tunnelverbindung mit ziemlicher Steigung hinauf zum Kirchberg angelegt werden.
120 Jahre vor dem BTB-Projekt hatten in Luxemburg-Stadt Gemeindepolitiker, Geschäftsleute, aber auch Bürger immer wieder verlangt, in der Oberstadt einen zweiten Bahnhof zu schaffen: Der Hauptbahnhof erschien zu weit entfernt. Die Inbetriebnahme der Straßenbahn 1875 entschärfte diese Forderungen nur kurz, vielleicht weil sie eine Pferde-Tram war und das 33 Jahre bleiben sollte. Die Regierung ließ in den 1880-er und 1890-er Jahren mehrere Lösungen für einen Bahnhofsbau in der Oberstadt und Limpertsberg prüfen, verwarf sie aber alle und soll eigentlich nicht an einem zweiten Bahnhof interessiert gewesen sein: Der hätte zu viel Fläche verbraucht, die damals im öffentlichen Besitz war und die lieber ausländischen Investoren zum Bau von Villen angeboten werden sollte. Als dagegen 1904 die Schmalspurbahn nach Echternach in Betrieb ging, der 1903 fertiggestellte Pont Adolphe die Gleise für Charly und ab 1908 auch die der elektrischen Straßenbahn aufnahm, ließ, so die Historiker, Bahnhof und Oberstadt gut genug untereinander erreichbar erscheinen und half, die Stadt, die nach der Schleifung der Festung jahrzehntelang nach einer Bestimmung gesucht hatte, als Pol zu konsolidieren, an dem Entscheidungen getroffen wurden, während vor allem im Süden gearbeitet wurde.
Die Tram und die Leute Als am 12. Juni 1954 der letzte Charly nach Echternach schnaufte, sei das keinem Journalisten eine Notiz wert gewesen und sogar in den Zeitungen der Eisenbahnergewerkschaften unerwähnt geblieben, schrieb der Eisenbahnhistoriker Ed Federmeyer in Ons Stad (Nr. 56/1997). Dagegen sei, als ab 1951 eine Tram-Linie nach der anderen stillgelegt wurde, „jedes Mal ein Stadtviertelfest gefeiert worden und man traf sich in Cafés, um dem Tram-Personal zu danken“, erzählte der Leiter des Hollericher Straßenbahnmuseums, Romain Rech, am Dienstag dieser Woche dem Quotidien. Das beweise, dass die Tram „in den Augen der Leute etwas zählte“. Politische Opposition gegen die Stilllegungen habe es aber so gut wie keine gegeben: Die Infrastruktur war derart vernachlässigt, dass das Ende der Tram für unvermeidlich gehalten wurde.
Ob die Straßenbahn in den Augen der Leute in den 1950-er Jahren mehr zählte als die Schmalspurbahn, die die Stadt durchquerte, und ob das schon daran lag, dass Charly ein Zug war, oder mehr daran, dass eine Dampflok ihn zog, ist ungewiss. Gewiss ist, dass sich in den 1920-er Jahren Bürgerprotest gegen die Dampfzüge erhob, Stadtverwaltung und Staat 1924 abmachten, Charly ab Hauptbahnhof mit elektrischen Zügen fahren und die Passagiere in Dommeldingen auf Dampfzüge umsteigen zu lassen. Das blieb so bis zur Nazi-Besatzung, als Strom gespart werden sollte und wieder mit Dampf gefahren wurde. Weil die in Bonneweg abgestellten Elektrozüge 1944 bei einem Luftangriff der Alliierten zerbombt wurde und nach dem Krieg der Gemeinde Luxemburg das Geld fehlte, um sie zu ersetzen, fuhr Charly bis zu seinem Ende 1954 weiter unter Dampf und blieb den Leuten vermutlich als das „feuer- und rauchspeiende Ungetüm“ in Erinnerung, als das es das Luxemburger Wort am 17. Juni 1922 beschrieb.
Weil die CFL 1946 ein für das kleine Land riesiges und sehr reparaturbedürftiges Eisenbahnnetz übernommen hatten und auf den Hauptstrecken schon bis 1971 so viele Verbindungen stilllegten, dass es heute kaum mehr davon gibt, konnte der Straßenverkehr per Auto und Bus immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dass Luxemburg und vor allem die Hauptstadt ab Anfang der Achtzigerjahre zum Finanzplatz aufstiegen, war zwar einträglich für die öffentlichen Kassen, führte aber kaum zu Investitionen in die Eisenbahn. Wäre das anders gewesen, hätte vielleicht planvoll entschieden können, was hundert Jahre vorher planlos geschah, als jedes größere Dorf einen Bahnhof erhielt. Durchaus in diesem Sinne konnte man in den 1990-er Jahren die BTB-Idee der „Regional-Tram“ verstehen, Berufspendlern ein umsteigefreieres Angebot Richtung Arbeit zu machen. Weil die Train-Tram-Züge des BTB-Projekts kleiner und leichter gewesen wären als klassische Züge, hätten Schienen dafür mit weniger Investitionsaufwand verlegt werden können als neue Gleise für den Zug.
Unerträglich Denn schon Ende der 1980-er Jahre wurde es für unerträglich gehalten, dass die Bevölkerung der Stadt Luxemburg sich werktags von damals bescheidenen 77 000 um noch einmal so viele Pendler „verdoppelte“ und 113 000 Autos in sie hineinfuhren. Festgestellt wurde noch, dass Luxemburg-Stadt sich gleichzeitig entvölkere, immer unattraktiver werde, Geschäfte ins Umland abwanderten.
Zunächst jedoch führte das zu Machbarkeitsstudien über den Bau einer Metro in der Stadt. Angedacht wurde keine U-Bahn, aber automatische Züge, die die Oberstadt sowie den Pariser Platz und den Bahnhofsvorplatz in Tunnels passiert und das Petrusstal in einer Röhre unter dem Pont Adolphe überquert hätten. Diese Idee gefiel so manchen, zum Beispiel in der CSV. Noch 1999 schwärmte ihr Spitzenkandidat zu den Gemeindewahlen, Jacques Santer, im Wahlkampf, eine „kleine Metro wie in Lyon oder Lille“, das wäre doch was. Konsequent unterirdisch dachte der Ingenieur Georges Schummer, der jahrelang, aber nur mit politischer Unterstützung der ADR, ein „Bus-Bunn-Konzept“ vertrat, bei dem CFL-Züge die Stadt unterquert hätten.
Das BTB-Konzept dagegen war 1992 auf Initiative einer Tram ASBL, des Mouvement écologique und der Stiftung Ökofonds aufgekommen, die sich dazu fachliche Unterstützung des Wiener Verkehrsplanungs-Professors Herbert Knoflacher holten. Anfangs sollte es eine Art Straßenbahn sein, weshalb der Mouvement écologique diese Woche stolz schrieb, die Tram sei jene „moderne Stadtbahn“, die man schon vor 25 Jahren gefordert hatte. Als nicht nur die Grünen, sondern auch die Regierungspartei LSAP sich die Idee zu eigen machten, wurde BTB bis 1998 allerdings zur Regional-Tram und damit zu einem Konzept für das ganze Land.
Bemerkenswerter Weise überlebte es sogar den politischen Abschuss des „Zuch duerch d’Nei Avenue“ durch die DP 1999. Denn wenngleich die DP, die 1999 an der Seite der CSV in die Regierung einzog, dafür sorgte, dass aus dem BTB-Konzept Train-Tram-Züge zwischen Bahnhof und Oberstadt entfernt wurden und DP-Transportminister Henri Grethen behauptete, der öffentliche Transport in der Hauptstadt lasse sich kurzfristig durch ein „optimiertes Busangebot“ verbessern, hielt er auf längere Sicht an Train-Trams als regionale Lösung für das ganze Land ebenso fest wie seine LSAP-Vorgängerin Mady Delvaux-Stehres, aber ohne den „Zuch duerch d’Nei Avenue“. Den hatte die DP im Superwahljahr 1999 verdammt wie eine Neuauflage von Charly. Grethens Alternative hieß anspruchslos „Null plus“.
Spielchen Letztlich waren das politische Spielchen, die viel wertvolle Zeit kosteten. In aller Öffentlichkeit war die DP gegen der „Zuch duerch d’Nei Avenue“, bis 2004 in dem berühmt gewordenen IVL-Konzept stand, ohne die regionalen Train-Tram-Züge lasse sich auf keinen Fall ein Anteil des öffentlichen Transports von 25 Prozent an allen Fahrten im Inland erreichen. Dazu müssten diese Züge aber nicht nur auch auf den Strecken der alten Tice-Tram zum Einsatz kommen, sondern auch eine Strecke durch das Zentrum der Hauptstadt möglich bleiben. Wieso auch nicht: Schon Ende 2001 hatten Henri Grethen und der DP-CSV-Schöffenrat der Hauptstadt abgemacht, es müssten „alle Optionen offen“ bleiben und würden Verkehrsprojekte realisiert, dürften sie nicht verhindern, dass die Regionaltrams doch realiisiert werden könnte wie 1998 beschrieben (d’Land, 20.12.2001). Trotz „Null plus“ hatte der Schöffenrat festgestellt, die Busse hätten ihre Leistungsgrenze erreicht. Kurzfristig könne man nur noch „Auffangparkings“ für die Pendler weit vor der Stadt bauen.
Als die DP 2004 die Wahlen verlor und die LSAP erneut eine Regierung mit der CSV bildete, sah es besser aus für die Regional-Tram. Hauptstadtbürgermeister Paul Helminger hatte nichts mehr dagegen, dass im Stadtentwicklungskonzept 2005 ein „Zuch duerch d’Nei Avenue“ auftauchte. Zu groß war das Verkehrsproblem geworden. Aber als 2005 der politische Widerstand gegen BTB sich nur noch auf die ADR beschränkte, wurde die Politik vom schlechten Zustand des CFL-Netzes eingeholt. Im Oktober 2005 musste LSAP-Transportminister Lucien Lux sich von der CFL-Direktion anhören, so gesättigt wie die Schienenwege seien, sei an Train-Trams zusätzlich zu den Zügen erst zu denken, wenn die Neubaustrecke nach Bettemburg in Betrieb ist. Und weil über die Luxemburger Schienenwege neben Zügen der CFL noch die dreier Nachbarbahnen fahren, die alle unterschiedliche Sicherheitssysteme besäßen, sei für Train-Trams als zusätzliche Vehikel auf den Schienen erst dann kein Sicherheitsrisiko mehr gegeben, wenn sämtliche Züge auf das EU-einheitliche Kontrollsystem ECTS umgestellt seien. Lux soll damals getobt haben, denn so deutlich hatte die Bahn das vorher nie gesagt. In der Not, eine Lösung zu finden, wurde für die CSV-LSAP-Regierung bis März 2006 die Idee für jene Tram geboren, deren erstes Teilstück am Sonntag eröffnet wird. Immerhin bot diese Lösung noch den Vorteil, die DP leichter am Tram-Konsens teilhaben zu lassen: Seinen Wählern die Zustimmung zu einem „liichten Tram duerch d‘Nei Avenue“ zu erklären, fiel Paul Helminger leichter als es eine Kehrtwende gegenüber der Opposition von 1999 zum „Zuch
duerch d’Nei Avenue“ gewesen wäre.
MoDu heißt die Lösung Verglichen mit einem regionalen Angebot von Train-Trams ist die Tram zwangsläufig keine Lösung für das ganze Land. Die soll MoDu sein, das 2012 von CSV-Transportminister Claude Wiseler vorgestellte Mobilitätskonzept. mit den organisierten Umstiegen. Verbindungen, für die man sich Train-Trams auf neuen Strecken hätte vorstellen können, sollen durch Busse abgedeckt werden. Auch parallel zum Zug; in dem Sinne wird am Sonntag eine neue RGTR Linie 207 Düdelingen-Kirchberg eingeweiht. Auf den Bus wird auch im Süden gesetzt, wo auf Routen, die einst die Tice-Trams bedienten, Busse ähnlich dem Metzer Mettis zum Einsatz kommen sollen. Die im BTB-Konzept angedachte Train-Tram-Verbindung von der CFL-Nordstrecke auf den Kirchberg durch einen Tunnel wird ab Sonntag die Standseilbahn übernehmen.
Kann sein, dass in ein paar Jahren neue Schienenverbindungen geschaffen werden, wenn das Wachstum anhält. Vielleicht werden das Züge sein, vielleicht Train-Trams, vielleicht andere Fahrzeuge. Verkehrsplaner wissen, dass von Nutzern des öffentlichen Transports Schienenlösungen per se um 30 bis 40 Prozent attraktiver aufgefasst werden als ein Bus. Die Infrastruktur der Tram lasse sich auf jeden Fall auch für Train-Trams verwenden, teilt Luxtram auf Land-Anfrage mit.
Je teurer eine neue schienengebundene Lösung würde, desto mehr „kritische Masse“ an Nutzern wird jedoch nötig sein. Ein Papier des parlamentarischen Nachhaltigkeitsausschusses zu der Debatte über staatliche Infrastrukturinvestitionen, die am Mittwoch stattfand, hält fest, für eine Tram im Süden sei die kritische Masse noch nicht erreicht. Die Fehler der Politik der 1880-er Jahre zu wiederholen, sollte natürlich vermieden werden.
Oder wird es stattdessen in absehbarer Zukunft einen öffentlichen Transport aus vielen selbstfahrenden Autos geben? Im Transport-Kapitel des Rifkin-Berichts ist davon die Rede, wenn es um die „Vision für Luxemburg“ geht, von Zügen allerdings auch. François Bausch schrieb vergangenes Jahr in einem Land-Artikel, die Zukunft gehöre „digitalen Mobilitätsketten“ (d’Land, 16.09.2016). Bei Rifkin ist damit ein Angebot gemeint, dass so vielfältig ist, dass man sich per App die beste Lösung auswählt. Das impliziert Umsteigen, was ab Sonntag getestet werden soll, aber auch womöglich umfangreiche Investitionen. Im Rifkin-Bericht ist sogar von „redundanten“ Angeboten die Rede, also von mehr als eigentlich gebraucht wird. Inwiefern das etwas anders wäre als die Politik von 1880 und danach, muss sich zeigen. Die Tram, die am Sonntag in der Realität ankommt, wird auf jeden Fall demonstrieren, was ein solches Transportmittel kann.