Spitalplanung

Neustart. Neustart?

d'Lëtzebuerger Land vom 02.12.2005

Rettet das HPMA!, tönt es aus den drei Korntal-Gemeinden Differdingen, Petingen und Niederkerschen. Gemeinsam betreiben sie in einem Gemeindesynsikat das Niederkorner Hôpital Princesse Marie-Astrid. Für dieses Jahr wird sein Betrieb mit 4,5 Millionen Euro defizitär sein, im nächsten Jahr voraussichtlich mit 2,5 Millionen. Fehlbeträge, die die drei Gemeinden laut Syndikatsstatuten ausgleichen müssten, es aber nicht wollen und wohl auch nicht könnten, ohne für andere Ausgaben in ihren kommunalen „budgets ordinaires“ Anleihen aufzunehmen. Hinters Licht geführt sieht sich der Syndikatsvorstand vom inzwischen entlassenen HPMA-Finanzdirektor, der im  Frühjahr noch versichert hatte, die Klinik werde 2005 ein Plus von 500000 Euro verbuchen.

Die Beantwortung der Frage, ob hier eher eine Direktion oder ein Syndikatsvorstand ein Klinikbudget nicht ausreichend im Auge behielt, wäre vordringlich interessant, wenn das Defizit des HPMA einzigartig wäre. Das ist es aber nicht. Budgetprobleme kennen auch andere Häuser, größere Häuser sogar. Die neue Kirchberger Klinik hat seit ihrer Eröffnung Mitte 2003 noch kein Budget mit der Krankenkassenunion UCM fertig verhandelt, weil seinerzeit dort mehr Pflegepersonal eingestellt wurde, als anschließend durch Leistungen am Patienten durch die UCM zu finanzieren gewesen wäre. Am hauptstädtischen Centre hospitalier ist die Lage derzeit ein wenig ähnlich, nur betrifft sie die dort fest angestellten Ärzte: Es sind mehr, als das CHL zuletzt Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern empfangen hat, damit aus der Bezahlung der Arztleistungen durch die Krankenkassen eine ausreichend große Gehältermasse am CHL entstünde. Um deren Finanzierung muss sich die CHL-Direktion nun bemühen.Daraus folgt für die Patienten nicht, dass diese Kliniken „schlecht“ wären. Offenbar gibt es Überkapazitäten, die darauf warten, am Patienten rentabilisiert zu werden. Ihm kann daraus sogar ein Betreuungsvorteil entstehen. Doch diese Überkapazitäten sind Ausdruck des Konkurrenzkampfs zwischen den Häusern. Wenn das HPMA-Syndikat seine Klinik nun aufgeben will und dessen Fusion mit dem Centre hospitalier Emile Mayrisch Esch/ Düdelingen (CHEM) wünscht, ist die interessante Frage die, welche Konsequenzen das für die Klinikversorgung nicht nur im Süden, sondern im ganzen Land haben wird. Denn immerhin sind HPMA und CHEM „hôpital généraux“ mit spezialisierten Diensten. Verschiedene Dienste aber bieten beide Kliniken gleichzeitig an. Kein Problem, solange jede für sich agiert. „Double emploi“ innerhalb einer einzigen Einrichtung aber wäre es, falls sie fusionierten – und laut dem geltenden Spitalplan nicht erlaubt.

Der nicht abwegige Gedanke, dass Dienstestreichung im Süden Überkapazitäten in der Hauptstadt ausgleichen ließe, birgt erheblichen politischen Zündstoff. Eigentlich trifft es sich nicht schlecht, dass schon im kommenden Jahr die Neuauflage des Spitalplans erarbeitet werden soll. Spitalplanung aber gehört zu den heikelsten Unternehmungen, die es gibt, das zeigte schon die letzte: Sie enthielt zunächst den von der Juncker-Poos-Regierung mühsam gezimmerten Kompromiss, einen Zusammenschluss hauptstädtischer Kongregationskliniken in einem neuen Spital auf dem Kirchberg zuzulassen, im Gegenzug ein neues Reha-Zentrum in Düdelingen zu bauen. Nach ihrem Wahlsieg 1999 erwirkte die DP, dass das Reha-Zentrum in „ihre“ Hauptstadt kam. Dort setzte ein Konkurrenzkampf zwischen CHL und Hôpital de Kirchberg ein. Falls im Süden CHEM und HPMA fusionieren, entstünde mit über 630 Betten der größte Klinikverbund des Landes. Was soll er anbieten, wenn es kaum 20 Kilometer Luftlinie weiter schon teilweise zuviel ist?

Es wird sich zeigen, ob man diesmal in der Lage sein wird, visionär und zugleich sehr technokratisch und ohne jedes partei- und konfessionspolitische Kalkül zu planen und lokalen und regionalen Lobbyinteressen nicht nachzugeben. Das wird nicht leicht angesichts der in der Hauptstadt geschaffenen vollendeten Tatsachen, und wenn zugleich eine Dezentralisierung von Arbeitsplätzen im Allgemeinen und anspruchsvollen Aktivitäten im Besonderen politisch gewollt ist und gerade dem Süden zugute kommen soll. Ein Scheitern an diesem „Verteilungsproblem“ aber würde unweigerlich dazu führen, dass Kliniken häufiger vor Budgetproblemen stehen.

Peter Feist
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